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Finish - Roman

Finish - Roman

Titel: Finish - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Die beiden Gringos Speed und Miller hatten seit dem Morgen nur verloren, jeder mindestens 200 Dollar. Doch das war nichts im Vergleich zu dem Fettwanst, der sich vor vierzehn Tagen im Olympia Hotel einquartiert hatte und seine Zeit ausschließlich auf Hahnenkämpfe und Rumhurerei verwendete, 20 Stunden am Tag. Die Americanos würden sich niemals ändern. Hahnenkampf war eine Kunst und keine Wissenschaft, doch die Gringos hatten weder Kunstsinn noch Kultur. Montes griff nach der lederbezogenen Tequilaflasche, die unter der Bank zwischen seinen Beinen stand. Er schraubte sie auf, zog den Korken heraus und schenkte sich einen Deckelvoll ein. Der Schnaps schlug ihm heiß gegen die Kehle und sickerte brennend in den Magen. Er goss sich einen zweiten Schluck ein und kippte ihn hinunter. Jetzt sah die Welt schon wieder besser aus.
    Im Ring hatte der Kampf begonnen. Der Schwarze hatte dem Grauen den Schnabel abgehauen, und der Dresseur des Grauen saugte seinem Hahn das Blut aus dem gebrochenen Schnabel und spuckte ihm in den offenen Rachen. Grinsend stupste Montes seinen Banknachbarn in die Seiten. Er war ein Sportsmann, der nichts mehr liebte als sauberen, ehrlichen Sport.
    Als die beiden Hilfssheriffs ihn fragten, ob in letzter Zeit Gringos in Chihuahua aufgetaucht seien, redete Carlo Montes nicht lange drum herum. Ja, ein beleibter Hombre mittleren Alters sei seit zwei Wochen in der Stadt, ein erstaunlicher Kerl, ein echter Leistungssportler. Zunächst dachten die beiden, das sei wohl nicht ihr Mann, doch Montes beeilte sich zu erklären, er meinte die sexuellen Leistungen. Der Kerl sei ein unersättlicher Lüstling, sechs Ladys pro Tag hätte er sich genommen, und das Hotel hätte vom Geschrei selbst der hartgesottensten Damen von Chihuahua widergehallt, denn der Gringo hatte ein erstaunliches Arsenal im Gepäck. Hätten die Texaner das zur Verteidigung des Alamo gehabt, wären Santa Anna und seine Männer elend draufgegangen.
    Der massige Amerikaner schien eine besondere Schwäche für junge Mädchen zu haben; er glaubte wohl, blutjunge Mexikanerinnen seien noch Jungfrauen. Die jungen Damen der Stadt hatten ihn in diesem Glauben gelassen, und just an diesem Morgen hatte Montes ein kaum zehnjähriges Bauernmädchen in das Foyer des Olympia huschen sehen. Jetzt würde er die beiden jungen Gringo-Gesetzeshüter zu besagtem Hotel bringen. Der blonde Hilfssheriff meinte, man sollte vielleicht warten, bis der Gesuchte mit dem Mädchen fertig sei, doch sein Kollege blieb hart. Und so verließen die beiden Männer unverzüglich die Kampfarena und machten sich auf den Weg zu ihrem fetten, reichen Landsmann ins Olympia.
    Mit gezückten Colts und auf Zehenspitzen schlichenBuck und Billy Joe über den Treppenabsatz im ersten Stock des Olympia Hotels. Vor Zimmer Nummer 7 blieben sie stehen.
    »Was meinst du, sollen wir klopfen?«, fragte Buck unsicher.
    »Du spinnst wohl«, sagte Billy Joe. Er legte den Finger an die Lippen und hielt das Ohr an die Tür.
    »Hörst du was?«, fragte Buck.
    Ungeduldig versuchte Buck, seinen Freund beiseitezudrängen, doch Billy Joe griff kopfschüttelnd nach dem Türknauf und verstellte ihm den Weg. Ganz langsam öffnete er die Tür, schlüpfte hinein, zog sie hinter sich zu und ließ Buck im Flur stehen. Buck drückte sein Ohr gegen die Tür, doch es war nichts zu hören.
    Dann drehte sich der Türknauf wieder, und Billy Joe kam heraus und schloss die Tür. Er runzelte die Stirn.
    »Verdammt noch mal«, zischte Buck und griff nach dem Türknauf. »Na los. Unser Geld ist da drin.«
    Billy Joe schüttelte abermals den Kopf. »Wagstaffe hat den Löffel abgegeben.«
    »Einen Scheißdreck hat er«, knurrte Buck und drängte sich an Billy Joe vorbei ins Zimmer.
    Durch die halb geschlossenen Vorhänge sickerte spärliches Licht, doch es reichte, um zu sehen, dass in dem kleinen Raum heilloses Chaos herrschte. Auf dem Boden lag eine leere Satteltasche, überall flog Papier herum. Buck ging zum Fenster, zog die Vorhänge auf und ließ die helle Mittagssonne herein.
    Als er sich umdrehte, fiel sein Blick auf das Bett.
    Wagstaffe lag zusammengekrümmt da und rührte sich nicht. Die weißen Kissen und Laken waren blutgetränkt.
    Buck atmete tief durch und versuchte, den Blick von dem hässlichen, rot klaffenden Schlitz loszureißen, der sich quer über Wagstaffes Kehle zog. Er ließ den Blick abermals durch das kleine Zimmer wandern, über Wagstaffes blutbekleckerte Kleider, die zwischen Dokumenten, Briefen

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