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Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Titel: Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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eine neue Plage der Informationsgesellschaft. Neben Russland hatte man in den letzten Jahren auch den USA, China, Frankreich, Israel, Großbritannien und Deutschland Datendiebstahl vorgeworfen. Dutzende »Diplomaten« waren unter dem Verdacht der Spionage ausgewiesen worden. Die Waffen-, Weltraum- und Kernenergietechnologie der armen Großmächte war zum größten Teil in den westlichen Ländern gestohlen worden. Allein die Vereinigten Staaten bezifferten den Schaden, der ihnen durch die wissenschaftlich-technische Spionage entstand, auf jährlich Hunderte Milliarden Dollar.
    Ketonen suchte im Internet die Homepage des australischen Wettbüros Centrebet und prüfte die Quotierungen der Donnerstagsspiele der finnischen Eishockeymeisterschaft. Er war stolz darauf, dass er gelernt hatte, das Internet zu nutzen. Die ausländischen Buchmacher boten erheblich bessere Quotierungen an als das finnische Wettbüro Veikkaus.
    Die Liste der Spiele blieb verschwommen im Hintergrund, als er überlegte, an welcher Stelle sich das wirre Inferno-Knäuel aufrollen lassen würde. Bisher kannten sie auf keine einzige der Hauptfragen eine Antwort. Wer hatte Protaschenko ermordet? Wer hatte ihm die Unterlagen von DataNorth übergeben? Nach Ansicht von Kuurma und Holm war es höchstwahrscheinlich ein finnischer Computerexperte, der die Daten verraten hatte. Ihn würde die SUPO schnappen. Aber konnten sie auch herausfinden, wozu man die Dokumente gestohlen hatte? Und warum enthielten sie Notizen in Vietnamesisch?
    Die Verbindung mit Vietnam bereitete Ketonen Sorgen. Es war ein merkwürdiges Zusammentreffen, dass Ratamo Vietnamesisch konnte und einer der drei Inferno-Verantwortlichen sein bester Freund war. Ein fast zu großer Zufall. Was hatte Ratamo in jenen zwei Jahren getan, in denen er angeblich durch Südostasien gewandert war? Zudem hatte Ratamo im letzten Sommer einen Monat lang in Vietnam Urlaub gemacht. Ketonen wusste nur zu gut, wie stark die russischen Nachrichtendienste dort immer noch verankert waren. Das Land erlaubte FAPSI sogar die Verwendung der Station für elektronische Signalaufklärung in Cam Ranh Bay. Ratamo nutzte ihn doch nicht etwa aus? Er beschloss, den Graphologen der technischen Abteilung zu bitten, die vietnamesischen Notizen auf Protaschenkos Unterlagen mit Ratamos Handschrift zu vergleichen.
    Hoffentlich war Arto nicht in irgendetwas verwickelt.

8
     
    Ein langer Streifen Kokain verschwand rasch in Sam Waisanens bebenden Nasenlöchern. Er starrte im Spiegel sein aufgedunsenes Gesicht an. Das Weiße im Auge war so rot wie Moosbeeren. Er hatte vierundzwanzig Stunden lang kein Auge zugetan.
    Es war sieben Uhr am Mittwochmorgen, und die Klimaanlage im teuersten Zimmer des Motels »El Patio« knatterte wie ein Schlagzeugsolo. Doch Waisanen ertrug lieber den Lärm und den Geruch der gekühlten Luft als die brütende Hitze von zweiunddreißig Grad und den muffigen Gestank des Tangs. Er war im Anschluss an die Datenschutzkonferenz in Miami sofort nach Key West gefahren, um ein paar Tage Urlaub zu machen. Dienstag früh hätte er fast seine Zunge verschluckt, als ihn auf der ersten Seite des »Miami Herold« Gennadi Protaschenko mit stechendem Blick anschaute. Die letzten vierundzwanzig Stunden hatte er seine Angst mit Kokain bekämpft und die aktivierende Wirkung des Pulvers mit Valium gebremst.
    Doch diesmal blieben die Beruhigungspillen in der Dose. Er musste Key West verlassen, bevor die einhundertsechzig Meilen lange Brückenkette, die nach Miami führte, wegen des von Süden heranziehenden tropischen Sturmes geschlossen wurde.
    Waisanen fuhr zusammen, als es an der Tür klopfte. »Ich komme gleich«, rief er, steckte das Kokain-Tütchen in die Tasche seiner Shorts, zog das Pikeehemd über und öffnete die Tür.
    »Die Zeitung«, verkündete Eduardo von der Rezeption in seinem gebrochenen Englisch und schwenkte den »Miami Herold« in der Hand.
    Waisanen bedankte sich und wollte schon die Tür schließen,als sich Eduardo unüberhörbar räusperte. Waisanen wurde klar, was er vergessen hatte. Er holte einen zerknitterten Fünfdollarschein aus der Tasche und reichte ihn dem von der Sonne gegerbten Kubaner.
    In der Zeitung fand sich kein einziger Artikel über Protaschenkos Tod. Waisanen ging eine Weile nervös im Zimmer auf und ab. Im Flur fiel sein Blick auf den Ankleidespiegel. Das Spiegelbild bestätigte, was er ohnehin wusste. Er war nur noch eine Karikatur jenes Sami Waisanen, der vor zwanzig Jahren das

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