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Finkenmoor

Finkenmoor

Titel: Finkenmoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myriane Angelowski
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doch bringt er auch beständiges Wetter.« Sein Lächeln gefror. Emily fehlte. Sie hätte diese Situation perfekt gemacht.
    Selbst als es zu nieseln begann, rührte er sich nicht vom Fleck, er wollte einfach so lange wie möglich draußen bleiben, obwohl sich eine Erkältung ankündigte und er ständig niesen musste.
    Seine Gedanken blieben bei Emily.
    Eigentlich hatte sie ihn abholen wollen, aber irgendetwas Berufliches durchkreuzte die Pläne. Genauer hatte sie sich am Telefon nicht geäußert. Ronny hatte ihr nicht folgen können, versuchte es auch nicht. Ihre SMS hatte sich eingebrannt. »Ich werde nicht da sein, wenn sich das Tor für dich öffnet.« Ein Schlag in sein Gesicht. Was war wichtiger als seine ersten Schritte in die Freiheit?
    Am Telefon hatte sie stammelnd wirres Zeug geredet, Erklärungen formuliert, weinend ihr Bedauern geäußert. Es war ihm gelungen, seine Enttäuschung zu verbergen, großzügig mit Floskeln zu reagieren. »Ich kann auch allein den Bus nehmen. Wir sehen uns abends. Unser ganzes Leben liegt vor uns.«
    Die Fahrt zur angegebenen Adresse gestaltete sich schwierig.
    Der Weg von Hannover nach Holte-Spangen war mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine halbe Weltreise. Nach einigem Hin und Her hatte er schließlich den verdammten Bauernhof gefunden. Die Familie, die im Hauptgebäude lebte, war bei seiner Ankunft nicht zu Hause. Gott sei Dank. So blieben ihm Höflichkeiten erspart.
    Der Schlüssel lag unter der Fußmatte.
    Vorübergehend, das Wort beruhigte ihn. Langfristig wollte er mit Emily zusammenziehen. Sie schien damit auf einmal keine Eile zu haben. Ihre letzten Briefe waren in dieser Hinsicht vager geworden. Dafür betonte sie in letzter Zeit häufiger, dass sie sich eigentlich kaum kannten. Er teilte diese Ansicht nicht, auch wenn ihm gelegentlich Zweifel kamen. Emily wirkte irgendwie abweisend und dominant.
    Bei ihrem letzten Knastbesuch hatte sie ihn ziemlich lahm begrüßt, nach Qualm gestunken und ihm einfach nur die ausgestreckte Hand entgegengehalten, Kaugummi kauend. Dieses Verhalten war seinem bisherigen Bild von ihr in keiner Weise gerecht geworden. Zwei Dinge störten ihn massiv. Erstens: In seiner Vorstellung kam sie ihm entgegengelaufen, sobald sie ihn sah, fiel ihm um den Hals, erwartete ihn voller Sehnsucht und hauchte sinnliche Worte in sein Ohr.
    Die Realität ernüchterte ihn.
    Zweitens fand er es geradezu abstoßend, dass Emily rauchte. Qualmende Frauen mochte er nicht. Und er fühlte sich ein wenig betrogen, weil sie dieses Laster offenbar vor ihm verborgen hatte. Ohne Umschweife hatte er sie darauf angesprochen.
    »Das ist meine Sache.«
    Ronny war immer noch fassungslos über diese Antwort und Emilys Ton, der alles andere als liebevoll geklungen hatte. Und jetzt die Sache mit dem verpatzten Wiedersehen.
    Möwen flogen kreischend über seinen Kopf hinweg. Beruhig dich. Du steigerst dich da in etwas rein. Was würde dir Prof. Peters raten? Vielleicht brauchte Emily einfach Zeit. Wenn er ehrlich war, hatte er die letzten Wochen in der JVA auch eine wachsende Unruhe gespürt. Immerhin war das ein neuer Lebensabschnitt, allein, ganz ohne Wärter, und dann die ganzen Bewährungsauflagen. Eventuell war ihre leicht ruppige Art ein Schutz, denn wie sie selbst einmal gesagt hatte, war sie es nicht mehr gewohnt, einen Freund zu haben, geschweige denn Rechenschaft abgeben oder gehorchen zu müssen – ohnehin überholte Werte in einer Beziehung, wie sie ihm unter die Nase gerieben hatte.
    Diese Meinung teilte er nicht.
    Ronny schnalzte mit der Zunge. Frauen. Irgendwie verstand er sie nicht. Im Knast war ihm die Geschichte mit Emily leicht erschienen. Aus seiner Sicht hatte die Beziehung bis vor ein paar Wochen tadellos funktioniert, ähnlich wie damals mit Kimberly.
    Ronny spürte einen Stich in der Magengrube.
    Kimberly. Was wohl aus ihr geworden war? Einmal hatte er ihr einen Brief aus dem Knast geschrieben. Geantwortet hatte sie nie. Auch darüber konnte er sich aufregen, aber er wollte Kimberly abhaken und sich Emily widmen. Nur beschlich ihn das Gefühl, dass die Sache mit ihr schwierig werden könnte. Und da sah er ein Problem. Starke Frauen törnten ihn ab.
    Er nieste mehrmals hintereinander.
    Gegen sechzehn Uhr machte er sich mit dem Fahrrad, das er sich aus dem Schuppen neben seinem neuen Zuhause geborgt hatte, auf den Heimweg. Er nahm den schmalen Weg am Meer entlang.
    Die Enttäuschung über Emily legte sich nicht. Er fasste den Entschluss, ihr seinen Missmut

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