Finnischer Tango - Roman
war. Wie üblich gab er sicherheitshalber sich selbst die Schuld.
Eine halbe Stunde später saß das einstige Paar an einem Ecktisch in dem Restaurant und untersuchte schweigend,welche Delikatessen des Mittelmeeres angeboten wurden. Ratamo hatte Riitta zum Mord an Dworkin so ausführlich auf den neuesten Stand gebracht, dass er für einen Augenblick schon befürchtete, er könnte ihr den Appetit verdorben haben. Zuletzt hatten sie vor anderthalb Jahren in Den Haag, in Holland, zusammen in einem Restaurant gegessen und danach in Riittas Wohnung miteinander geschlafen. Das war ihr letztes Mal gewesen. Ratamo irritierten diese Erinnerungen, sie weckten nur alte Gefühle.
Schließlich brach Riitta das Schweigen: »Es tut gut, wieder in Helsinki zu sein. Ich habe mich zwar in Den Haag und vor allem bei Europol wohl gefühlt, aber irgendwie kam man sich sehr wie ein Außenseiter vor. So, als würde man nur für die Arbeit leben, weil es da eigentlich nichts anderes gab.«
»Das war doch aber sicher interessant, zu sehen, was bei Europol gemacht wird. Ich spiele selbst ein wenig mit dem Gedanken, mal den Ort zu wechseln.«
»Und Nelli?«, fragte Riitta erstaunt.
»Man muss ja nicht unbedingt ins Ausland gehen.« Ratamo hatte keine Lust, weiter über seine Pläne sprechen, weil er selbst noch nicht genau wusste, was er wollte. Deshalb wechselte er das Thema: »Wie gefällt es dir übrigens jetzt bei der SUPO?«
»Ganz gut, obwohl ich manchmal Sehnsucht nach Ketonen habe. Jussi hatte alles im Griff, niemand hat sich getraut, ihm gegenüber den großen Max zu spielen. Nicht einmal Wrede.«
Ratamo trank sein Wasser aus und füllte das Glas gleich wieder.
»Heute hat Ketonen die Hälfte seiner Zeit bei uns zu Hause Bereitschaftsdienst.«
»Ich habe übrigens von Melissa wieder eine neue Zusammenfassung bekommen.« Riittas Miene verriet, dass der Berichtdes Sicherheitsdienstes der Briten etwas Interessantes enthielt.
»Anscheinend seid ihr gute Kumpels?«
»Ach, Melissa und ich? Na ja, eigentlich schon. Ein großer Teil der Frauen bei Interpol waren Singles, nur ziemlich wenige Frauen mit Familie können einen Auslandseinsatz machen«, sagte Riitta und warf Ratamo einen vieldeutigen Blick zu.
Ratamo erschrak, womöglich hielt Riitta nun eine Vorlesung über die Gleichberechtigung im Arbeitsleben. »Du hast gesagt, du hättest neue Informationen über Dworkin.«
Der Köder funktionierte, Riitta biss sofort an: »Ja, tatsächlich. Es scheint, als hätte Wassili Arbamow im Laufe des letzten Jahres etliche professionelle Kriminelle aus der Gegend von Petersburg als seine Helfer eingestellt«, erwiderte Riitta. »Auch German Dworkin. Aber das ist nur eine Lappalie verglichen mit den eigentlichen Neuigkeiten.«
Das Gespräch brach ab, denn die Kellnerin kam angerauscht, ergriff das Wort und erkundigte sich nach ihren Wünschen.
»Full Meze. ›Elf verschiedene warme sowie kalte Spezialitäten, wird in Schüsseln serviert.‹ Das hört sich gut an«, sagte Ratamo und lächelte dabei wie ein kleiner Junge am Eiskiosk.
»Etwas weniger würde mir auch reichen, andererseits …« Riitta studierte die Speisekarte, »… habe ich früh nur einen Joghurt und ein steinhartes Croissant gegessen.«
Ratamo vermutete erfahrunsgemäß, dass Riitta nun lange nachdenken würde, und so vertiefte er sich selbst in die Speisekarte. Das Wasser lief ihm im Munde zusammen, als er las, was Full Meze alles enthielt. Humus kavurma: Kichererbsenmus mit Sesam, Piniensamen und gebratene Lammfleischwürfel. Kisir: Nüsse, Bulgur, Salat, als Gewürz orientalische Kräuter. Imam Bayildi: leicht gewürzteAubergine gefüllt mit einer Mischung von Tomaten, Zwiebel, Paprika …
»Zwanzig Euro ist aber ziemlich viel für ein Mittagessen«, murmelte Riitta.
Ratamo hatte seinen Appetit schon so angefacht, dass die Flamme loderte und nicht mehr zu löschen war. Er beschloss, seiner Begleiterin die Entscheidung leichter zu machen. »Diesmal bin ich dran, ich lade dich ein.«
Jetzt zögerte Riitta nicht mehr und bestellte die vegetarische Version des Full Meze. Dann suchte sie einen Rotwein aus, sie wusste zwar genau, dass Ratamo die Merlot-Traube nicht mochte, wählte aber trotzdem für beide ein Glas Alexis Lichine. Die Kellnerin entfernte sich mit einem höflichen Lächeln.
»Ich weiß nicht, ob ich das noch erzählen soll, Melissa hat mir vor ein paar Stunden wirklich gewichtige Informationen über Takfir wal Hijra geschickt. Auch Palosuo weiß davon
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