Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition)
der ist das.« Zaches hatte eine tiefe, satte Stimme; als er mir die Hand schüttelte, fürchtete ich einen Moment, sie würde gleich zerquetscht. Seine Hand war riesig.
»Mann, Sie können aber zulangen!« sagte ich.
Er grinste mich an. »Wenn Sie schon BoBo heißen, müssen wir uns aber nicht siezen, oder?«
»Ich weiß nicht, was das eine mit dem anderen zu tun hat«, sagte Matzbach. »Aber macht das unter euch aus. Rein ins Heim!« Er schob uns vor sich her in die Kate.
»Kein Problem, Zaches. Bloß ein anderes. Ich bin ein bißchen durchnäßt und müßte mal für kleine Mädchen.«
»Da drüben.« Zaches wies auf eine Tür; im Schein der Petroleumlampe sah ich, daß sie mit dem herzigen Herzchen versehen war. »Klo und Bad in einem. Moment.« Er zündete eine kleinere Lampe an und reichte sie mir. »Damit du dich nicht Dunkeln verschiffst.«
Das Bad barg ein Waschbecken, eine Dusche, ein Klo und ein paar Wandbretter, auf denen die üblichen Utensilien standen: Shampooflaschen, Zahnpastatuben, Gläser, Rasierwasser und derlei. Außerdem fand ich auf einem der Bretter einen Stapel Badetücher. Nachdem ich mich entkleidet hatte, erleichterte ich mich; danach rubbelte ich mich trocken und umgab mich mit einem Bademantel, der Matzbachs früheren Maßen entsprach und in dem eine Kleinfamilie hätte wohnen können.
Ich nahm die Lampe und ging zurück in den Wohnraum. »Habt ihr so was wie ‘ne Wäscheleine?«
Matzbach stand an einem Eisenherd und rührte abwechselnd in zwei Töpfen. »Mach du das, Zwerg«, sagte er.
»Vertikal geforderte Person«, knurrte Zaches. »Kleinwüchsig. Opfer der wachstumsfeindlichen Schwerkraft. Liliputitan. Komm mit, aber vergiß deine Klamotten nicht.«
Ich holte den Haufen klammer Textilien aus dem Bad und folgte Zaches durch eine weitere Tür auf eine Art Veranda.
»Du wirst tasten müssen, bis sich deine Augen ans Dunkel gewöhnt haben.«
Ich tastete in Kopfhöhe und fand eine nicht besonders straffe Leine; während ich meine Sachen aufhängte, sagte ich: »Und was, wenn nachher ein Gewitter und ein Wolkenbruch kommen?«
»Dann wird alles wenigstens von oben gewaschen.« Zaches keckerte wie ein Eichhörnchen, das jemandem einen Streich gespielt hat. »Komm, gehen wir zu Papa Baltasar, der was Leckeres für uns zusammenrührt.«
»Bist du sicher?«
»Bin ich. Ich hab’s nämlich vorbereitet. Er wollte bloß ein bißchen nachwürzen und rühren.«
»Was gibt’s?«
»Eintopf, was sonst?«
»Sind aber zwei. Töpfe, mein ich.«
»Ah, im zweiten ist Apfelkompott.«
»Apartes Menu.«
Im Wohnraum brannten inzwischen drei Lampen; eine davon war die, die ich mit ins Bad genommen hatte. »Charmantes Chalet«, sagte ich. »Wasser, aber kein Strom? Eh, wohin fließt das Klo ab?«
»In einen großen Tank, der gelegentlich geleert werden muß.« Matzbach wedelte mit Topflappen. »Und du irrst, was Strom angeht. Gibt’s durchaus, muß aber erst wieder angeschaltet werden. Das Gebäude war länger ungenutzt. Die zuständigen Herrschaften haben es uns eigentlich für heute abend verheißen, spätestens morgen vormittag. Setzen.«
Zaches hatte weiße Bohnen, Kartoffeln und Rindfleisch gekocht und im zweiten Topf geschälte Äpfel zu Mus werden lassen. Matzbach hatte, wie er behauptete, alles durch Beigaben von Zimt und Pfeffer ein wenig genießbarer gemacht. Es war sehr genießbar, und dazu tranken wir zimmerwarmes Guinness.
Zaches hob die Brauen, als Baltasar den ersten Schluck nahm. »Du weißt, was die Jungs in Weiß gesagt haben, ja?«
»Die tragen Grün«, knurrte Matzbach. »Schonkost, jawoll, und kein Tabak, Kaffee, Alkohol. Ich will euch was sagen. Lieber wohlfühlen vor dem Tod als ewig darben.«
Neben der Kombination aus Wohnraum und Küche sowie dem Bad gab es zwei Schlafzimmer; im Wohnraum stand außerdem eine rissige, zum Fläzen einladende Ledercouch. Zaches und Matzbach hatten morgens »mannigfaltiges Zubehör« (Matzbach) aus Bonn herbeigeschafft, »zur Ergänzung dessen, was wir schon gestern angeschleppt haben« (Zaches).
Beim Essen erfuhr ich auch, was es über Zaches zu erfahren gab. Ich nahm an, daß er und Matzbach die interessanteren Dinge ausließen und mich nur oberflächlich informierten, aber bereits das Wenige langweilte mich keineswegs.
»Molwanischer Halbzigeuner«, sagte Baltasar.
»Moldawischer, du dicker Teufel«, sagte Zaches.
»Also jedenfalls aus dem maghrebinischen Rezzoriland, und dick bin ich nicht mehr. Noch nicht wieder. Er hat
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