Finger, Hut und Teufelsbrut
nicht, diese Marke«, sagte Bauer zwo, der ja eigentlich seinen freien Tag hatte, den die Polizeichefin aber extra mobilisiert und vorbeigeschickt hatte, um Seifferhelds Aussage persönlich aufzunehmen. Sie hatte eben eine Schwäche für den alten Brummbär Seifferheld.
»Das ist eine englische Marke«, warf MaC ein, die in ihrer Jugend viel gereist war.
Sie und Seifferheld warfen sich bedeutsame Blicke zu.
»Rani Chopra hat in England studiert. Sie wurde von Leuten entführt, die englische Zigaretten rauchen. Da muss doch ein Zusammenhang bestehen«, diktierte Seifferheld Bauer zwo in den Stift.
Bauer zwo kritzelte etwas in die Loseblattsammlung, die ihm als Notizbuch diente. Niemand konnte seine Schnörkel entziffern, auch er selbst nicht, aber wenn man die einzelnen Seiten rahmte, würden sie neckische Muttertagsgeschenke für Mama Bauer ergeben.
»Ich habe ja über den indischen Kulturattaché geschrieben«, sagte MaC. »Und deshalb weiß ich, dass er auch in Großbritannien studiert hat.«
Seifferheld sah sie fragend an.
MaC schüttelte den Kopf. »Nein, er und Rani haben nicht zusammen studiert. Er ist älter als Rani und hat nicht in Oxford, sondern an der St. Andrews University in Schottland studiert. Aber vielleicht haben englische Kriminelle ihn dort ins Visier genommen.«
»Ich war ja schon immer gegen Europa«, fühlte Bauer zwo sich einzuwerfen bemüßigt. »Dadurch haben Kriminelle ein viel leichteres Spiel. Können ohne Grenzkontrollen einfach so durchfahren. Womöglich wird die wunderschöne Rani in diesem Moment in einer Londoner Kriminellenklause zu Hackfleisch mit Minzsoße verarbeitet.« Bauer zwos Mundwinkel rutschten der Schwerkraft der Erde und seines Herzens folgend nach unten. Gestern beim Abendessen hatte er sich schon eine gemeinsame Zukunft mit der schönen Inderin erträumt. Daraus wurde dann wohl nichts. »Ich frage mal beim Bundesgrenzschutz nach, ob irgendwelche verdächtigen Subjekte aus England eingereist sind«, fuhr er fort.
Seifferheld ließ ihn gewähren und warf nicht ein, dass Ranis Entführer mit ihrem Opfer nur dann so schnell nach London gekommen sein könnten, wenn sie sich auch noch die Technik des Beamens aus
Raumschiff Enterprise
unter den Nagel gerissen hätten.
»Das ist jetzt aber doch Grund genug, die Sicherheitsvorkehrungen für den Kulturattaché zu erhöhen, oder nicht?« MaC sah die beiden Männer auffordernd an.
Der aufkommende Wind spielte mit Bauer zwos Minipli-Dauerwelle. Das Blatt, auf das er seine Notizen gekritzelt hatte, wurde in die Höhe gefegt und gleich darauf in Richtung Park weggeweht. Bauer zwo sah ihm nach. Es wirkte ein wenig so, als wolle er dem Blatt nachwinken. Dann drehte er sich wieder zu ihnen um. »Was?«
»Die Sicherheitsmaßnahmen. Bislang dachten alle, ohne das Gesprächsprotokoll auf dem USB -Stick würden nicht genügend Hinweise auf eine Straftat vorliegen, aber die Entführung von Rani ist doch jetzt Beweis genug. Man muss das Aufgebot an Sicherheitskräften erhöhen«, plädierte MaC nachdrücklich.
Bauer zwo schürzte die Lippen und sah auf seine Armbanduhr. »Dafür ist es jetzt zu spät. Der landet ja jeden Moment.«
Aufgrund von Budgetkürzungen wird das Licht am Ende des Tunnels bis auf weiteres ausgeschaltet.
Der gecharterte Privatjet, eine Hawker Beechcraft Premier IA , setzte – aus Berlin kommend – zur Landung auf dem Adolf-Würth-Flughafen in Schwäbisch Hall-Hessental an.
An Bord befanden sich neben den beiden Berufspiloten der indische Kulturattaché Mohandra Johar, sein Leibwächter, sein persönlicher Assistent, seine Sekretärin und ein Repräsentant der Deutsch-Indischen-Gesellschaft.
Superman und Wonderwoman, alias Seifferheld und MaC, kamen in genau dem Moment angerannt, beziehungsweise angehumpelt (die Parkplätze lagen etwas außerhalb), als der Kulturattaché die wenigen Stufen aus dem Privatjet stieg.
Für Seifferheld, der so gut wie nie fernsah und wenn, dann Bundesliga, war Johar nichts weiter als eine elegante Männererscheinung, Mitte dreißig, im Anzug.
MaC hingegen, die ohne Fernsehen nicht einschlafen konnte, musste bei seinem Anblick unwillkürlich an Shahrukh Khan denken. (Für Nicht-Insider: Shahrukh Khan war DER Star des indischen Bollywoodkinos.) Der Kulturattaché trug einen maßgeschneiderten, englischen Zwirn und geflochtene, italienische Schuhe. Très chic. Doch trotz der europäischen Bekleidung umgab ihn eine Aura indischer Pracht. Er hatte etwas von den Maharadschas
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