Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)
Himoaalto. Riitta Kuurma hustete ein paarmal, verdrängte Ratamo aus ihren Gedanken und bat Tommila fortzufahren.
Der junge Mann sagte, er verstehe nicht, wie Aalto oder Laitakari einige der geheimsten Inferno-Daten unbemerkt hätten an sich bringen können. Alle Unternehmen würden ihre wichtigsten Dateien äußerst sorgfältig sichern. Auf dem Computer ließen sie sich nur mit den Kennungen der Personen öffnen, die an ihnen arbeiteten, und jedes Aufrufen oder Ausdrucken der Dateien und jede elektronische Übertragung würden registriert. Zudem hätten die Inferno-Verantwortlichen eine Verpflichtung unterschrieben, die ihre Unternehmen berechtigte, all ihre Aktivitäten am Computer zu kontrollieren, sowohl in der Firma als auch zu Hause. Und dieses Recht zur Überwachung werdeungeniert genutzt. Pauliina Laitakari von Finn Security halte er jedoch für so skrupellos, dass sie nötigenfalls sogar in eine Kinderklinik einbrechen würde. Plötzlich zog Tommila so voller Eifer über Finn Security her, als wäre die Firma schuld an allem Übel der Welt.
Tommilas Verhalten beschäftigte Riitta Kuurma. Lagen die Unternehmen miteinander im Streit oder hegte er persönliche Ressentiments gegenüber Finn Security? Das musste umgehend geklärt werden. Warum blieb ihre Kollegin so passiv, sie schaute Anna-Kaisa verwundert an und zog die Augenbrauen hoch.
»Würden Sie darauf wetten, dass kein Außenstehender in die Datensysteme von DataNorth oder seinen Zulieferern einbrechen kann?«, fragte Anna-Kaisa Holm und sah Tommila erstaunt an, als der ein paarmal kurz lachte.
»Vom Hasardspiel weiß ich nur, dass auf den ursprünglichen Spielkarten lediglich ein König einen Schnurrbart hatte – der Herzkönig. Das habe ich irgendwo gelesen. Ich besitze ein gutes Gedächtnis«, erwiderte Tommila stolz, schaute die Ermittlerinnen dabei aber nicht an. Er erzählte, dass die finnischen Unternehmen jährlich Millionen Finnmark in den Schutz ihrer Datensysteme investierten. Es gebe keinen Cracker, der imstande wäre, die Verschlüsselungssysteme, Firewalls und Antivirusprogramme von DataNorth, Finn Security oder SH-Secure zu knacken. Ein Einbruch in ihre Datensysteme würde für die Firmen das Ende ihrer Geschäftstätigkeit bedeuten. Wenn ein Datenschutz- oder Softwareunternehmen nicht einmal in der Lage wäre, seine eigenen Systeme zu schützen, dann würde sich kein einziger Kunde mehr für sein Know-how interessieren.
Riitta Kuurma starrte auf Tommilas Bartflaum und überlegte, ob sich der junge Mann einen Bart wachsen lassen wollteoder noch keinen Rasierapparat gekauft hatte. Plötzlich fiel ihr ein, dass die Absicht, die finnischen Unternehmen zu ruinieren, auch ein Motiv für den Datendiebstahl sein könnte. Vielleicht war der Schuldige ein skrupelloser Konkurrent. »Ist es möglich, dass irgendjemand versucht, Inferno zu stehlen?«
»Womöglich ist jemand so dumm anzunehmen, dass er das Programm ein wenig verändern und dann als neues Produkt verkaufen kann. Das würde aber nur eine ganze Welle von Klagen nach sich ziehen. Wir besitzen jeden erdenklichen IPR-Schutz.« Tommila sah, dass Riitta Kuurma nicht verstand, was er meinte, und erklärte ihr ungeduldig, DataNorth habe alle Rechte an der Inferno-Software weltweit patentiert, registriert oder auf andere Weise geschützt. Das Programm sei eine unerschöpfliche Geldquelle, die ihnen niemand wegnehmen würde.
Tommila verstummte, als eine junge Frau das Zimmer betrat, ohne anzuklopfen. Aufgeregt berichtete sie, der Börsenkurs des Unternehmens sei im Laufe des Vormittags in Helsinki schon um acht Prozent gestiegen. Auf dem Markt gebe es ein Gerücht, wonach das »Time Magazine« DataNorth an die Spitze seiner Liste der fünfzig heißesten europäischen Unternehmen setzen wolle.
Die Tür knallte, als die junge Frau nach ihrer Freudenbotschaft genauso schnell wieder verschwand, wie sie aufgetaucht war. Die Probleme der Technologiebranche in der letzten Zeit betrafen DataNorth anscheinend nicht, dachte Riitta Kuurma und betrachtete ihren Gastgeber. Waren im Gesicht des jungen Mannes Anzeichen von Habgier zu erkennen? Tommilas Vorleben müsste gründlich durchforstet werden. »Haben diese Daten keinen finanziellen Wert? Kann man mit ihnen in die Programme eines Unternehmens einbrechen und Informationen oder Geld rauben?«, fragte sie und hielt dabei die bei Protaschenko gefundenen Dokumente hoch.
Tommila erklärte, diese technischen Daten würden niemandem helfen, Charon, das
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