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Finnischer Tango - Roman

Finnischer Tango - Roman

Titel: Finnischer Tango - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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aus.«
    »Sie werden erst gebraucht, wenn alles … bereit ist. Wir holen Sie dann ab.« Der Türke beendete das Gespräch, ohne sich zu verabschieden.
    In der Sepänkatu schaute Eeva eine Weile neidisch dem fröhlichen Treiben der Kinder auf der Eisbahn zu. So unbekümmert würde sie auch gern sein. Das Wort forfeit , das der Türke einmal mehr verwendet hatte, ging ihr durch den Kopf. Warum fiel ihr nicht ein, wo sie es gehört hatte? Sie tauchte in ihr Gedächtnis ab und stöberte darin: Menschen, Situationen, Auslandsreisen und Fernsehserien, aber das einzige Ergebnis war die zunehmende Angst, dass ihr Zahlengedächtnis nicht alles war, was man von ihr wollte.
26
    Bald war es so weit, dann gab es kein Zurück mehr, dann hatte sein Leben keinen Wert mehr, aber einen Sinn. Veikko Saari schaute über den dichten Verkehr auf dem Newski-Prospekt hinweg zur Hunderte Meter breiten prächtigen Fassade des Warenhauses Gostiny Dwor und genoss es, dass er nach langer Zeit wieder einmal Stolz empfand: Er würde mithelfen, einen skrupellosen Drogenhändler zu vernichten, Wassili Arbamow.
    Die Kindheitserinnerungen ließen ihn nicht in Ruhe. Eben hatte er wieder einmal die in der Sowjetunion geschriebenen Aufzeichnungen seines Vaters über die Verhöre gelesen, obwohl er sie auswendig kannte: Soldat Matti Saari wurde am 22. 6. 1941 im Alter von siebenunddreißig Jahren zurfinnischen Armee einberufen und nach Kuopio geschickt. Bis Anfang Dezember war er für Bewachungsaufgaben der Stabskompanie eingesetzt. Es folgte die Beförderung zum Gefreiten. Dann wurde er krank und lag bis zum Jahreswechsel im Lazarett.
    Nach seiner Genesung erhielt er im Januar 1942 sechs Tage Urlaub, von dem er mit drei Tagen Verspätung in seine Einheit zurückkehrte und dafür zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Da man arbeitsfähige Gefangene nicht untätig herumsitzen lassen wollte, wurde der Vollzug der Strafe ausgesetzt und Saari als Lagerverwalter ins Materiallager der Eisenbahn nach Petroskoi geschickt.
    Im April 1942 wurde Saari bei der Neuregistrierung der Wehrpflichtigen wieder in die Armee eingezogen und auf die karelische Landenge in die Granatwerferkompanie des 53. Infanterieregiments geschickt. Im August erkrankte er und wurde in das Lazarett 32 nach Oulu gebracht und dort bis zum Oktober 1942 behandelt. Nach seiner Genesung schickte man ihn in das rückwärtige Ausbildungs- und Versorgungszentrum in Lahti.
    Am 15. 1. 1943 wurde die Vollstreckung der Gefängnisstrafe angeordnet, zu der Saari 1942 verurteilt worden war. Er wurde verhaftet und saß in den Gefängnissen von Hämeenlinna, Sukeva und Riihimäki, bis man ihn am 18. 4. 1943 als Soldat in die Granatwerferkompanie des 101. Infanterieregiments schickte, die in Richtung Karhumäki lag. Am 4. Juni 1943 beschloss Saari, zusammen mit dem Soldat Nevalainen, auf die Seite der Roten Armee überzulaufen, der Grund: keine Lust, weiter Krieg zu führen. Saari überschritt die Verteidigungslinie der Finnen im Planquadrat 9676–5, die Rote Armee verhaftete Saari und verhörte ihn mehrere Tage. Er wurde als Spion zum Tode verurteilt.
    Eine einfache und schmucklose Beschreibung, dachte Saari und spürte wieder die Verbitterung: Sein Bruder Paavo war an der Tuberkulose gestorben, die er in einem sowjetischen Kriegsgefangenenlager bekommen hatte, sein Vater, der Überläufer, wurde in Leningrad als Spion erschossen,und in gewisser Weise hatte der Krieg auch ihn selbst vernichtet. Das Erbe seines Bruders, eine Schachtel Herointabletten der Armee, hatte ihm dreißig Jahre Hölle eingebracht. In den vierziger und fünfziger Jahren war Heroin ein ganz normales Medikament gewesen, es wurde noch in den vierziger Jahren sogar zur symptomatischen Behandlung nach übermäßigem Alkoholgenuss verschrieben. Kaum jemand wusste, dass der Heroinverbrauch der Finnen zu jener Zeit, bezogen auf die Einwohnerzahl, Weltspitze war.
    Nachdem er abhängig geworden war, hatte er über Jahre hinweg seine ganze Freizeit für die Beschaffung von Drogen geopfert: Er hatte Rezepte gefälscht, Ärzte belogen, Apothekenangestellte und Krankenschwestern bestochen und, nachdem er Polizist geworden war, auch seine Beziehungen missbraucht. Schließlich war er von Heroin auf leichtere Drogen umgestiegen, zunächst auf natürliche Opiate, Morphin und Kodein, dann auf synthetische Opiate, Methadon, Petidin und Buprenorphin, bis es ihm endlich gelang, ganz aufzuhören. Doch da war er schon ein alter Mann, der nichts

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