Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)
von Firmen geleert hatten, deren Hauptsitz und Finanzverwaltung sich in Ländern befanden, in denen zum Zeitpunkt des Einbruchs Nacht herrschte.
Das Telefonat war zu Ende, und Riitta Kuurma seufzte hörbar. Sie war nahe dran gewesen. Wenn die Tommilas gleich zu Hause gewesen wären, hätte sie das Verbrechen vielleicht verhindern können.
Die Sportseiten im Videotext verschwanden, als Ketonen auf die Fernbedienung drückte. Er faltete »Ravit«, das Trabsport-Magazin, zusammen und tätschelte Musti den Scheitel. Jetzt begann der letzte Akt. Mit dem Raub bei der National Bank hatte sich das Motiv für den Datendiebstahl bei DataNorth geklärt.Die nächsten Tage würden zeigen, welche Auswirkungen das für die finnischen Firmen hatte. Das erste Mal in seinem Leben interessierte sich Jussi Ketonen für die Börsenkurse. Wenn alle Unternehmen, die das Inferno-Programm verwendeten, ihre Datensysteme schlossen, würden Data-North, Finn Security und SH-Secure in einer Flut von Klagen ertrinken. Würde der Online-Bankraub zu einer Welle der Unsicherheit an den Börsen der Welt führen?
Jetzt war bei ihren Ermittlungen alles so straff gespannt wie eine Angelschnur, an der ein Königslachs zerrte.
Wegen dieser Augenblicke hatte er es über dreißig Jahre lang bei der Polizei ausgehalten.
SONNTAG
54
Sterligow las die E-Mail auf dem Computer im Keller und sah zufrieden aus. Er hatte denselben Fehler wenigstens nicht ein zweites Mal begangen; Irina würde nur Gott wiederbeleben. Oder der andere Seelensammler. Auf dem Bildschirm wurde angezeigt, dass eine neue Nachricht eingegangen war. Sterligow überflog sie und spürte, wie Wut und Hass in ihm hochschossen. Wiremoney war geschlossen worden.
Plötzlich stand er auf und blieb reglos stehen, weil ein dumpfes rhythmisches Knattern zu hören war. Er lauschte angestrengt. Ein Hubschrauber. War ihm jemand auf der Spur? Guoanbu oder die SUPO? Was zum Teufel war hier im Gange?
Metall knirschte, als der an den Stuhl gefesselte Ratamo auf Sterligow zu stürzte und ihn mit dem Kopf in die Seite rammte. Beide flogen an die Kellerwand, krachten zu Boden und lagen sich gegenüber. Ratamo roch Sterligows Atem und fühlte blinden Hass. Für einen flüchtigen Moment starrten sie einander an, und Ratamo sah in Sterligows Augen den gleichen Hass. Plötzlich fuhr die Hand des Russen durch die Luft, und um Ratamo herum wurde es Nacht.
Sterligow streckte die Finger nach seiner Waffe aus, doch da trat ein Fuß auf seine Hand. Er blickte nach oben und sah ängstliche Augen. Sterligow lächelte: So einen schwächlichen Gegner hatte er schon seit einer Ewigkeit nicht töten dürfen. Völlig unvermittelt schlug Tommila ihm mit der Faust ins Gesicht. Er schwankte einen Augenblick am Abgrund der Bewusstlosigkeit,und als er sich wieder erholt hatte, schaute er in den Lauf seiner eigenen Waffe.
Tommilas Hand mit der Pistole zitterte. Er zielte auf das Bein des Geiers und erinnerte sich daran, dass der Oberschenkelknochen des Menschen härter war als Beton. Sein Herz hämmerte wie eine Pfahlramme. Er starrte den Mann an, der seine Zehe abgeschnitten und seinen Unterleib mit Strom gefoltert hatte. Bis gestern hatte er geglaubt, dass es solche Kreaturen nur in der allmächtigen Welt der Phantasie gäbe. Dieser Sadist verdiente es nicht zu leben. Davon war er so überzeugt wie noch nie in seinem Leben von irgendetwas. Er musste schießen. Auch der Plan erforderte es. Er hätte dann ein perfektes Alibi. Alles war bereit. Dennoch zögerte er abzudrücken. Was hielt ihn auf?
Ratamo hatte sich auf die Knie erhoben. Aus seinem Mund floss Blut. Der Geschmack war bitter, aber vertraut: Seine Lippen waren nach Unfällen beim Eishockey oft genäht worden. Mit der Zunge fühlte er scharfe Kanten, ein Zahn war abgebrochen. »Schieß, verdammt noch mal! Schieß doch!«, brüllte er. Hatte Tommila immer noch nicht kapiert, wie gefährlich Sterligow war? Der Mann konnte dem Jungen die Waffe im Handumdrehen entreißen, und dann wären sie beide tot. Er bemerkte, dass er begierig den Tod des Psychopathen herbeisehnte. Hoffentlich würde es in Sterligows Hölle verdammt kalt sein.
Sterligow sah das Zittern von Tommilas Hand und die Unschlüssigkeit in seinem Blick. Er stand langsam auf und machte einen Schritt auf die Waffe zu. Tommila schoss. Der Knall hallte im Keller wieder, und Steinstaub flog durch die Luft. Sterligow zögerte einen Augenblick. Tommila zielte mit der Waffe auf ihn, und das Knattern
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