Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)
und sah in der Ferne grüne Gestalten, Polizisten mit ihren Hunden. Er rannte los in Richtung Auto. Der Hubschrauber ratterte so laut, dass ihm das Trommelfell weh tat.
Wrede schaute auf das Zielobjekt, das im Lichtkegel des Scheinwerfers durch den tiefen Schnee watete, und nahm das Mikrofon zur Hand: »
This is the police. Stop running and get down. Stop running. This is the police!
« Die Megaphone des Hubschraubers dröhnten, als er den Satz langsam und deutlich abwechselnd in Englisch und Finnisch wiederholte. Sterligow beschleunigte sein Tempo und verschwand von Zeit zu Zeit in dem Schneegestöber, das die Rotorblätter aufwirbelten. Der Mann dachte gar nicht daran, sich auf den Rücken zu legen wie eine junge Katze.
Den Hinterhalt hatten ganz sicher Finnen gelegt, überlegte Sterligow. Guoanbu würde es nicht wagen, auf dem Territorium eines fremden Staates so eine auffällige Operation durchzuführen. Sein Auto hatte man unbrauchbar gemacht. Motor- und Kofferhaube waren aufgeklappt und der Motor zertrümmert.Sterligow tauchte unter das Auto und riss das feuerfeste Klebeband ab, mit dem er die Maschinenpistole »Bizon-2« an der Ölwanne befestigt hatte. Er entsicherte die Waffe und ging zurück auf den Pfad. Nun würde er wenigstens nicht als einziger seinen letzten Weg antreten …
Man hatte die Hunde losgelassen. Sie hetzten auf Sterligow zu, und ihr Gebell verschmolz zu einem Heulen, das unausweichlich näher rückte. Mit einem Köter wäre er spielend fertig geworden, aber es waren fünf Hunde. Zu viele. Und sein Auto funktionierte nicht. Spezialeinheiten und Scharfschützen waren sicher auch schon hier. Er saß in der Falle. Wenn er gefasst wurde, bedeutete das die Auslieferung an Russland. Und somit das Todesurteil oder lebenslange Haft, was in Russland praktisch dasselbe war.
Sterligow schaute zu Boden und bekreuzigte sich, dann sah er eine Gestalt am Eingang der Hütte. Sie war breitschultriger als Tommila. Ratamo. Sterligow hielt die Maschinenpistole im Anschlag und stürmte los.
Ratamo ging in die Hocke und wartete darauf, dass die Scharfschützen das Feuer eröffneten. Wredes metallische Stimme wurde lauter. Die Befehle, stehen zu bleiben, blieben ohne Wirkung, Sterligow war schon etwa zwanzig Meter gerannt. Ratamo erhob sich. »Schießt endlich, verdammt noch mal!«, schrie er aus vollem Halse, als der Russe nur noch hundert Meter entfernt war. Ratamo zielte auf den rennenden Sadisten. Die Hunde hatten sich Sterligow bis auf wenige Meter genähert. Würden sie ihn noch rechtzeitig fassen? Das Dröhnen der Rotorblätter und die Befehle über das Megaphon rauschten in den Ohren, Schnee wurde aufgewirbelt.
Sterligow feuerte, Ratamo schoss, und am Waldrand blitzten Mündungsfeuer auf.
55
Ketonen und Kuurma rannten im zweiten Kellergeschoss der SUPO am Fitnessraum und Schießstand vorbei bis zur Garage und stiegen in einen Opel Omega, Riitta Kuurma auf den Fahrersitz. Das Krankenhaus Töölö war etwa zwei Kilometer von der Ratakatu entfernt, also würden sie auf den um diese Zeit fast leeren Straßen in wenigen Minuten dort sein. Simo Tommila musste sofort verhört werden, auch nachts um halb zwei, und dass der Mann nach Angaben des Arztes halb bewusstlos war, interessierte sie jetzt nicht.
Ketonen öffnete das Fenster ein Stück, eisiger Wind wehte herein. Er zündete sich eine Zigarette an und hielt die Glut an den Fensterspalt. In dem Luftstrom tanzten die Ränder von Riitta Kuurmas Kopftuch. Piirala hatte mit seinen Männern den Computer in der Hütte sofort überprüft, nachdem Sterligows Tod festgestellt worden war und der MediHeli Tommila und Ratamo weggebracht hatte. Der Einbruch in Wiremoney war von dem Computer im Keller der Hütte aus begangen worden. Die Zahlungsanweisungen waren zur gleichen Zeit erfolgt, als Tommila seine E-Mail an die SUPO abgesandt hatte. Und der Deckname »Hund« war ganz eindeutig von Tommila gewählt worden.
Die Puzzlestücke lagen an ihrem Platz. Tommila war der »Hund«.
Ketonen schämte sich. Warum hatte er Ratamo verdächtigt und nicht erkannt, was das für ein Mann war? Wrede hatte in der Hütte mit Tommila kurz ein paar Worte über die Ereignisse im Keller gewechselt. Ratamo hatte sich todesmutig auf Sterligow gestürzt und Tommila aufgefordert, den Russen zu erschießen, und schließlich war er Sterligow noch gefolgt. Sein Leben hing an einem seidenen Faden, als Sterligow seine letzteSalve feuerte. Ketonen warf die Kippe zum Fenster hinaus und
Weitere Kostenlose Bücher