Finger weg Herr Doktor!
diesmal diesen kleinen Kniff nicht anzuwenden. Wo ist der Umschlag der Röntgenaufnahme?«
»Der Name des Patienten steht auf dem Film, Sir.«
»Ja, ja, natürlich. Ich vergesse das immer wieder. Alles ist heutzutage auf Packungen und Etiketten eingestellt. Lassen Sie mich sehen - o Gott!« rief der Dean. »Gräßlich! Oh, Sir Lancelot!«
13
Sir Lancelot war im Begriffe, sein Mittagessen im Speisesaal des Krankenhauses zu beenden, als der Portier Harry durch den langen Raum geeilt kam, der mit essenden Studenten voll besetzt war.
»Sir Lancelot, der Dean wünscht Sie in seinem Büro zu sprechen. Es ist dringend.«
»Großer Gott, was ist denn los?« Der Chirurg bemerkte die Aufregung des Mannes. »Hat er perforiert, oder was?«
»Ich weiß nicht, Sir. Aber er war ganz verstört, als er mir den Auftrag gab.«
»Ah, vielleicht hat es etwas mit meinem Einzug bei ihm zu tun.« Sir Lancelot schlürfte seinen Kaffee aus. »Gut, ich werde ihm aus der Patsche helfen.«
Er fand den Dean allein in seinem Zimmer, aufgeregt auf der Sesselkante zappelnd. »Ah, Lancelot, Gott sei’s gedankt! Ja. Gut. Wie fühlen Sie sich?«
Der Chirurg grinste breit. »Ich würde sagen, lieber Dean, es ist mir im Leben nie besser gegangen als in diesem Augenblick.«
»Wunderbar!« sagte der Dean herzlich.
Sir Lancelot zog geräuschvoll eine Prise Schnupftabak in seine Nüstern auf. »Was ist daran so wunderbar?« fragte er weniger heiter. »Sie selbst sagten mir, daß ich genau das zu erwarten hätte. Ein euphorisches Gefühl des Wohlbefindens - haargenau Ihre Worte. Dann in sechs Monaten - wumm!«
»Wumm«, wiederholte der Dean schwach und fuhr sich mit dem Taschentuch über die Stirn.
»Aber ich glaube, jetzt sind’s nur noch fünfundzwanzig Wochen«, rechnete Sir Lancelot düster nach. »Was ich sagen wollte, Dean - fühlen Sie sich nicht wohl?«
»Nein, nein, ich habe nur meine üblichen Sorgen -«
»Vielleicht ist meine Krankheit ansteckend?« vermutete Sir Lancelot begeistert, »vielleicht haben Sie sie auch?«
»Das wäre unmöglich. Von Ihnen, meine ich. Sie haben sie nämlich nicht.«
»Mein lieber Dean«, sagte Sir Lancelot freundlich, »ich weiß Ihre Menschlichkeit zu schätzen, mir ein wenig Hoffnung zu lassen, aber ich versichere Ihnen, ich habe mich in mein Schicksal ergeben. Es besteht kein Grund, m i r Sand in die Augen zu streuen, selbst wenn Sie es vermöchten.«
»Aber Sie h a b e n die Krankheit nicht. Es war alles ein Fehler, ein administrativer Fehler.«
Sir Lancelot runzelte die Stirn. »Erklären Sie mir das bitte!«
»Die Aufnahmen wurden durcheinandergebracht.« Der Dean zeigte unglücklich auf zwei Mappen mit Röntgenbildern auf seinem Schreibtisch. »Ich wollte etwas zum Zähneausbeißen für die heutige Prüfung. Daher bat ich die Röntgenabteilung, mir etwas aus dem Museum zu suchen. Es sollten seltene asiatische Krankheiten sein.« - »Hm«, sagte Sir Lancelot.
»Aber das Mädchen vom Röntgen hatte die Filme in die falschen Umschläge gesteckt. Ich dachte, es seien die Aufnahmen, die ich von Ihnen gemacht hatte.« Er trommelte mit den Fingern auf die Schreibtischplatte. »Irren ist menschlich«, fügte er mit schwacher Stimme hinzu.
»Mein Gott!« röhrte Sir Lancelot. Er sprang auf die Füße und begann im Zimmer auf und ab zu gehen. Sein Gesichtsausdruck, der einen Augenblick zuvor noch an einen Bären erinnert hatte, der einen Honigtopf verschlang, schien jetzt anzuzeigen, daß das Tier auch die Bienen mitgegessen hatte. »Heiliger Strohsack, wie kann so ein Versehen, so eine verdammte Schweinerei in einem so gut organisierten Unternehmen wie St. Swithin passieren? Das ist so arg, wie das falsche Bein wegschneiden.«
»Ich nehme an, das Mädchen war verliebt, was heutzutage an der Tagesordnung ist«, fuhr der Dean verlegen fort. »Sie ist eine von der leichteren Sorte, wie ich von meinem Hausinternisten weiß, dabei als junge Röntgenschülerin noch unerfahren.«
»Wie heißt das kopflose Frauenzimmer?«
Der Dean schaute auf seinen Notizblock. »Eine Miss Gray.«
Sir Lancelot knurrte: »Und sie verurteilte mich zum Tode.«
»Sie wird natürlich gehen müssen. Gar kein Zweifel. Ich werde selbst mit dem Chefröntgenologen reden.«
»Und worauf war dann mein verdammter Husten zurückzuführen? «
Der Dean sah hilflos aus.
»Ich hab’s!« Sir Lancelot schlug auf seine Westentasche, »ich hatte einen neuen Schnupftabak ausprobiert.«
»Betrachten Sie es von der heiteren Seite,
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