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Fingermanns Rache

Fingermanns Rache

Titel: Fingermanns Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christof Weiglein
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den Schalter aktivieren, auf dem deine linke Hand ruht. Wenn du ihn danach betätigst, wird sich die Stanze in Gang setzen. Das wird dann ziemlich unangenehm. Dafür wird sich aber zeitgleich der Brenner unter dem Ordner entzünden und all deine Vergehen vernichten. Du hast also die Wahl zwischen Cholera und Pest, wie man so schön sagt.«
    Arndt legte unter der Tischplatte einen Hebel um. Rensch zuckte zusammen.
    »Jetzt nur keine unbedachte Bewegung«, warnte er. »Die nächsten Schritte wollen wohlüberlegt sein, das ist wie bei einem Hauskauf. Ach ja, bevor ich es vergesse: Du hast zwölf Stunden Zeit, dann wird die Polizei alarmiert und nimmt dir die Entscheidung ab. Falls du aber ein fingerloses Leben bevorzugst und dich fragst, wie das mit dem Verbluten ist: Nun, das weiß ich leider auch nicht so genau. Natürlich wird mit dem Drücken des Knopfes Hilfe herbeigerufen, aber bis die da ist, kann sich schon eine ordentliche Pfütze auf dem Boden bilden.«
    Mit weit aufgerissenen Augen verfolgte Hilde Rensch, wie Arndt sich aufmachte zu gehen.
    »Ich …«, stammelte sie.
    »Ja, nur zu, Hildchen. Reden befreit die Seele.«
    Doch Rensch biss sich auf die Lippen und senkte ihren Blick.
    »Ist schon gut, deine Entschuldigungen sind mir bekannt. Ich weiß, dass Cora die Schlimmere war; ich habe es ja am eigenen Leib erfahren. Wo deine Phantasie endete, begann ihre erst. Sie hat mich zu dem gemacht, was ich bin.« Arndt hielt kurz inne, forschte in seiner Vergangenheit, dann lachte er freudlos.
    »Deshalb bin ich auch so in Eile, ich muss mich um sie kümmern. Das verstehst du doch, Hildchen. Also, ich wünsche dir eine aufregende Zeit, und vergiss nicht, der Schalter ist sehr empfindlich.«

Comeback
    www.youtube.com
    Die Kugel traf den Mann in die Stirn. Das Video zeigte Wilbur Arndts Tod, erschossen durch den SEK -Beamten Rick Hauser. Arndt sackte zusammen, die Augen erstarrten. Bis dahin kannte die Welt diese Bilder. Millionenfach angeklickt und heruntergeladen. Doch diesmal endete das Video nicht mit dem Tod des Mannes. Dieses Mal fuhr die Kamera extrem nah heran. Die Einstellung wurde unscharf, das Gesicht des Toten löste sich in grobe Pixel auf und wurde neu zusammengesetzt. Das gleiche Gesicht, jetzt aber ungewöhnlich scharf. Das Einschussloch auf der Stirn war verschwunden, in den Augen lag der Glanz des Lebens.
    Arndt richtete sich auf, bewegte seinen Kopf langsam hin und her und schlug sich mehrmals mit der Hand gegen die Schläfe. Dann richtete er den Blick in die Kamera und sagte: »Glaubt den Pfaffen, den Priestern, diesem ganzen scheinheiligen Pack kein Wort! Der Tod, und das sagt jemand, der es wissen muss, der Tod bringt keine Erlösung, er bringt auch kein Paradies, nein. Der Tod bringt nur das große Nichts. Ja, so sieht es leider aus, Leute. Man hat euch reingelegt. Die ganze Leben-nach-dem-Tod-Geschichte ist nur ein riesengroßer Betrug, ein Betrug, der das Leben erträglicher machen soll, weil danach die große Sause auf einen wartet. Irgendetwas unbegreiflich Schönes, etwas, das nicht in Worte zu fassen ist, weil Worte nur die Welt beschreiben können, aus der sie stammen. Ja, genauso tönen sie, genauso versuchen sie euch um den Finger zu wickeln. Aber glaubt mir, das ist nur ein Ammenmärchen. Wenn euch der Geschichtenschreiber aufgegeben hat, hört ihr auf zu existieren, so einfach ist das. Deshalb müsst ihr jetzt aber nicht gleich den Kopf in den Sand stecken. Nehmt die Dinge, wie sie sind, und macht das Beste daraus. Lebt! Lebt jetzt! Lebt mit jeder Faser eures Körpers. Saugt es auf, das Leben. Denn eines muss euch immer bewusst sein: Allzu schnell kann es vorbei sein mit dem Leben.
    Schaut mich an. Die wollten mich doch tatsächlich abschießen, aus dem Drehbuch schreiben. Und das ist ihnen auch fast gelungen. Denn so eine Scheiß-Kugel in deinem Hirn, die kann dir den Spaß am Leben ganz schön vermiesen. Aber als sich das Projektil durch mein weiches Fleisch fraß, durch all diese wunderbar empfindlichen Nervenzellen, da dachte ich mir: Scheiß drauf. Scheiß auf die Physik, scheiß auf die Logik und scheiß auf die Erfahrungswerte, die andere mit einem Kopfschuss gemacht haben. Ich entschied mich gegen den Tod und für das Leben. Nun könnte der eine oder der andere, der meine Biografie kennt, fragen: Was für ein Leben? Darauf kann ich nur antworten: Ihr habt nichts begriffen. Ich habe eine Mission zu erfüllen, eine gottverdammte Aufgabe, die es zu erledigen gilt. Manch einer

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