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Finish - Roman

Finish - Roman

Titel: Finish - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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kräftigen kleinen Händen ergriff Weir Bucks Arm und klopfte ihm dann gegen den Bauch. Prüfend betastete er Bucks rechten Schenkel.
    »Dann zeig mal, was der Motor draufhat«, sagte er.
    Buck spannte die Muskeln an. »Nicht übel«, sagte Weir. »Mal runter mit den Klamotten.«
    Buck zog Jacke, Hemd und Hosen aus und ließ sich in Long Johns und Schuhen von dem kleinen Mann in Augenschein nehmen. Dann streckte er sich auf Weirs Geheiß auf einer niedrigen Holzliege aus, über der rechtwinklig auf einem Eisenständer eine schwarze, kugelige Hantel lag. Weir stellte sich ans Kopfende hinter den Ständer und stemmte die Hantel mit beiden Händen hoch.
    »Fertig?«, krächzte er. »Hände hoch.«
    Buck streckte die Arme aus und ergriff die Hantel. Mit zitternden Armen hielt er sie in der Luft.
    »Beug die Arme«, befahl Weir. »Ganz langsam.«
    Buck beugte die Arme und spürte, wie das Gewicht sich der verzweifelten Gegenwehr seiner Muskeln widersetzte und auf ihn niedersauste. Schwarz, schwer und reglos lastete die Hantel auf seiner Brust.
    »Stemmen!«, grölte Weir, und seine Stimme erfüllte den kleinen Raum. Buck drückte, doch die Hantel rührte sich nicht. Schnaubend hob Weir die Hantel wie ein Kinderspielzeug von Bucks Brust und legte sie in die Halterung zurück.
    »Weichei«, sagte er voller Hohn. »Ein echtes Weichei.«
    Er nahm die Hantel aus dem Ständer und legte eine kleinere ein. Dann hielt er sie Buck hin, und Buck griff danach. Das Ergebnis war das Gleiche: Sosehr sich Buck auch abmühte, sie bewegte sich nicht.
    »Du lieber Himmel«, sagte Weir und schüttelte den Kopf. »Du kannst ja noch nicht mal ’ne nasse Katze hochheben.«
    Die kommende Stunde war für Buck die reinste Qual. Weir schleifte ihn durch das Zimmerchen von einer Übung zur nächsten, von Hantelcurls zu Powercleans zum Military Press, und schließlich musste er mit einem Gewicht in die Hocke gehen, unter dem selbst Atlas zusammengebrochen wäre.
    Der Schweiß spritzte Buck aus allen Poren, und Billy Joe saß mit dem Rücken zum Feuer daneben und schaute mit regloser Miene zu, während Weir seinen Freund wie ein Großinquisitor in immer tiefere Qualen stürzte. Mitleid schien dem kleinen Mann vollkommen fremd zu sein.
    »O Gott«, stöhnte Buck und brach unter dem nächsten Gewicht zusammen.
    »Gott kann dir auch nicht helfen, Jungchen«, knurrte Weir. »Gott ist ein Sauhund, sonst nichts.«
    Dieses Quäntchen Gottlosigkeit war zu viel für Buck. Er sank hilflos zu Boden, die Hantel im Nacken, und Weir nahm sie ihm kopfschüttelnd ab.
    »Ich hab schon einige Läufer gesehen«, sagte er. »Nichts als ’n Paar Beine mit Kopf obendrauf.«
    Er machte eine Kopfbewegung Richtung Feuer, und Buck setzte sich schweißtriefend neben Billy Joe. Weir griff nach einem Tontopf, der auf einem Bord über dem Feuer stand, und holte eine Tonpfeife und ein Stück Tabak heraus. Er zerkrümelte den Tabak, stopfte ihn in die Pfeife, nahm einen Holzspan vom Bord und entzündete ihn am Feuer. Er hielt die Flamme an seine Pfeife und zog daran.
    »Du kommst dreimal die Woche her«, sagte er. »Ich mach aus dir den stärksten Läufer, der je in Spikes gesteckt hat.«
    Er paffte an seiner Pfeife.
    »Und wenn du diesen Headley nicht vernaschst, weißte,was ich dann mit dir mache?« Er nahm die Pfeife aus dem Mund und spuckte einen braunen Strahl ins Feuer. »Ich jag dich zu den Katholiken.«
    Leadhills, Lanarkshire, 10. Juli 1877
    Am nächsten Tag konnte Buck sich ohne Billy Joes Hilfe nicht einmal anziehen. Seine Arme (wie auch der Rest seines Körpers) fühlten sich an, als wären sie mit Blei vollgepumpt und tagelang mit dem Hammer bearbeitet worden. Buck, Billy Joe, Moriarty und Grimthorp hatten ein Cottage unweit des kleinen Minenstädtchens Leadhills wenige Meilen südlich von Glasgow bezogen. In einer verlassenen Zeche gab es eine schwarze, u-förmige, 460 Meter lange Strecke, auf der einst die Lore entlanggefahren war. Der Boden war flach und hart; perfekt zum Laufen. Doch in der Woche nach seinem Besuch in Weirs Gallowgater Fitnessraum rührte Buck die Spikes nicht an. Er brauchte zwei volle Tage, um sich von Weirs erster Gewaltkur zu erholen, der drei weitere Sitzungen mit jeweils einem Tag Pause dazwischen folgten.
    Trotz der Qualen der ersten Übungsstunde beklagte Buck sich nicht. Dies war seine Chance, in England, der Heimat des Laufsports, ganz groß rauszukommen, und jeden Tag spürte er Grimthorps prüfenden Blick, während er sich in Weirs

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