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Finish - Roman

Finish - Roman

Titel: Finish - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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auf fifty-fifty zu senken.
    Was das Rennen anbelangte, hatte Bunn keine Zweifel. Der Mann aus Barnsley hatte ihn noch nie im Stich gelassen. Wie immer würde er Headley auf das Cottage Cumbria nicht weit von Whitehaven schicken. Dort würde sein Trainer, der drakonische Arthur Formby, ihn in nur zwölf Wochen in eine Laufmaschine verwandeln. Formby war ein Sprint-Spezialist, der 1848 selbst gegen das Sprint-Wunder George Seward angetreten und bis auf einen knappen Meter an ihn herangekommen war, und seit 1860 hatte er aus irgendwelchen Niemands ein Dutzend Sheffield-Sieger gemacht. Der Trainer aus Lancashire würde JosiahHeadley von 72 auf 67 Kilo schiere Geschwindigkeit herunterkochen. Headly würde von vorderster Position unter neunundvierzig Sekunden laufen oder sich über 300 Meter an den ersten Mann dranhängen, ehe er ihn mit einem vernichtenden Finish auf der Zielgeraden kaltstellte.
    Doch William Bunn war nicht dadurch reich geworden, dass er etwas dem Zufall überließ. Anhand seiner amerikanischen Quellen hatte er sich über Miller schlaugemacht, und abgesehen von einem Lauf in St. Louis 1873 und ein paar kleineren Läufen zwischen 1870 und 1873 rund um Boston schien der wiewohl nicht unbegabte Miller nie eine echte Spitzenleistung erbracht zu haben. Eine Achtelmeile war er nie gelaufen, geschweige denn eine erschöpfende Viertelmeile. Außerdem hatte Millers Techtelmechtel mit Hettie Carr bereits gezeigt, dass er nicht besonders willensstark war, und seine Varieté-Informanten hatten ihm zugetragen, dass sie wieder mit dem Amerikaner in Kontakt stand. Vielleicht brauchte es den Ansporn der väterlichen Schulden gar nicht mehr, damit sie den Yankee weiter auslaugte. Doch darauf konnte Bunn nicht zählen, und so wurden Beobachter nach Norfolk entsandt, um Millers romantische Launen im Auge zu behalten.
    Doch der Amerikaner und seine Entourage waren verschwunden, und der Wirt des Fen Inn hatte keine Ahnung, wohin. Was die Damen anbelangte, kam Bunn ihnen schnell auf die Spur. Sie waren in Cumbria, auf dem Anwesen von Eleanors Vater Lord Grafton. Die Männer aber hatten sich in Luft aufgelöst. Spione wurden nach Cumbria geschickt, um den Postein- und Postausgang zu überprüfen, und auch die wichtigsten Trainingsgelände in Hackney Wick, Sheffield, Pontypridd, Newcastle, Birmingham und Edinburgh wurden beschattet. Von Miller und seinen Sponsoren jedoch keine Spur. Sie waren wie vom Erdboden verschluckt.
    Glasgow, 9. Juli 1877
    Es war wie in einem Kerker. Buck und Billy Joe spähten ins schummrige Dunkel und rochen den salzig-stichigen Schweißgeruch, der den winzigen Raum erfüllte. Überall waren schwarze, bauchige Hanteln und Gewichte – auf dem Boden, auf Ständern, an den Wänden. Und in der Mitte des Raumes stand, in Latzhosen, schweren Stiefeln und schwarzem Rollkragenpullover, ein kleiner, weißhaariger Mann.
    Zuerst dachte Buck, es sei ein Zwerg, doch das mit vor der Brust verschränkten Armen dastehende Männchen mit dem wuscheligen weißen Haarschopf war perfekt proportioniert. Obwohl schon deutlich über sechzig, hatte er einen makellosen Körper mit schmaler Taille, gewölbter Brust, wohlgeformten, muskulösen Schultern und kräftigen Schenkeln und Waden.
    »Jock Weir«, sagte Moriarty und schob sie in die vollgestopfte Gallowgater Mietskasernenstube, die im Glasgower Jargon »Einfachzimmer« hieß: ein Raum, in dem bis zu vier Menschen lebten. Auf der einen Seite war ein in die Wand eingelassenes Bett, auf der anderen ein Emaillebecken mit tropfendem Wasserhahn. In der Mitte der gegenüberliegenden Wand glimmte ein Kohlenfeuer.
    »Der stärkste Mann der Welt«, sagte Moriarty, als Buck und Billy Joe durch das Schummerlicht über die Trainingsgeräte auf den kleinen alten Mann zustolperten.
    »In meiner Gewichtsklasse, Mr. Moriarty«, brummte der Alte und ergriff Bucks Hand. »In meiner Gewichtsklasse.«
    Buck hatte das Gefühl, als hielte er seine Finger in einen Schraubstock. Hastig zog er die Hand zurück, und Billy Joe wurde die gleiche Begrüßung zuteil.
    »Ich gebe Buck also in deine Obhut«, sagte Moriarty. Buck bemerkte, dass Moriarty mit leicht schottischem Einschlag sprach, den er noch nie bei ihm gehört hatte – außer in Macbeth und Rob Roy .
    »Aye«, sagte Weir. »Kommen Sie in zwei Stunden wieder, Mr. Moriarty.«
    Er sah Buck und Billy Joe an. »Na, wer von euch zweien soll nu’ gegen diesen englischen Sauhund Headley laufen?«
    Billy Joe zeigte auf Buck. »Er.«
    Mit seinen

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