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Finger, Hut und Teufelsbrut

Finger, Hut und Teufelsbrut

Titel: Finger, Hut und Teufelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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überhaupt für eine? Lebenslustig, intelligent, aufopferungsvoll, sinnlich? Auch nymphoman?
    Irmgard sprang auf. Sie musste diese Dr. Oima googeln, oder es würde sie zerreißen. »Ich geh zu Bett«, log sie und war weg.
    Seifferheld sah ihr nach. Seine eigene Schwester ergriff vor seiner Blechstimme die Flucht.
    Mein Gott, so schlimm war er also.

[home]
    Der Tag, an dem die Erde stillstand
    Aus dem Polizeibericht
    Tauwetter im Tiefkühltransporter
    Eine beachtliche Wasserspur auf der Stuttgarter Straße veranlasste einen Streifenwagen am frühen Nachmittag des gestrigen Tages, einen Tiefkühltransporter anzuhalten. Es zeigte sich, dass dessen Kühlaggregate schon seit geraumer Zeit ausgefallen sein mussten, die Waren waren nämlich bereits durchweg verdorben und wurden daher umgehend der Vernichtung zugeführt. Der Spediteur muss nun wegen Verstoß gegen die Lebensmitteltransportverordnung mit einer Anzeige rechnen.
    Hund oder Mann? Die Frage ist doch: Lasse ich mir meinen Teppich versauen oder mein ganzes Leben?
    »Ein Sakrileg!«, rief der Wachmann. »Das ist, als würde man die Wände der Sixtinischen Kapelle übersprühen! Sehen Sie sich das an!«
    Er zeigte mit der Rechten anklagend auf das Graffiti. »So was ist eine Todsünde! Wer das getan hat, den sollte man kastrieren!«
    Er drückte mühsam die Tränen weg.
    Das Kocherquartier, ein Einkaufsparadies mitten in der Stadt, auf dem Gelände des ehemaligen Knastes, war vor seiner Erbauung heiß umstritten gewesen, wurde aber seit seiner Fertigstellung von der Bevölkerung gut angenommen. Von Klamotten über Kosmetik bis hin zu Kühlwaren konnte man dort alles erstehen. Sehr praktisch, dafür nicht extra hinaus auf die grüne Wiese fahren zu müssen. Alle schienen zufrieden.
    Doch jetzt hatte jemand die Sandsteinwände besudelt. An der Wand eines Kaffeeanbieters stand in blutrot aufgesprühten Lettern:
Unfair gehandelter Kaffee tötet Menschen!
    Wie viele Kaffeebauern in Süd- und Mittelamerika oder Afrika lebten unter dem Existenzminimum, obwohl sie Tag und Nacht schufteten? Starben früh in den Sielen, weil sie keine Kraft mehr hatten? Nur damit Europäer für unter zehn Cent die Tasse ihren Kaffee trinken konnten?
    »Ich hab den Kerl weglaufen sehen«, erregte sich der Wachmann. »So einer mit einer Riesenwampe. Und schwarzer Strumpfmaske. Und ein Tier war auch dabei. Was soll das überhaupt heißen: ›Unfair gehandelter Kaffee tötet Menschen‹?«
    Nun kamen dem Wachmann doch die Tränen. Nicht wegen der gesellschaftspolitischen Relevanz. Er hatte auch nicht unbedingt Mitleid mit dem Sandstein oder mit dem Menschen, der den Sandstein würde sauber kärchern müssen.
    Er tat sich selber leid. Hatte er doch die Schicht von Mitternacht bis sechs Uhr früh geschoben und die Tat erst bemerkt, als es schon zu spät war. Wie sah das denn aus, dass er den Sprayer nicht hatte stellen können? Das gab womöglich Gehaltsabzug. Wenn nicht noch Schlimmeres. Wieso nur hatte er das Sprühen nicht rechtzeitig gehört? Und auch sonst nichts bemerkt?
    Dafür bemerkte er jetzt umso mehr: »Die Handschrift … an der Handschrift muss man den Sprüher doch erkennen können, oder nicht? Gibt es kein Handschriftenarchiv? Und da, der Hundehaufen! Der Sprüher hatte einen Hund dabei. Wenn man die Kacke analysiert, weiß man, welcher Hund das war. Wir kriegen diesen Kerl. Wir kriegen ihn!« Er reckte seinen stark geäderten, rechten Arm in die Höhe.
    »Nehmen Sie mal schön Ihren Arm wieder runter, das wirkt missverständlich«, sagte der herbeigerufene Streifenbeamte. »Und trinken Sie erst mal eine schöne Tasse Kaffee, dann geht es Ihnen gleich besser.«
    Der Wachmann schürzte die Lippen. »Hm, aber nicht von hier, oder? Vielleicht bringt einen der Kaffee ja wirklich um …«
    Aus dem Ofen, in den Sinn
    »Für mich nur eine Tasse Kaffee«, bat MaC.
    Seifferheld und sie saßen in der Filiale von
Pfisterer & Oettinger
und nahmen gemeinsam ein zweites Frühstück ein. Das heißt, Seifferheld frühstückte eine Butterbrezel, ein Hörnchen mit Schinken und eine heiße Schokolade mit Sahne. MaC frühstückte schwarzen Kaffee.
    Sie fand sich fett. Seit dem Beginn der Wechseljahre hatten sich einige hartnäckige Kilogramm auf ihrer Hüfte manifestiert, die einfach nicht wieder wegwollten. Sie kam sich vor wie ein gewaltiger Planet, und der hager-sehnige Siggi kreiselte wie ein Trabant um sie herum. Ihr Hintern war gigantisch, als ob sie sich ein Kissen unter das Kleid gestopft

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