Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition)
werden oder bloß ein weiteres Rumstochern? Wenn es echt sein sollte, warum ließ Abromeit es dann von Hegel erledigen? Ich konnte mir nicht recht vorstellen, daß es um Verträglichkeit innerhalb des Sicherheitsteams ging. Bloßes Stochern … schickt man dafür einen Leibwächter los? Der dann ja auch über gewisse Fähigkeiten verfügen müßte und eigentlich zu schade für die Rolle als Abtaster und Muskelmann wäre.
Vom Muskelmann schweiften meine Gedanken zu Musketieren ab, die ich früher als Muskeltiere gelesen hatte, und als ich bei d’Artagnan angekommen war, riß ich mich zusammen und versuchte, meine Fragen an Armin Schwaderlapp zurechtzulegen. Sie wollten aber nicht stillhalten, zappelten und balgten sich mit Porthos und Athos. Keine Ahnung, warum sich Aramis nicht einmischte.
Schwaderlapps Agentur befand sich in der mit viel Chrom und Glas ausgebauten vierten Etage eines Hauses in der Maastrichter Straße. An einem Freitagnachmittag in dieser Ecke von Köln einen Parkplatz zu finden, ist nicht ganz einfach. Deshalb war ich früh genug losgefahren, aber bis ich endlich im Aufzug stand, war es schon kurz nach vier.
Außer Armin hielt sich nur eine seiner ausnahmslos schicken, jungen Damen im Büro auf. Sie starrte mit gerunzelter Stirn auf ihren großen, flachen Monitor, und als sie mir zunickte, nahm sie den Bleistift nicht aus dem Mund. Ich wollte ihr sagen, daß sie eine solche Diät gar nicht nötig hätte, aber ehe ich einen Ton hervorbringen konnte, tauchte Armin hinter der halb angelehnten Tür eines der zahlreichen Räume auf und winkte mir.
Ich folgte gehorsam zu seinem Stahlrohrschreibtisch. »Wie macht die das?« sagte ich, während ich mich auf den Besucherstuhl sinken ließ.
»Wer macht was?« Armin schob ein paar Papiere und CDs beiseite und warf einen Blick auf die Uhr.
»Deine Sachwalterin vorn. Vorm Computer sitzen und Bleistifte kauen kann ich noch verstehen, aber wie bedient man mit so langen, lackierten Krallen die Tastatur?«
»Wir haben eben alle unsere Fähigkeiten und Geheimnisse. Kaffee kann ich dir nicht anbieten; ich muß gleich weg. Geht’s ohne?«
»Klar.«
»Was willst du wissen?«
»Ein Herr Abromeit hat mich …«
»… angerufen und inspiziert. Ja. Hatte ich ihm gesagt. Und? Kriegst du den Job?«
»Ist noch nicht klar; die wollen mir nochmal auf den Zahn fühlen. Vielleicht haben ihm die Plomben nicht gefallen.«
Armin zupfte an seiner locker hängenden Krawatte. »Ja, gut, und weiter?«
»Danke für die Vermittlung. Ich hab aber überhaupt nichts darüber rauskriegen können, was die eigentlich machen. Abromeit und sein Boß, Seidler. Und …«
»Moment.« Armin hob die Hand, stand auf, ging um den Schreibtisch zur Tür und schloß sie. Als er wieder saß, räusperte er sich. »Was willst du genau wissen?«
»Warum du die Tür zumachst.«
Er grinste. »Weil du mir gleich indiskrete Fragen stellen wirst, die ich unmöglich bei offener Tür beantworten kann. Wenn überhaupt.«
»Was kannst du mir denn sagen?«
Er zögerte. »Seidler ist ein Spezialist«, sagte er dann. »Und Abromeit ist sein … Organisationschef.«
»Spezialist wofür?«
»Für alles.«
»Kannst du das erläutern?«
Armin fuhr sich durch die dichten Locken. »Schwierig. Vor allem in der kurzen Zeit.« Wieder blickte er auf die Uhr. Es war eine Rolex, und sie paßte bestens zu seinem Armani-Anzug, dem der unverschlossene Kragen und die Krawatte, deren doppelter Windsorknoten etwa fünf Zentimeter unter der Kragenlinie saß, das nötige Flair von Ich-weiß-nicht-was gaben.
»Baut er Panzer?« sagte ich. »Hat er eine umweltfreundliche, nachhaltig abbaubare Betonmischung erfunden? Bioplastik?«
Armin legte den Kopf halb in den Nacken und sah mich über die Nasenspitze hinweg an. »Das ist doch so was von
out
, Mann.«
»Was ist denn
in
?«
»Es gibt zehntausend Produkte. Zehntausend Spezialisten. Wie viele Leute passen ins Flugzeug, wenn Frau Merkel Peking besucht?«
»Keine zehntausend.«
Er nickte. »Eben. Wenn der Emir von Abu Dingsbums einen bestimmten Wunsch hat, läßt er einen Spezialisten kommen. Wenn’s um nichts Bestimmtes geht, sind die Generalisten gefragt.«
Ich tastete nach meinem Tabak. »Darf ich …?«
»Nein. Mann, mach schneller; in fünf Minuten muß ich los.«
»Okay. Generalisten – sind das Leute, die selber nix wissen, aber immer einen kennen, dem sie die Sache dann übergeben?«
»Ja und nein. Die Herren Seidler, Abromeit und Co wissen schon dies
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