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Finnisches Blut

Finnisches Blut

Titel: Finnisches Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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stark, daß er den Einschätzungen der Analysten nicht mehr traute. Die Ereignisse des Jahres 1991 durften sich nie wiederholen, der Crash an der Börse damals hatte sein Vermögen um ein paar hunderttausend Finnmark verringert. Zum Glück hatte er wenigstens nicht mit Krediten spekuliert, das hätte ihn ruiniert. Er wäre genauso arm geworden wie seine Eltern früher, doch Mangel wollte er nie wieder erleben.
    Vairialas einziges Hobby bestand darin, Geld zu verdienen. Dafür verwendete er seine ganze Freizeit und alles verfügbare Geld. Seine Frau behauptete zwar, er sei schon zu geizig und geldgierig geworden, aber sie verstand nichts von Geld. Ein Kleid für zweitausend Finnmark bedeutete Kosten, die sich nicht rentierten, aber wenn man das gleiche Geld in Aktien investierte, konnte das den Einsatz in kürzester Zeit verdoppeln.
    Ein Diamant entsteht unter großem Druck, sagte sich Vairiala und beschloß, noch zu warten.

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    Als Hämäläinen das Zimmer verlassen hatte, hielt es Ratamo nicht mehr aus, er stand auf und lief unruhig um den Tisch herum. Der Chef der Aufklärungsabteilung erklärte Hämäläinen womöglich gerade, warum Kaisa ermordet worden war, und ihn ließ man hier in dem trostlosen Raum warten. Allmählich hatte er genug.
    Ratamo öffnete die Tür und schaute verstohlen hinaus. Da niemand zu sehen war, ging er zu dem Zimmer, an dessen Tür eine gelbe Lampe leuchtete und anzeigte, daß ein Telefongespräch geführt wurde.
    Er lauschte angestrengt. »… was hat der Mord mit der nationalen Sicherheit zu tun. … ist doch eine Mordsache. Die … die ersten Stunden direkt nach dem Mord sind die allerwichtigsten …«
    Es trat eine Pause ein. Ratamo hatte Hämäläinens Stimme erkannt und zog die Tür noch ein paar Zentimeter weiter auf. Er sah die Hälfte vom Hinterkopf des Kommissars.
    »Was! Ratamo hat seine Frau und seinen Vorgesetzten umgebracht und Staatsgeheimnisse verkauft! Na, warum zum Teufel hast du das nicht gleich gesagt. So ein Hochverräter muß natürlich euch übergeben werden.«
    Um ein Haar hätte Ratamo vor Überraschung laut aufgeschrien. Er glaubte, sein Herz bliebe stehen. Hämäläinens Worte hallten in seinen Ohren wider: …
seine Frau und seinen
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Vorgesetzten umgebracht und Staatsgeheimnisse verkauft
… Ratamo machte auf dem Absatz kehrt und stürzte los in Richtung Fahrstuhl. Unterwegs holte er sich schnell aus dem Verhörraum Hämäläinens seidenen Sommermantel und rannte dann die Treppe hinunter. Vor dem Foyer, in dem der Diensthabende saß, zwang er sich, langsam zu gehen, und passierte den Schalter, ohne zur Seite zu blicken. Wo sollte er hingehen? Jedenfalls mußte er das Zentrum verlassen. Er lief in aller Ruhe an den Polizeifahrzeugen vorbei, die vor dem Gebäude standen, bog in die Kasarmikatu ab und rannte los, so schnell er konnte.
    Ratamo hatte das Gefühl, daß er allmählich durchdrehte. Manneraho war also auch tot. Und man versuchte das Ganze so zu inszenieren, daß es aussah, als wäre er an beiden Morden und noch viel schwererwiegenden Dingen schuld! Auch die Polizei war nicht auf seiner Seite. Er kapierte überhaupt nichts mehr. Beim Studium wurde man auf so etwas nicht vorbereitet. Schritt für Schritt wurde ihm jedoch immer klarer, in welcher Gefahr er sich befand. Kaisa war von jemandem ermordet worden, der Macht, Insiderwissen und Fachkenntnisse besaß. Nicht jeder beliebige Killer wäre imstande, die Polizei und die Aufklärungsabteilung zu manipulieren. Dieser Mann hatte schon bewiesen, daß er skrupellos genug war, jedes Mittel einzusetzen, um seine Ziele zu erreichen. War wenigstens Nelli vor dieser unbekannten Gefahr in Sicherheit? Sie mußte sofort in ein Versteck gebracht werden.
    Während Ratamo rannte, überlegte er, wo er anrufen könnte. Um diese Zeit an einem Donnerstag waren alle seine Bekannten, die in der Nähe wohnten, schon zur Arbeit gegangen. Er hatte kein Geld und kein Handy, also mußte er in irgendeinem Geschäft telefonieren. An der Kreuzung von Kasarmikatu und |111| Tehtaankatu blieb er stehen. Plötzlich fiel ihm ein, daß es in der Nähe einen kleinen Lebensmittelkiosk gab. Der Weg dahin führte an seiner Wohnung vorbei. Das Haus zu sehen schmerzte.
    In dem Kiosk schaute sich Ratamo schnell um. Die Uhr an der Wand zeigte neunzehn Minuten nach zehn. Es duftete nach frischem Gebäck, das in einer Glasvitrine auslag.
    »Gibt es hier ein Telefon?« fragte er die grauhaarige Verkäuferin.
    »Wir haben nur dieses

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