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Fingermanns Rache

Fingermanns Rache

Titel: Fingermanns Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christof Weiglein
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Nacken und rann langsam seinen Hals entlang. Der Entführer regte sich nicht. Plötzlich verlor Fabian die Beherrschung und schrie: »Sie müssen mir helfen, ich halte das nicht mehr aus. Bitte helfen Sie mir.«
    Jetzt wurde das Gerät ausgeschaltet. Der Entführer strich sanft über Fabians Kopf. »Wie dramatisch und wie unsinnig. Aber ich werde es nicht rausschneiden. Es gefällt mir.«
    Fabian hörte, wie der Entführer sich entfernte, sich dann aber noch einmal näherte.
    »Hätte ich beinahe vergessen«, sagte er und zwängte den Schlüssel in Fabians Hand. Dann ging die Tür, und Fabian war wieder allein.
    Die Gänge waren kaum beleuchtet, wer sich hier nicht auskannte, verirrte sich. Der Entführer hätte den Weg auch mit geschlossenen Augen gefunden, er war hier zu Hause. Er zwängte sich durch das schmale Loch in der Mauer und duckte sich, ohne die wirren Kabelstränge zu beachten, die sich feucht glänzend im Dunkeln verloren. Die tonnenschwere Tür war nicht auf Anhieb zu erkennen. Kreisförmig in die Wand eingelassen und durch ein verrostetes Gitter verdeckt, glich sie dem Zugang zu einem alten Bunker. Der Entführer schob das Gitter beiseite und drehte mit geringem Kraftaufwand an dem Ring der massiven Tür. Sie glitt auf und warme, abgestandene Luft schlug ihm entgegen. Die Entlüftungsanlage tat ihren Dienst nur noch unregelmäßig. Indirektes Licht leuchtete grünlich auf und erhellte einen beinahe quadratischen Raum. Einzelne Kontrolllampen blinkten, Zeigerinstrumente maßen Druck, Temperatur und Durchflussmenge.
    Der Entführer setzte sich an den Tisch mit den Computern, die Tür schloss sich automatisch, das Gitter schob sich wieder davor. Einer der Flachbildschirme zeigte Fabian, wie er sich von den Handschellen befreite, die Vorrichtung löste und ungeduldig den Sack vom Kopf riss. Gierig zog er die Luft ein und wischte sich mit einem feuchten Tuch übers Gesicht. Dann fing er an zu weinen. Der Entführer schüttelte den Kopf. Was war mit dem Jungen nur los? Er hatte keine Ähnlichkeit mit dem, der er eigentlich sein sollte.
    Der Entführer wandte sich einem anderen Computer zu und schloss das Aufnahmegerät an. Er speicherte die MP 3-Datei und öffnete das E-Mail-Programm. Es fiel ihm schwer, die geeigneten Worte zu finden, mehrmals änderte er den Text. Endlich konnte er mit einem freundlichen Gruß enden und die E-Mail samt Anhang verschicken. Jetzt drehte er sich zu dem metallenen Rollcontainer, der links vom Tisch stand. Der Entführer zog ihn zu sich her und öffnete die oberste Schublade. Sauber aufgereiht lagen verschiedene medizinische Instrumente darin: Skalpelle, Zangen, Klammern, Scheren. In der zweiten Schublade eine Rolle aus weichem Leder, zusammengehalten durch einen Riemen. Der Entführer nahm die Rolle, legte sie auf den Tisch und öffnete sie. Unterschiedlich große Spritzen glänzten im Licht, darüber befanden sich Ampullen, gefüllt mit klarer Flüssigkeit. Der Entführer nahm eine Spritze und betrachtete sie eingehend.
    »Von nun an, Fabian, sollst du mich Loki nennen.«
    Wilbur Arndt für das BERLINER TAGESGESCHEHEN . Fortsetzung folgt.
    *
    Tag vier, Mittwochmorgen, der 16. April, im Dienstgebäude des LKA Berlin
    Hauptkommissar Bernhard Schorten, Leiter der Abteilung Todesdelikte und Entführungen, faltete das BERLINER TAGESGESCHEHEN zweimal und legte die Zeitung so neben die Schreibtischunterlage, dass kein Spalt zwischen Zeitung und Unterlage zu sehen war. Dann nahm er seine Brille ab, die seine schweren Tränensäcke recht gut kaschierte, und massierte seine Nasenwurzel. Ein solcher Fall war ihm in seiner langen Karriere noch nie untergekommen: ein Entführer, der ausdrücklich verlangt hatte, dass die Polizei eingeschaltet wurde, und dessen »Lösegeldforderung« darin bestand, einen Fortsetzungsroman zu veröffentlichen, der von der Entführung handelte. Der Entführte, Fabian Flaig, war Volontär beim BERLINER TAGESGESCHEHEN , ebenjener Zeitung, die der Entführer für die Veröffentlichung auserkoren hatte.
    Schorten setzte die Brille wieder auf und blickte in die Runde. Hauptkommissar Karl Bakker hing mehr auf seinem Stuhl, als dass er saß. Gelangweilt wippte er vor und zurück, während er ab und zu versuchte, seine Hose höherzuziehen, um den beträchtlichen Umfang seines Bauches zu vertuschen. Neben ihm lehnte der gerade beförderte Oberkommissar Kai Mendel an der Wand und starrte wiederholt auf seine Uhr – er hatte einen Arzttermin. Rechts von Bakker saß

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