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Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Titel: Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Therapeutin litt Nelli nur unter sporadischen Angstzuständen, die dazu führten, dass sie scheu war. Ein stabiles und ausgeglichenes Umfeld könnte diese Schwierigkeiten jedoch im Laufe der Zeit beseitigen.
    Ratamo wollte seiner Tochter genau das geben, was die Ärztin verlangte. Er wusste nur allzu gut, was eine unglückliche Kindheit bedeutete. Als seine Mutter starb, war er sieben Jahre alt, danach brach sein Vater völlig zusammen. Ratamo war es gewöhnt, die Verantwortung für alles allein zu tragen. Nelli würde das nicht erleben müssen, das hatte er sich nach Kaisas Tod geschworen.
    Ratamo überlegte, ob er die Ereignisse des vorletzten Sommers selbst schon überwunden hatte, als sein Blick auf einen großen Spiegel fiel. Am Bauch hatte sein früher so durchtrainierter Körper ein paar überflüssige Kilo angesetzt, obwohl er mindestens dreimal in der Woche Joggen ging. Er war ein schlechter Koch und gab allzu leicht Nellis Wünschen in Bezug aufs Essen nach: Pizza, Würstchen, Pommes frites und Hamburger hinterließen unausweichlich ihre Spuren auf der Taille. Zum Glück war er so groß, dass er noch nicht dick wirkte.
    Der Vorhang der Umkleidekabine wurde aufgerissen, und Nelli marschierte erneut wie eine Diva auf ihren Vater zu. Ratamo seufzte erleichtert: Das Kleid war genau so, wie es sein sollte. »Nehmen wir das?«, fragte er sofort.
    »Aber ich habe noch gar nicht alles anprobiert«, erwiderte Nelli und schaute ihren Vater an, als hätte der überhaupt nicht kapiert, worum es beim Shopping eigentlich ging.
    Ratamo bemerkte, dass man Nellis Grübchen deutlicher sah als früher. Der Gedanke, dass sie die von ihm geerbt hatte, erfreute ihn. Zum Glück sah das Mädchen ansonsten mehr ihrer Mutter ähnlich.
    »Du kriegst bei Pick&Mix eine große Tüte Bonbons, wenn wir das Kleid nehmen«, schlug Ratamo vor und bekam sogleich Gewissensbisse. Er bestach sein Kind, um diesen Ort verlassen zu können, an dem er sich nicht wohl fühlte. Ihm wurde etwas leichter ums Herz, als seine Tochter das Angebot annahm, ohne zu zögern.
    Nelli ging sich umziehen, und Ratamos Gedanken schweiften ab zum Begräbnis seiner Großmutter. Die letzten zwei Monate war sie ohne Bewusstsein gewesen. In gewisser Weise erschien es gut, dass sie dann einschlafen durfte. Das künstliche Aufrechterhalten der Körperfunktionen war unmenschlich.Mensch zu sein bedeutete mehr als nur mechanische Atembewegungen.
    Dann fiel Ratamo ein, dass sein Vater zur Beerdigung kommen würde, und er runzelte die Stirn. Nicht einmal zu Kaisas Begräbnis war der Alte aus Spanien aufgetaucht. Angeblich war er krank gewesen. Nelli würde ihren Großvater sicher nicht einmal erkennen. Es ärgerte ihn, dass sie keine Gelegenheit gehabt hatte, seine Eltern kennenzulernen. Glücklicherweise besaß Nelli dafür mütterlicherseits eine umso bessere Großmutter. Für Ratamo war Markettas Klugheit und Sensibilität ein unbestreitbarer Beweis dafür, dass die Evolution die Männer benachteiligt hatte.
    Ratamo beschloss, sich nicht mehr um den Besuch seines Vaters in Finnland zu kümmern. Das letzte Mal hatten sie sich vor Jahren getroffen und danach keinerlei Kontakt mehr gehabt. Aber war das nicht egal, sagte er sich. Der Vater kam ihm genauso fremd vor wie der Kilimandscharo. Den höchsten Berg Afrikas hätte er allerdings gern gesehen.
    Nelli zog ihn am Ärmel, und Ratamo schreckte aus seinen Gedanken auf. Er bezahlte das Kleid und steckte den Plastikbeutel gerade in den Rucksack, als auf seinem Handy die Pink-Panther-Melodie erklang.
    »Hier Jussi Ketonen, grüß dich. Was macht unser Student? Bist du gerade in Eile?« Die Stimme des Chefs der Sicherheitspolizei klang gutgelaunt.
    »Nein. Ich bin mit Nelli beim Einkaufen.«
    Verblüfft hörte Ratamo zu, als Ketonen kurz von den Ereignissen in Miami und Timo Aaltos Rolle im Inferno-Projekt erzählte. Dann bat der Chef ihn, um drei Uhr in der Ratakatu zu sein. Zu Ehren des Abschlusses seiner Ausbildung an der Polizeischule könne er an den Ermittlungen in einem großen Fall teilnehmen.
    Er versprach zu kommen, schaltete das Telefon aus, und wusste nicht, was er denken sollte. Sein erster Impuls war, Himoaalto anzurufen, aber dann wurde ihm klar, dass er an Ermittlungen beteiligt war, bei denen Timo als Verdächtiger galt. Was zum Teufel hatte sein Freund angestellt? Eine nicht näher bestimmbare Unruhe erfasste ihn. Als er das letzte Mal in wichtige Ermittlungen hineingezogen worden war, hatte man seine Frau

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