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Finne dich selbst!

Finne dich selbst!

Titel: Finne dich selbst! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Gieseking
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nicht so nah. Du entscheidest, was du mit deinen Bildern erzählst.«
    »Und was lassen sich die Finnen tätowieren?«, frage ich.
    Satu antwortet: »Viele nehmen die Namen ihrer Kinder, andere nehmen Motive aus den Fünfzigern, den Sechzigern. Neo Classic. Die Tribals aus den Neunzigern werden endlich weniger. Ich danke Gott dafür. Viele sehen mit ihren Tribals schon wieder uniformiert aus. Meine Kunden haben mehr Mut. Ich möchte schöne Tattoos machen, Tattoos, die überraschen und erstaunen. Groß, schön, voller Farben. Mich interessiert alles, was schwierig ist, realistische Darstellungen. Ich mag Kombinationen, viel Farbe, viel Bewegung, ich mag transparente Aspekte und Effekte. Ich möchte mit meinem Talent an meine Grenzen gehen.«
    Sie schaut zu Axel und Miguel und lächelt: »Rockabilly-Leute haben oft schlechte Tattoos.«
    »Wieso?«
    »Weil sie sich oft von ihren Freunden tätowieren lassen, und die können es dann nicht besser. Aber heutzutage sind die meisten bessere Künstler als früher.«
    Ich frage: »Gibt es Grenzen für dich?«
    »Klar, ich würde nie Nazi-Symbole stechen. Und nichts auf Hände und Gesichter, außer Augenbrauen und Leberflecken als kleine Schönheits-Tattoos. Und ich tätowiere keine Genitalien.«
    »Warum?«
    Satu sieht mich an: »Es ist nicht schön, den Penis eines fremden Mannes in der Hand zu halten.«
    Ilse schüttelt den Kopf: »Du fragst Sachen!«
    »Und die Haut ist dort als Fläche nicht interessant. Auch das Gesicht ist ein schwieriger Platz. Es gibt überhaupt große Unterschiede am Körper, die Haut betreffend. Dazu kommt, dass die Haut quasi deine Nationalität ist. Du kannst sie nicht abnehmen, nicht ablegen, nicht ausziehen. Und darum sollte man auch genau überlegen, was man sich tätowieren lässt, nichts Trashiges, sondern ein Bild mit Qualität.«
    »Das klingt aber alles sehr fleißig«, sagt Ilse.
    »Tätowieren ist kein Spaß, Mama«, sagt Axel grinsend.
    Satu nickt: »Ich nehme meine Arbeit sehr ernst, ich arbeite hart, um gut zu sein. Mein Leben ist zeichnen und tätowieren.«
    Hermann sagt: »Ich habe die Bilder lieber an der Wand, dann kann man die leichter umhängen!«
    »Aber wie kommt man darauf, so was zu machen?«, fragt Ilse.
    »Es ist wie ein innerer Ruf, du machst es, weil du es tun musst. Das ist kein Hobby wie bei manchen Malern, irgendwas treibt dich, das zu tun.«
    Satu plant ein Buch über ihre Arbeiten. Axel und Viivi sind absolute Fans, und beide haben schon Motive von Satu am Körper.
    Ilse fragt: »Erzählen deine Tattoos etwa auch was von dir, Axel?«
    Er nickt.
    »Und?«, fragt Ilse. »Was steckt dahinter?«
    Axels erstes Tattoo war ein Büffelschädel. Er studierte damals Amerikanistik in Duisburg und bereiste Indianerreservate in den USA , er war in Montana, Nord- und Süd-Dakota, Nebraska und Wyoming, im Crow-Reservat und in den Black Hills. Axel erzählt begeistert von der Begegnung mit den Indianern, den Sioux, den Su, den Lakota. Von allen Reisen brachte er ein neues Tattoo mit zurück, eine tätowierte Wolfsklaue, dann einen Adler, einen Traumfänger: »End of the trail. Ein erschöpfter Indianer auf einem Pferd. Als Erinnerung an die verlorene Kultur.«
    Von einer anderen Reise stammt ein Drache auf seiner Brust, und so, erklärt er uns, sind diese Tätowierungen auch für ihn immer Symbole für Lebensstationen und Orte, an denen er gewesen ist. Inzwischen hat Viivi ihm mehrere Motive gestochen.
    Ilse sieht Axel skeptisch an: »Das tut doch weh.«
    »Klar tut das weh. Tätowieren ist schmerzhaft. Mal mehr, mal weniger. Wer was anderes erzählt, der lügt!«
    »Aber warum denn dann, Axel.«
    »Mama, das sind quasi Andenken. Wie die kleinen Metallwappen von den Wanderhütten, die ihr euch auf den Wanderstock nagelt. Es sind Erinnerungen an Augenblicke in deinem Leben. Orte, an denen du gewesen bist. Ein Schriftsteller schreibt es vielleicht auf.«
    Hermann grinst: »Bei dem ist es aber nicht so schlimm, wenn er sich mal verschreibt!«
    Ich bin die ganze Zeit schon erstaunt: »Ilse, du interessierst dich aber sehr.«
    »Vielleicht lasse ich mir ja auch mal so was machen. Von Viivi.«
    »Von mir?«
    »Klar«, sagt Ilse, »von wem denn sonst? Axel hast du doch auch schon tätowiert.«
    Viivi flüstert mir zu: »Meint sie das ernst?«
    »Weiß nicht!«
    Erschrocken flüstert sie zurück: »Stell dir vor, ich verhaue das Bild …«
     
    Mein Handy brummt. Wieder eine SMS . Natürlich Isabel: »Was machst du?«
    »Sitze bei zwei

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