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Finkenmoor

Finkenmoor

Titel: Finkenmoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myriane Angelowski
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gehungert. Da ist es kein Wunder, dass mich die Leute von früher nicht wiedererkennen. Mein Cousin hat mich neulich besucht, der hat vielleicht Augen gemacht!
    Gefalle ich dir? Ich sehe doch ganz ansehnlich aus, oder?
    Du musst keine Angst haben. Ich erwarte nicht zu viel von dir. Ich möchte einfach glücklich sein, und das bin ich, wenn ich bei dir sein darf. Meine Mutter hat früher immer gesagt: »Das Glück kommt zu denen, die lachen.«
    Ich lache täglich, seit ich dich kenne! Jetzt wird alles gut.
    Es grüßt voller Vorfreude, dein Ronny

Cuxhaven-Duhnen, Christian-Brütt-Weg
    Iska schlief keine Nacht mehr durch. Seitdem sie von Phyllis’ Plan wusste, plagten sie Durchfall und eine Unruhe, die sie nicht in Worte fassen konnte. Aber egal wie sie die Angelegenheit auch drehte, es war Phyllis’ Sache. Sie hatte eigene Sorgen, andere Probleme, und die betrafen Norma.
    Ihre Tochter ließ sie nicht mehr in die Wohnung, hatte sogar den Schlüssel zurückverlangt. Iska war diesem Wunsch nachgekommen, aber nicht ohne sich vorher ein Exemplar nachmachen zu lassen.
    Das letzte Treffen war Wochen her. Damals hatten sie sich im »Leuchtfeuer« verabredet und zusammen Kaffee getrunken. Norma hatte noch verschlossener gewirkt als sonst. Das Treffen schleppte sich dahin, ein Gespräch war kaum möglich gewesen. Norma beantwortete keine Frage, machte einen merkwürdig gehetzten Eindruck, schien äußerst nervös, und Iska kam es so vor, als mustere sie jeden Gast argwöhnisch. Beim Thema Arbeitsamt wurde sie dann wütend und schimpfte so laut auf die Behörde, dass die anderen Gäste des Cafés herübersahen. Schließlich war ihre Tochter aufgebracht davongestapft und ging seitdem nicht mehr ans Telefon. Phyllis kam auch nicht an ihre Nichte heran.
    Sie hatte es versucht, mehrmals.
    Heute wollte Iska nun nach dem Rechten sehen, egal wie groß die Gegenwehr war, und sich keinesfalls abwimmeln lassen.

Cuxhaven, Haydnstraße
    Nachdem sie mehrfach geklingelt hatte, drehte Iska den Schlüssel im Schloss. Die Tür ließ sich kaum öffnen, Iska musste sich dagegenstemmen.
    Ein muffiger Geruch schlug ihr entgegen.
    In der Diele parkte ein Kinderwagen, Bälle, mehrere blaue, prall gefüllte Müllsäcke, leere Pizzaschachteln, Zeitungen und mindestens zehn leere braune Kartons. Kein Wunder, dass die Tür kaum aufging. In der Ecke neben dem Badezimmer stapelte sich schmutziges Geschirr.
    Iska versuchte, das Puzzle zusammenzusetzen. Wozu brauchte Norma einen Kinderwagen, und was bewahrte sie in den Müllsäcken auf?
    »Norma? Norma, Kind, ich bin es, deine Mutter!«
    Keine Antwort.
    Mit Mühe bahnte sich Iska einen Weg ins Wohnzimmer und hielt den Atem an. Um den Esstisch standen fünf Kinderstühlchen, die Ecke vor dem Fenster dominierte ein Laufstall. Auf dem Boden lagen Puppenarme, Beinchen und unterschiedliche, merkwürdig bleiche Köpfe. Iska ging in die Hocke und hob ein blond gelocktes Haarteil auf. »Was ist denn hier los?«
    Sie trat an den Tisch. Plastikbecher mit verschiedenen Farben. Pinsel. Daneben Scheren, Pinzetten, Teppichmesser. Auf einem eigentümlichen Holzgestell waren Puppenbeinchen aufgespießt, offenbar hatte Norma sie bemalt und zum Trocknen über die Stäbe gestülpt. Blaue und braune Augen starrten ihr entgegen. Iska entdeckte Normas Lieblingstasse, die halb mit Kaffee gefüllt war. Das Getränk war noch warm.
    Mit wenigen Schritten stand sie vor dem Schlafzimmer. Verschlossen.
    »Norma, mach bitte auf«, rief Iska und hämmerte mit den Fäusten gegen Tür. »Bitte, Kind! Lass mich rein, ich weiß, dass du da bist!«
    Keine Reaktion.
    »Norma, wenn du mir nicht sofort antwortest, dann rufe ich die Feuerwehr. Die brechen die Tür auf.«
    Rascheln, Poltern und dann Normas Stimme. Müde und tonlos. »Lass mich in Ruhe.«
    »Ich will doch nur mit dir reden!«
    »Ich aber nicht mit dir!«
    »Kind, was ist denn los? Was hat das alles zu bedeuten?«
    »Nichts Mutter, alles okay.«
    Iska seufzte. »Es tut mir leid! Ich gehe nicht eher, bis ich dich gesehen habe und überzeugt bin, dass wirklich alles in Ordnung ist!«

Cuxhaven-Sahlenburg
    Den ersten Nachmittag in Freiheit verbrachte Ronald Dallinger nach einem etwas holprigen Anfang schließlich so, wie er ihn sich in der JVA vorgestellt hatte. Er stand bei kräftigem Wind auf dem Aussichtsturm zwischen Sahlenburg und Duhnen, füllte seine Lungen mit salziger Seeluft und versuchte, den Blick über das Wattenmeer zu genießen. »Der Nordwind ist ein rauer Vetter,

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