Finger weg Herr Doktor!
heute beschäftigen?« fragte der Dean sauer.
»Lieber Freund, formulieren Sie das anders! Mein Leben ist wildbewegt. Ich habe so viel Energie, daß ich jede Minute doppelt mit irgendwelchen Betätigungen ausfüllen könnte. Ich glaube, ich werde den Vormittag mit Briefeschreiben verbringen. Und heute nachmittag -«, seine Augen glitzerten, »werde ich dem St. Swithin einen Besuch abstatten und mich auf Binghams Station herumtreiben.«
»Sie werden doch von Ihren aus dem Stiftungsbrief abgeleiteten Rechten nicht wirklich Gebrauch machen wollen? Denken Sie denn nicht weiter, Lancelot? Nehmen Sie denn keine Rücksicht auf uns andere, die wir es infolge des Umbaus schon schwer genug haben, unsere Aufgaben im Spital zu erfüllen? Ich flehe Sie an, diese hirnverbrannte Idee zu vergessen! Kann ich nicht an Ihr besseres Ich appellieren?« schloß er hoffnungsvoll.
»Ich habe kein besseres Ich als mein alltägliches, das die Welt im allgemeinen schätzt. Ich sehe nicht ein, warum ich nicht ein oder zwei von Binghams Patienten betreuen soll. Ich verlange ja nicht, daß man mich dafür bezahlt. Im Gegenteil, ich spende Fünfzigtausend in bar für das Privileg.« Er schenkte sich noch eine Tasse Kaffee ein. »Nein, Dean, ich werde nicht auf meine Rechte verzichten. Es würde mich sogar sehr wundem, wenn ich heute abend nicht schon wieder das Messer in der Hand hätte.« Der Dean seufzte. »Vielleicht wird die Ehe Einfluß auf Ihre unbeugsamen Ansichten haben.«
»Keinen wie immer gearteten.«
»Wann ist überhaupt die Trauung? Nicht vor einigen Monaten, sagten Sie?«
»Sagte ich das? Sie müssen mich mißverstanden haben. Sie ist morgen in einer Woche.«
»So bald?«
»Ich habe das Gefühl, da ist keine Zeit zu verlieren. Gestern abend telefonierte ich mit Tottie. Sie kommt mit den Vorbereitungen gut voran. Sie ist außerordentlich tüchtig, in administrativen Dingen. Ich habe sie glücklicherweise überreden können, die Party in einem Standesamt abzuhalten, trotzdem wird ein ganz schöner Gänsestall Zusammenkommen, um den Spaß zu sehen.«
»Wenn Sie noch auf mein Angebot einer Gratisweltreise in den Flitterwochen zurückkommen wollen, so glaube ich, daß sich das selbst in dieser kurzen Zeit arrangieren ließe.«
»Ich werde es mir überlegen. Aber ich möchte nicht allzulange vom St. Swithin weg sein. Ein Kerl wie Bingham, der absolut keinen Begriff vom Wert des Geldes hat, könnte es im Handumdrehen hinter meinem Rücken ausgeben.«
Der Dean war perplex. »Ich kann Sie doch nicht falsch verstanden haben, Lancelot. Sie waren doch so entschlossen, die Hochzeit erst nach Monaten oder sogar Jahren stattfinden zu lassen. Dieser Abstecher zu Ihren Freunden auf dem Land scheint eine beachtliche Sinnesänderung bei Ihnen hervorgerufen zu haben.«
»Ich war nicht bei Freunden. Ihnen kann ich’s ja sagen, Dean, da Sie mein Brautführer sein werden. Ich machte eine Kur zur sexuellen Verjüngung.«
»Großer Gott!«
»Dr. de Hoots Jungbrunnen-Klinik. In Kent. Verdammt gut, übrigens.«
»Großer Gott!«
»Sie haben dort ein Präparat - die Formel ist natürlich geheim -, das gibt Ihnen das Gefühl, ein neuer Mensch zu sein, ein viel jüngerer neuer Mensch.«
»Großer Gott!«
»Sie scheinen schockiert?«
»Ich glaube, mit Recht. Für Sie als Arzt, als Mann von Stand -«
»Aber ich sagte Ihnen schön, Verehelichung mit einer jüngeren Frau ist für einen Mann meines Alters viel riskanter, als Autorennen zu fahren. Ich brauche alle Hilfe, die ich bekommen kann. Diese Injektionen können durchaus lebensrettend für mich sein. Nebenbei, mein lieber Dean, mein ganzes Leben lang habe ich versucht, meine Patienten völlig befriedigt zu entlassen, und ich sehe keinen Grund, meine Prinzipien jetzt aufzugeben.«
Der Dean erhob sich. »Das ist Ihre Sache. Jetzt muß ich ins Spital. Ich habe um zehn Visite.«
»Lassen Sie bitte die Times da? Ich löse so gern Kreuzworträtsel. «
Der Dean schritt zur Tür. Er blieb stehen. »Wie, sagten Sie, war der Name der Anstalt?«
»Dr. de Hoots Jungbrunnen-Klinik.«
»Hm«, sagte der Dean gedankenvoll, während er den Raum verließ.
Sie Lancelot vertiefte sich in die Zeitung des Deans. Er hob den Blick, als er ein leichtes Klicken vernahm. Muriel war leise ins Eßzimmer geschlüpft und blieb schwer atmend an die Tür gelehnt stehen. »Sir Lancelot, könnte ich Sie einen Augenblick sprechen?«
»Sicher, mein Schatz. Auf etwas Schwieriges in der Chirurgie gestoßen?«
»Es
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