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Finish - Roman

Finish - Roman

Titel: Finish - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Winkel danebengelegt. Dann nahmen zwei der »Soldaten« links und rechts der beiden Böcke Aufstellung. Der mit einem Megafon und einer Handglocke bewaffnete Barnum ließ die Glocke ertönen, und sofort wurde es still.
    »Bei einem wissenschaftlichen Experiment dieser Größenordnung«, hob er durch das Megafon an und drehte sich dabei langsam um die eigene Achse, »ist es unerlässlich, dass die fairen und ehrlichen Bedingungen des Wettkampfes in jeder Hinsicht gewährleistet sind. Deshalb hat die Sportvereinigung von San Francisco beschlossen, dass der renommierte und für seine untadeligen ethischen Prinzipien bekannte Mediziner Dr. Augustus Friedrich zusammen mit Kardinal Thomas Feeney und Pastor Ian McGuffie als Stellvertreter der katholischen und der protestantischen Kirche das Wettkampfterrain in Augenschein nehmen, um sicherzugehen, dass keinerlei mechanische Hilfsmittel wie Trampoline, Sprungbretter, Raketen« – scherzhafte Buhrufe und Gelächter wurden laut – »oder ähnliches zum Einsatz kommen, die einem der Teilnehmer einen Vorteil verschaffen könnten.«
    Er machte eine Pause. »Und so bitte ich diese drei hochverehrten Bürger, die gemeinsam mit dem obersten Schiedsrichter Gouverneur Leland Stanford das Berufungsgericht bilden« – Stanford erhob sich von seinem Platz in der Ehrenloge und nahm huldvoll seinen Applaus entgegen – »ihrer ehrenvollen Aufgabe nachzukommen.«
    Lächelnd und mit erhobenen Händen traten die drei Herren vor und ließen sich von der Menge beklatschen. Friedrich trug dem Anlass entsprechend einen schwarzen Frack, Nadelstreifenhosen und Zylinder, und die Kirchenmänner trugen ihre Priestertracht, Feeney sein rotes Kardinalsgewand und McGuffie den etwas nüchterneren schwarzen Presbyterianertalar.
    Barnum, der jeden Moment genoss, führte seine Jury in die Manege hinunter vor die Hochsprunghindernisse. Unsicher, was sie eigentlich im Boden vor den Hürden finden sollten, standen die drei da. Kardinal Feeney ergriff schließlich die Initiative und stampfte mit seinem rotbeschuhten Fuß auf den Manegenboden, dann bückte er sich und hob eine Handvoll Erde auf. Die beiden anderen Männerfolgten seinem Beispiel, und Friedrich nestelte zudem noch ein kleines Vergrößerungsglas aus der Innentasche, um die Erde noch eingehender zu betrachten. Moriarty hatte Mühe, nicht laut loszulachen, und fragte sich, ob Friedrich vielleicht sein Stethoskop mitgebracht hatte oder Feeney den Boden mit Weihwasser segnen wollte.
    Dann knieten sich alle drei hin, klopften und kratzten auf der Erde herum und erhoben sich schließlich wieder.
    Barnum merkte, dass aus der Zeremonie nicht mehr herauszuholen war. »Meine Herren«, rief er, »sind Sie zu dem Schluss gekommen, dass es sich um einen lauteren und unverfälschten Springuntergrund handelt?«
    Die drei Männer nickten, und Barnum reichte Kardinal Feeney das Megafon.
    Trotz seines schweren irischen Akzents war die laute, klare Stimme des Kardinals gut zu verstehen. »Ich bestätige hiermit und im Namen meiner Mitrichter, dass der von uns inspizierte Boden der unverfälschteste Springuntergrund ist, den ich je gesehen habe. Die Mitglieder der Jury wünschen den beiden Teilnehmern viel Glück.«
    Unter gedämpftem Applaus wurden die drei Herren aus der Arena geführt und gesellten sich wieder zu Leland Stanford.
    Barnum kehrte in die Manege zurück und stellte sich neben die Hürden. Er ließ die Glocke klingen, und der Beifall verebbte.
    »Außerdem«, dröhnte er, »hat Gouverneur Leland Stanford im Interesse der modernen Wissenschaft darum gebeten, dass der berühmte englische Fotograf und Kenner des menschlichen und tierischen Bewegungsapparates Eadweard Muybridge den Wettkampf auf seine Fotoplatten bannt. Bitte begrüßen Sie – Mr. Eadweard Muybridge!«
    Muybridge, ein schmächtiger, bärtiger Mann, der mit einem riesigen Fotoapparat am Rand der Arena stand, winkte der Menge mit einem schmalen Lächeln zu und verschwand wieder unter dem schwarzen Tuch hinter seinerKamera. Muybridge warf einen Blick durch die Linse und nahm Barnum ins Visier. Das Licht war dürftig, doch er würde die Linse weit öffnen und das Beste hoffen.
    Mit flehentlich ausgebreiteten Armen ließ Barnum seinen Blick durch das weite Zirkusrund wandern.
    Dann hob er das Megafon wieder an die Lippen. »Und nun – lasst den Wettkampf beginnen.«
    Das Publikum brach in stürmischen Beifall aus, und zu den Klängen von » See the Conquering Hero Comes « marschierte die

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