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Finnisches Blut

Finnisches Blut

Titel: Finnisches Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Armee, von der finnischen Polizei und einem der berüchtigtsten und effektivsten Nachrichtendienste der Welt gejagt.
    Er schreckte aus seinen Gedankengängen auf, als der Bus am Bahnhof Pukinmäki ankam. Jetzt war er sicherlich weit genug vom Zentrum entfernt. Niemand käme auf die Idee, ihn hier zu suchen.
    In der Eskolantie stieg er aus und ging ein paar Meter bis zur Säterintie, der Einkaufsstraße von Pukinmäki. Ratamo schaute auf die Uhr. Zwanzig vor neun. Er beschloß, einen kleinen Spaziergang zu machen und seine Schwiegermutter anzurufen, sobald er sich so weit beruhigt hatte, daß er mit ihr reden konnte. Er mußte sich vergewissern, daß Nelli in Sicherheit war. Einen Augenblick überlegte er, ob er Pirkko Jalava anrufen sollte, beschloß dann aber, ihr die Neuigkeiten erst zu erzählen, wenn sie sich in ihrer Wohnung sahen.

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    Oberst Igor Sterligow vom SVR, dem russischen Auslandsaufklärungsdienst, schob mit der linken Hand eine schneeweiße Haarlocke beiseite, die ihm in die Stirn gerutscht war. Sein gerötetes Gesicht wirkte angespannt und ernst. Er saß im Dienstzimmer des Chefs der SVR-Filiale in Helsinki, das sich in der russischen Botschaft befand, und verfluchte Arto Ratamo. Der Mann war geflohen, während sie den Einbruch in die EELA vorbereitet hatten. Das war unverzeihlich. Wenn sich das herumsprach, würde er im ganzen SVR zum Gespött der Kollegen. Er war gezwungen, Ratamo zu finden, bevor der die Formel des Antiserums übergeben konnte. Rußland mußte die Fähigkeit erlangen, sich gegen Ebola-Helsinki zu verteidigen. Er hatte schon den Befehl erteilt, alle denkbaren Maßnahmen zu ergreifen, um den Mann aufzuspüren. Die Kontakte des SVR in Finnland waren aktiviert, sie sollten sich nach Informationen im Zusammenhang mit Ratamo umhören. Seine Familienverhältnisse und Beziehungen zu Freunden wurden unter die Lupe genommen.
    Anders als viele frühere hohe sowjetische und russische Geheimdienstoffiziere in Finnland mied Sterligow die Öffentlichkeit. Zur Tarnung trug er den Titel Erster Botschaftssekretär, zuständig für die Unterstützung der in Finnland tätigen russischen Unternehmen. Die von ihm geleitete Nachrichtendienstfiliale in Helsinki umfaßte sechs Abteilungen für folgende |214| Bereiche: die Aufklärung auf politischem und politisch-ökonomischem Gebiet sowie in Wissenschaft und Technik, die Gegenspionage, die Signalaufklärung, die operative Technik sowie die Unterstützung der Illegalen. Die letztgenannte Abteilung kümmerte sich um jene, die sich unter falscher Identität im Lande aufhielten.
    Sterligow konnte sich ganz der Spionage widmen, weil er dank der Stellung, die er zur Tarnung bekleidete, kaum anderes zu tun hatte. Seine Berichte lieferte er niemandem in Helsinki, sondern nur seinem Vorgesetzten in Moskau, Anatoli Nuikin, dem stellvertretenden Chef des SVR. Der Schwerpunkt in der Arbeit der Nachrichtendienstfiliale in Finnland wie auch des ganzen SVR lag nicht mehr auf der politischen Aufklärung. In den neunziger Jahren war durch Anweisungen der Chefs des Dienstes und auf der Grundlage von Gesetzen und Erlassen des Präsidenten als Aufgabe des SVR die Beschaffung von Informationen festgelegt worden, die dem ökonomischen Wohlergehen Rußlands dienten. Die wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Aufklärung des SVR war in den letzten zehn Jahren erfolgreicher gewesen als die des KGB jemals zuvor. Allein den Vereinigten Staaten waren dadurch nach dortigen Schätzungen Verluste in Höhe von Hunderten Milliarden Dollar entstanden.
    Es war kurz vor neun, als Sterligow eine kleine Salzgurke erst in Smetana tunkte und dann in den Mund steckte. Er hatte in der Küche darum bitten müssen, daß man ihm etwas zu essen brachte. Das würde schon die zweite schlaflose Nacht hintereinander werden. Der Entdeckung des Gegenmittels durch Ratamo war der SVR auf die Spur gekommen, als das Tonband transkribiert wurde, auf dem die an diesem Tag in den ausgewählten Objekten abgehörten Gespräche aufgezeichnet |215| waren. Der SVR konnte nicht ohne weiteres wissen, was von dem Inhalt der Gespräche zwischen Siren, Vairiala, Manneraho und Ketonen im Operativen Stab stimmte und was gelogen war, aber er hatte sich sofort an die Arbeit gemacht.
    Daß in der EELA das im Mai entdeckte Ebola-Virus aufbewahrt wurde, war dem SVR schon bekannt gewesen. Bei dem Einbruch in das Institut in der Nacht zum Donnerstag stellten die Russen fest, daß sich die Formel für das

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