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Finish - Roman

Finish - Roman

Titel: Finish - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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die im April im Rahmen der Eröffnungswettläufe in Stamford Bridge ausgetragen werden. Genauere Informationen gibt es bisher noch nicht, doch es heißt, Speed und Miller hätten die Sollzeit fast geknackt. Einige Kenner behaupten, sollten die Amerikaner ihren »Känguru-Start« perfektionieren (wobei es sich um eine Art Hockstellung handelt), könnten sie über 100 Meter auf dem schnellen englischen Laufgrund nahe oder gar unter der Sollzeit laufen. Das hat bisher noch kein Amateur geschafft, und wie jedes Mal, wenn einer unserer amerikanischen Vettern beschließt, den Ozean zu überqueren, um sich auf der Aschenbahn mit uns zu messen, stellt sich für unseren Amateurverband die Frage nach dem wahren Status der beiden.
    Die Antwort von den Hütern des englischen Laufsports ließ nicht auf sich warten, und wochenlang waren die Sportkolumnen voll mit empörten Kommentaren, die für die britische Bulldogge eine Lanze brachen. Ein Brief an Bell’s Life war dafür ein typisches Beispiel.
    Sir,
    mit Interesse habe ich Ihren Bericht vom 2. Januar über die Ankunft zweier amerikanischer Cowboys gelesen, die beabsichtigen, bei unseren Amateurmeisterschaften anzutreten. Seitdem sind in der Sportpresse weitere Meldungen über die Herren Speed und Miller veröffentlicht worden, in denen nicht nur von ihrer Schnelligkeit die Rede ist, sondern auch von irgendwelchen Abenteuern mit Sioux-Indianern und ihrer Meisterschaft mit Schusswaffen.
    Lassen Sie mich zunächst klarstellen, dass ich nicht dasGeringste gegen unsere amerikanischen Vettern habe. Dennoch muss ich als Lauftrainer mit dreißigjähriger Trainingserfahrung (Howard aus Chester, »Crowcatcher« Lang, Jackson aus Burnley, allesamt Weltmeister) sagen, dass diese Yankees in meinen Augen unmöglich in der Lage sind, 100 Meter auch nur annähernd in der Sollzeit zu laufen. Die einzigen Läufer, die zu einer solchen Leistung imstande wären, sind unsere englischen und schottischen Teufelskerle, Männer wie Jackson aus Sheffield oder Clowney aus Wigan, die nach alter englischer Schule in ihrem Heimatland ausgebildet wurden. Diese gebürtigen Amerikaner sind schwächliche Hybriden, von amerikanischen Trainern ausgebildet, die niemals einen Sportler auf die ganz großen Wettkämpfe wie Hackney Wick oder Sheffield vorbereitet haben. Nein, Sir, das A und O eines wahren Spitzensprinters ist das richtige Training und die richtige Abstammung. Nach beidem kann man im Wilden Westen lange suchen, und Känguru-Start hin oder her, diese Yankees werden selbst unseren Amateurläufern nicht annähernd das Wasser reichen können.
    In sportlicher Verbundenheit,
    Albert Clamp
    (Lauftrainer)
    Der in die Ankündigung des Musikabends versunkene Buck hatte keine Ahnung von den hitzigen Debatten, die seiner Ankunft vorausgingen. Er schlief schlecht an Bord und beschloss, an diesem Abend ein wenig später zu Bett zu gehen. Der Musikabend dauerte von acht bis zehn, und danach wäre er vielleicht müder als sonst. Außerdem sprach in Moriartys Trainingsprogramm nichts gegen ein bisschen Kultur.
    Schlaffördernd waren die ersten Nummern des Abends allemal. Der erste Künstler, ein Bergmann aus Cornwall, der aus Connecticut in die Heimat zurückkehrte, bot eine tonlose Interpretation von »Drake is Going West, M’lads« ,und nur der Kapitän höchstpersönlich konnte ihn davon abhalten, sich in der Nachahmung verschiedener Vogelstimmen zu ergehen. Dann trat eine Gruppe Glockenspieler aus Lancashire auf, geradewegs auf der Rückreise von einer niederschmetternden Saison bei Barnum in New York, die den Speisesaal eine gefühlte Ewigkeit mit ihrem tristen Geklimper erfüllten.
    Danach stimmte eine fette amerikanische Matrone, deren abendliche Fresssucht selbst Falstaff blass aussehen ließ, ein merkwürdiges deutsches Volkslied an, und ihr dünnes Stimmchen stand in lächerlichem Gegensatz zu dem riesigen Klangkörper, dem es entwich.
    Während das Schiff durch die sanfte abendliche Dünung glitt, blickte sich Buck im von Kerzen erleuchteten Speisesaal um. Die Gäste und Schiffsoffiziere saßen an den schweren, an den Boden geketteten Eichentischen, und sämtliche Passagiere der Ersten Klasse hatten sich in den kleinen Raum gezwängt. Auf einer Behelfsbühne hatte Kapitän Clare einen ebenfalls angeketteten Flügel aufgestellt, auf dem der Proviantmeister Mr. Fenwick jeden zu einer Darbietung bereit stehenden Passagier begleitete.
    Buck gähnte. Lange hielt er das nicht mehr aus. Zeit für ein paar

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