Finnischer Tango - Roman
eines Finnen überfallen hat.«
»Und wie heißt der? Antti Hytölä?«, fragte Ratamo voller Eifer. Hatte Eevas Ex-Mann doch mit den Ermittlungen zu tun?
»Die Petersburger Miliz bittet die KRP und uns um Angaben zu einem Mann namens Veikko Saari. Und sie fragt an, ob es bei ihm irgendeine Verbindung zu den Ermittlungen in dem Heroinfall in Petersburg und Helsinki gibt.«
Ratamos Interesse erlosch, er hatte noch nie etwas von einem Saari gehört.
»Veikko Saari ist ein ehemaliger Polizist. Er hat über dreißig Jahre in der KRP gearbeitet und ist im Jahr 2000 in Rente gegangen. Ein Bericht über den Mann liegt auf deinem Tisch. Es könnte dich interessieren, Saari wohnt nämlich in der Sepänkatu, im selben Haus wie Eeva Hallamaa.«
Ratamo war von der neuen Information überrascht und wandte sich ab, um zu gehen, aber Wrede fuhr fort:
»Man müsste in dem ganzen Fall endlich ein Gesamtbild umreißen. Wie hängen die Morde an Kirilow und Dworkin mit dem gemeinsamen Drogengeschäft von Arbamow und Takfir zusammen? Wer hat Arbamows Dealer in Finnland umgebracht und warum? Wollen wir nicht vor der Weihnachtsfeier ein Bier trinken gehen und über diese Dingenachdenken? Wir könnten bei der Gelegenheit auch mal kurz über die derzeitige Lage in der SUPO reden.«
»Ansonsten gerne, aber im Moment nicht. Ich habe absolut keine Zeit, ich muss Nelli von der Reitstunde abholen und … na ja, offen gesagt, den Haushalt machen. Das ist eben der Alltag eines Alleinerziehenden.« Ratamo verließ das Zimmer des Schotten. Warum versuchte der sich mit ihm zu verbünden, mit einem gewöhnlichen Oberkommissar? Oder suchte Wrede nur jemanden, mit dem er sich unterhalten konnte, vielleicht fühlte er sich nach seiner Scheidung einsam. Würde auch er so werden, wenn Nelli irgendwann zu Hause auszog? Ratamo erschrak bei dem Gedanken und nahm sich einmal mehr vor, wieder öfter den Kontakt mit seinen Freunden zu suchen.
Kurze Zeit später betrat Ratamo sein Zimmer und versuchte, die Tür zu schließen, aber ein Pappkarton voller Unterlagen stand im Wege. Das Durcheinander machte ihn unruhig. Er warf einen Blick auf die Wanduhr, und ihm wurde klar, dass sich ihm eine günstige Gelegenheit bot: Er würde den Papierkram zu Hause erledigen und alle noch ungelesenen Berichte durchgehen, die sich auf seinem Schreibtisch angesammelt hatten, er könnte sogar die Sauna anheizen und vor der Weihnachtsfeier eine Weile die selige Ruhe des Alleinseins genießen. Nelli war mit Kirsi beim Reiten. Eigentlich sollte Ratamo die Mädchen hinbringen, aber in der Annahme, dass er bis abends auf der Arbeit schwitzen würde, hatte er den Auftrag schon am Vormittag in weiser Voraussicht an Marketta delegiert.
Plötzlich fielen Ratamo Nellis Laborergebnisse ein. Er rief die Ärztin an, eine Bekannte, die seine Tochter behandelt hatte, und musste sich widerwillig anhören, wie sich die Frau erst beklagte, sie hätte es eilig, dann über die Chefs des HUS herzog und kein gutes Haar an ihnen ließ und zum Schluss sicherheitshalber auch noch die HelsinkierKommunalpolitiker und die Leute beschimpfte, die ihren Hund ausführten. Die Ergebnisse der Tests würde er frühestens am nächsten Tag erfahren.
Er stopfte die Unterlagen auf seinem Schreibtisch und aus dem Fach mit den Posteingängen in eine uralte Ledertasche, dabei fiel sein Blick auf den Namen Adil al-Moteiri. Er zog das Blatt aus dem Stapel heraus und wusste nicht, was er denken sollte, als er in dem Überwachungsbericht las, dass Eeva Hallamaas ehemaliger Freund im Hotel »Kämp« wohnte, und das schon seit zwei Wochen. Da musste man zwangsläufig auf die Idee kommen, dass der Mann irgendetwas mit den Ereignissen der letzten Tage zu tun hatte. Warum hätte Eeva sonst gelogen und behauptet, sie kenne ihn nicht?
Zwölf Minuten später drückte Ratamo seine Wohnungstür von innen zu und schüttelte sich die schneebedeckten Schuhe von den Füßen, allerdings so heftig, dass einer von ihnen an die fast zwei Meter hohe Standuhr flog und die Glastür nur um ein paar Zentimeter verfehlte. Am Kratzen auf den Dielen hörte er, dass Musti herbeikam, aber sie interessierte sich mehr für den Geruch der Schuhe als für ihr Herrchen. Ratamo brachte seine Tasche ins Wohnzimmer, stellte fest, dass die Wohnung saubergemacht werden müsste, kehrte in den Flur zurück, um die Jacke auszuziehen, und wollte sich gerade aus der Küche ein Bier holen, als eine vertraute Stimme ihn erstarren ließ.
»Menschenskind, dieser
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