Finkenmoor
Willst du das riskieren? Ist es dir das wert? Ivo kommt davon nicht zurück, und Maxi überwindet dadurch nicht ihr Trauma! Ganz zu schweigen davon, dass ich dich lebend brauche!«
»Ich habe nicht vor zu sterben. An diesem Punkt unterscheide ich mich von Anna. Und ich weiß, dass Ivo niemals zurückkommt und ich Maxis Leid nicht lindern kann. Darum geht es doch gar nicht …«
»Worum geht es dann? Um Rache, Selbstjustiz? Genugtuung?«
Die Schwestern blickten sich in die Augen.
»Ich lasse mich nicht davon abhalten, auch nicht von dir!«, rief Phyllis lauter, als sie beabsichtigt hatte.
Iska stand auf, nahm den Fisch vom Herd, warf ihn auf zwei Teller, gab hastig Kartoffeln dazu und setzte sich wieder.
Phyllis schob das Essen zur Seite. »Ich habe keinen Hunger.«
Iska knetete die Kartoffeln mit der Gabel. Aufgebracht. Verärgert.
»Ich werde nicht sterben, und ich gehe nicht ins Gefängnis. Ich habe alles ganz genau geplant –«
»Nicht!« Iska hob die Hand. »Kein Wort mehr. Ich will nicht wissen, was du vorhast!
»Ich werde ihn in eine Kiste stecken.«
»Du respektierst niemals meine Grenzen!« Iska knallte ihre Gabel auf den Teller und schob ihn zur Seite. »Und wie willst du das anstellen? Er wird sich ja wohl nicht freiwillig einsperren lassen.«
»Diane hat angeboten, ihm für den Übergang eine Wohnung zu besorgen. Dort werden wir ihn überwältigen und seiner gerechten Strafe zuführen.«
»Dafür wollt ihr extra eine Wohnung anmieten?«
»Darauf kommt es uns nicht an«, sagte Phyllis. »Dallinger wird entlassen, und wir sind bereit.«
»Du bist doch völlig verrückt!« Iska stand auf, öffnete den Mülleimer und warf ihr Essen hinein. »Es ist nicht richtig!«
»Dallinger hat deinen Enkel getötet, und er hat einen meiner Schützlinge verschleppt, ein kleines Mädchen, das in meiner Obhut war. Ich kann das nicht einfach ignorieren.«
»Dann mach eine Therapie, oder kümmer dich mit mir zusammen um Norma!«, schrie Iska. »Sie braucht uns!«
»Das werde ich, aber zuerst muss ich dafür sorgen, dass Dallinger bezahlt.«
»Und der Junge? Willst du Kilian etwa auch in die Sache mit reinziehen?«
»Diane und ich werden uns besprechen, aber wir müssen ihm die Wahrheit sagen. Wir können ihn nicht in dem Glauben lassen, dass Diane etwas mit Dallinger angefangen hat.«
»Du machst einen Fehler«, sagte Iska scharf.
»Vielleicht, aber das ist meine Sache!«
»Nicht, wenn du andere Menschen da mit reinziehst. Eventuell bist du so einem Plan gewachsen, psychisch und auch körperlich. Aber Diane nicht und dieser arme Kilian schon gar nicht!«
Liebe Emily,
nun ist es bald so weit. Ich freue mich so auf die Entlassung und kann das Gefühl überhaupt nicht mit Worten beschreiben, das ich empfinde. Du und ich endlich vereint.
Ich liege nachts wach und stelle mir vor, wie du mich am Tor empfängst, wir uns endlich in die Arme nehmen können. So oft und so lange wir wollen.
Es freut mich, dass deine Wunden verheilt sind. Ich kann immer noch nicht fassen, dass dieser Autofahrer Fahrerflucht begangen hat. Wie charakterlos ist so etwas, wenn man eine Fußgängerin anfährt, und überhaupt!
Hat die Polizei sich eigentlich noch einmal bei dir gemeldet, oder ist das Verfahren eingestellt worden? Der Typ soll jedenfalls in der Hölle schmoren. Manche Menschen haben einfach kein Gewissen. Wegen diesem Arsch habe ich dich jetzt wochenlang nicht gesehen. Sorry, kein Vorwurf an dich. Ich verstehe, dass du dich mir nicht so ramponiert zeigen wolltest, obwohl ich damit kein Problem gehabt hätte. Für mich bist du immer wunderschön!
Echt super, dass das mit der Wohnung geklappt hat. Ich kann kaum glauben, dass du einen Vermieter gefunden hast. Holte-Spangen ist hübsch und gar nicht weit von dir entfernt. Du wirst sehen, vor uns liegt eine tolle Zeit.
Nein, meine Eltern rühren sich nicht. Wahrscheinlich haben sie Angst, dass ich bei ihnen einziehen will. Die denken so begrenzt! Da kann ich denen hundertmal von dir schreiben. Ich werde mit ihnen keinen Kontakt aufnehmen. Im Grunde bin ich froh, wenn ich mit ihnen nichts zu tun habe.
In der Vergangenheit hatte ich ja auch deshalb Probleme, weil sie mir tierisch auf die Nerven gegangen sind. Prof. Peters hat mir da ganz schön die Augen geöffnet, und jetzt, wo wir eine gesunde Distanz haben, fühle ich mich viel gelöster.
Ich wiege übrigens nur noch neunzig Kilo! Das musst du dir mal vorstellen. Knapp achtzig Pfund habe ich mir vom Leib
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