Finaler Rettungskuss: Baltasar Matzbachs neunter Fall (German Edition)
Umwege genommen hatte.
Zwei Schatten tauchten aus dem Gebüsch neben dem Gartenweg auf. Ehe ich reagieren konnte, hatten sie mich bei den Armen gepackt und hielten mich fest. Der dritte Schatten, der zu uns trat, baute sich vor mir auf. Die nächste Laterne und der halbe Mond gaben gerade genug Licht, daß ich Hegel erkennen konnte.
»Hör zu«, sagte er leise. Er rammte mir die Faust in den Magen, und ich klappte vornüber. Wollte zusammenklappen und zusammensacken, aber die beiden anderen hielten mich aufrecht.
»Halt dich raus.« Der zweite Schlag. Ich würgte und keuchte. »Du weißt nichts und hast nichts gesehen, klar? Und der Umgang mit gewissen Zwergen ist ungesund.«
Die beiden anderen ließen mich los. Ich taumelte vornüber, und Hegels Faust, wahrscheinlich auf mein Kinn gezielt, schrammte mir über die linke Wange.
Sie ließen mich liegen und gingen zur Straße. Ich krümmte mich und würgte den Hamburger und alles andere aus, was ich in den letzten Stunden zu mir genommen hatte.
Dann hörte ich eilige Schritte und Coralies Stimme. »He, was macht ihr da? Was soll … Loslass…«
»Packt sie ein«, sagte Hegel. Er klang beinahe fröhlich, soweit ich das durch das Rauschen in meinem Schädel hören konnte. »Die brauchen wir sowieso.«
Ich hörte unterdrückte Geräusche, wie von Kleidern an zappelnden Gliedmaßen und von Protesten gegen eine Hand, die jemandem den Mund zuhält. Schritte. Wagentüren. Ein Motor sprang an. Ein Wagen fuhr weg. Stille.
In der Nachbarschaft regte sich nichts. Die meisten waren ja ohnehin in Ferien, Hegel und Konsorten hatten nicht gerade gelärmt, und die anderen Nachbarn schliefen entweder schon oder hockten vor den Fernsehern und hatten nichts gehört.
Ich machte eben den dritten Versuch, aus meiner selbstproduzierten Pfütze aufzustehen, als ein Wagen hielt; Sekunden später kniete Masud neben mir.
»Du wolltest doch Kaffee machen«, sagte er. »Irgendwas stimmt nicht mit deiner Koordination.« Er half mir auf die Beine. »Wo ist der Schlüssel?«
Ich krümmte mich wieder. Mein Magen war deutlich unwirsch, und etwas Warmes rieselte mir über die linke Wange. Ich tastete nach dem Schlüsselbund und gab ihn Masud.
Zwanzig Minuten später hatte ich mich notdürftig gereinigt, meine zweite Jeans und ein frisches T-Shirt angezogen und versuchte, eine Zigarette zu drehen.
Masud goß mir Kaffee ein. »Nette Schramme«, sagte er mit einem Blick auf meine Wange. »Soll ich …«
»Später. Was jetzt?«
Da es mit der Zigarette einigermaßen geklappt hatte, drehte ich gleich noch zwei. Masud setzte sich rittlings auf einen Küchenstuhl und nippte an seinem Becher.
»Ich hab ein bißchen telefoniert«, sagte er.
»Mit wem?«
»Matzbach und Zaches. Und jetzt ruf ich Nawazish an.«
»Was habt ihr vor?«
»Wirst du gleich hören. Zaches hat inzwischen mit Hegel gesprochen. Nehm ich an; jedenfalls wollte er es versuchen. Und Matzbach hat irgendwie Abromeits Handynummer rausgekriegt.«
»Jesses«, sagte ich, »die hätt er von mir kriegen können.«
»Du solltest mit den Namen der Propheten nicht so leichtfertig umgehen.« Masud grinste, trank noch einen Schluck Kaffee, nahm sein Handy und rief eine offenbar gespeicherte Nummer an.
Es dauerte. Ich hatte mir die erste Zigarette angezündet, als sich der Angerufene meldete. Masud hielt das Gerät nicht fest ans Ohr gepreßt; ich konnte zwar Geräusche hören, aber nichts verstehen. Ein Name, ein Urdu-Fluch, ein Farsi-Segen?
»Masud hier«, sagte der Usbeke. »Ja, ich weiß, es ist spät. Und ich spreche Deutsch, damit ein paar Leute mithören können. Hegel hat das Mädchen, Coralie. Abromeit müßte inzwischen wissen, daß wir … Nein,
du
hörst zu! Wir haben einen Zeugen, der gesehen hat, wie du Roggendorf neben der Kneipe … Ja, auch schriftlich. Und ein paar nette Informationen aus Islamabad und Peshawar. Was? Nein,
ich
rede und du hörst zu, verdammt. Morgen nachmittag, fünf Uhr, in der Hütte im Wald. Frag Hegel, der kennt die bestimmt. Ja, erinner ihn an den Zwerg. Du, Hegel, Abromeit und das Mädchen. Und sieh zu, daß ihr bis dahin nichts passiert. Was? Verhandeln, klar. Wie wir aus dem Dreck rauskommen, den ihr angerichtet habt. Fünf Uhr.«
Er legte das Handy weg und versuchte zu lächeln, aber das Ergebnis war nicht besonders überzeugend.
»Machst du nicht oft, was?« sagte ich. »Dafür klang es aber ganz gut.«
Er seufzte. »Nein, mach ich nicht oft.«
Ich dachte an Coralie. An das, was ihr
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