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Finger weg Herr Doktor!

Finger weg Herr Doktor!

Titel: Finger weg Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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die Koffer im Rolls zu verstauen. Als Sir Lancelot auf den Fahrersitz kletterte, sah er, daß sie weinte.
    »Das fand ich neulich zuunterst in meinem Koffer.« Die Wirtschafterin drückte ihm einen kleinen blauweißen Porzellan-Aschenbecher in die Hand. Er las die Aufschrift: Uncadeau du Touquet.
    »Ich hab’s nicht vergessen«, lächelte sie unter Tränen, »diese dritte Woche im Mai 1953. Krönungsjahr. Zum erstenmal im Leben im Ausland! Was war das für ein Schlager, den man spielte? Ich höre ihn noch manchmal im Radio - >Ich war noch nie zuvor verliebt< - aus einem dieser Musicals, Guys and Dolls. Man bedenke: Ich war ein junges Mädel, gerade aus Aberdeen angekommen, und öffnete bei Ihnen die Tür und nahm in Ihrer Ordination in der Harley Street die Telefonate entgegen.«
    Sir Lancelot tätschelte ihr die Wange. »Auch ich werde jenen Frühling in Le Touquet nie vergessen. Und glaub mir, meine Liebe, du hast dich wirklich kein bißchen verändert.«
    Er winkte. Alle riefen Lebewohl. Er gab Gas. Er fuhr nach Westen. Vor der ersten Verkehrsampel saß er tief in Gedanken versunken. »War auch eine gute Empfangsdame, das Mädel«, sinnierte er.
    Als der Dean die Haustür schloß, gestand er seiner Frau: »Wie falsch habe ich diesen Mann mein ganzes Leben lang beurteilt.« - »Wie so viele, Liebling.«
    »Er hat zwar eine rauhe Schale, aber darunter schlägt ein Herz aus Gold, aus purem Gold!«
    Sie gingen ins Arbeitszimmer.
    »Dennoch war ich ein wenig überrascht, muß ich sagen«, fuhr der Dean fort. »Ich bin gewiß ein eifriger Student der menschlichen Natur - wie alle Ärzte -, und nach allem, was ich ihm angetan habe, hätte es eigentlich der Uneigennützigkeit eines wohlbestallten Heiligen bedurft, so großzügig meine Haut zu retten und meinen Adelstitel.«
    »Lionel -« Sie biß sich auf die Lippe. »Er hat es für mich getan.«
    »Er hat dich gewiß immer sehr verehrt.«
    »Lionel - ich muß dir etwas mitteilen.« Der Dean starrte sie an. »Erinnerst du dich an den Sommer 1953, als ich behauptete, ich könnte die Menschenmassen in London anläßlich der Krönung nicht ertragen? Ich ließ die Kinder bei dir und Nanny, um vierzehn Tage zu meiner Schwester aufs Land zu fahren. Nun, ich war nicht bei ihr, zumindest keine vierzehn Tage. Eine Woche, es war die letzte Maiwoche, verbrachte ich mit Lancelot. In Le Touquet. Ich erinnere mich lebhaft daran, sooft ich den Schlager >Ich war noch nie zuvor verliebt< aus Guys and Dolls höre.«
    »Großer Gott, willst du damit sagen, daß du -?«
    »Leider ja, Lionel.«
    »Du warst...?«
    »Leider ja, Lionel.«
    »Mit Lancelot?«
    »Leider ja, Lionel.«
    Der Dean schüttelte langsam den Kopf. »Ich werde die Seiten im Protokollbuch des Disziplinarausschusses doch lieber wieder zusammenkleben.«

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