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Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition)

Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition)

Titel: Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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ein paar Minuten weiterreden. Die Dame, sagte er, habe inzwischen geheiratet und bedürfe seiner nicht mehr; allerdings bitte sie ihn zuweilen um Aushilfe.
    »Bei der Ehe?«
    »Blödmann! Obwohl … Na ja. Nein, bei unsicheren Gemengelagen.«
    Ich stöhnte. »Wenn ich eine Liste mache von all den Wörtern, die ihr beide in den letzten dreißig Minuten benutzt habt, um irgendwas nicht zu sagen, brauch ich ganz viel Papier.«
    »Mach’s virtuell«, sagte Masud. »Dann kannst du’s hinterher leichter löschen.«
    »Will ich das denn?«
    »Solltest du wollen.«
    Die Dame, behauptete Zaches, gehöre zu den karitativ besonders Tätigen im Lande. Unter anderem habe sie auch ein Herz für Menschen, die aus politischen Gründen ihre Heimat hätten verlassen müssen und nun dieser und jener Form von Hilfe bei der Eingliederung bedürften. Besonders besorgt sei sie um all die »verwestlichten«, gebildeten Afghaninnen, denen nach der Rückkehr der Taliban das Schlimmste drohe. Bei einem Termin in einer zwielichtigen Gegend nahe Oberhausen habe er sie begleitet und dort Masud kennengelernt, der dem Sprecher einiger Exil-Usbeken aus Afghanistan geholfen habe.
    »Okay, so weit, so unklar«, sagte ich, als wir das Auto endlich in der Nähe des Kaiser-Karl-Rings geparkt hatten und vorbei an den Kneipen der Nordstadt Matzbachs Domizil ansteuerten. »Jetzt wüßte ich aber noch gern, woher du Hegel kennst. Beziehungsweise ihr beide.«
    Ein Student, der eben in angenehmer Begleitung eine der Kneipen verließ, hatte den vorletzten Satz aufgeschnappt und sagte: »Wer kennt den denn nicht! Zur Phänomeno…«
    »Halt’s Maul, du Phänomenologe«, sagte die nette Begleiterin. »Das Bettchen wartet; komm schon.«
    »Nicht zu früh«, sagte Zaches.
    Wir gingen weiter, und Masud erzählte von einem anderen Treffen, bei dem es um unzulängliche Unterkünfte gegangen war. »Das hatte sich schon ein bißchen hochgeschaukelt. Die Betroffenen hatten sich an uns gewandt …«
    »Wer ist uns?«
    »Na, wir eben. Die Leute, die bei so was manchmal helfen können. Wir sind dann mit zwei Anwälten hin, und ich als Dolmetscher und, eh, Sachkundiger, und Zaches, den hatte ich ja inzwischen kennengelernt, und ein paar Kumpel von ihm als, sagen wir, Geleitschutz.«
    »Herbes Volk«, murmelte Zaches.
    »Braucht man bei so was. Die Gegenseite … Also, die Bruchbuden gehören keiner Person, sagen wir mal so, sondern einer Investorengruppe, und die wurde in dem Fall vertreten von Herrn Abromeit, den du ja auch schon kennst, und der hatte Hegel und noch zwei oder drei andere vom selben Kaliber dabei.«
    »Ich kenn ihn schon länger.« Zaches pfiff leise durch die Zähne. »Als ich noch jenen köstlichen Leib gehütet hab, gab’s mal einen Interessenten, der irgendwas mit Abromeits Truppe zu tun hatte.«
    »Erhelle mich«, sagte ich. »Interessent? Interessiert woran?«
    »An dem bezaubernden Leib. Und während Madame und Monsieur sich damit näher beschäftigt haben, sind Hegel und ich und ein paar andere – bei so was ist ja auch immer ein Chauffeur dabei – was trinken gewesen, und Hegel meint, er muß mir was über Zwerge und ihre kleinen Gehirne erzählen. Da hat er aber vergessen, daß ich auf dem Barhocker so groß bin wie er, und wenn ich neben dem Barhocker stehe, sind seine Weichteile in bester Reichweite.«
    Es folgte die ausgiebige Schilderung einer Keilerei, an deren Ende Hegel (»mit verquollenen Klöten und gestörter Fernsicht«) hatte zugeben müssen, daß zumindest die Finger eines Zwergs durchaus …
    An dieser Stelle knackte Zaches mit den Fingerknochen, und zum Glück hatten wir Matzbachs Behausung erreicht.
    Nun ja, Behausung; man könnte auch von einer gefrorenen Lawine sprechen. Ich erinnerte mich an eine verwüstete Galerie und die Installation, die ein Artist oder Künstler dort angerichtet hatte und die er
Chaotikon IV
nannte: widerstrebende Einzelteile in Zwangsvereinigung, so hatte ein Kritiker befunden. Irgendwas mit Kugeln, Stacheldraht, Pleuelstangen, Weberschiffchen, alle gegeneinander beweglich und einander zugleich blockierend, dazwischen die Köpfe von Einstein und Napoleon. So ähnlich; ich weiß es aber nicht mehr genau.
    Matzbachs Wohnung – drei Zimmer plus, Altbau, zweite Etage – war weitaus chaotischer, eine im Rutschen arretierte Lawine aus Büchern, Klamotten, Flaschen, Gläsern, Bildern, rätselhaften Objekten. Auf dem Schreibtisch ein Totenkopf mit Bruyèrepfeife zwischen den spitzgefeilten Zähnen, auf

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