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Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Titel: Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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stecken, aber er hatte keine Lust, Wasser zu holen. Es war wichtig, dass Tommila beim Aufwachen sein Gesicht sah.
    Ihm blieb nicht viel Zeit. Guoanbu hatte für die Entführung Tommilas ehemalige Mitarbeiter des SVR-Büros in Tallinn engagiert, das wusste er von Irina. Die Esten hatten ihn erkannt. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war seiner Nachrichtendienstfiliale in Helsinki befohlen worden, Agenten für Estland auszubilden. Er war für das Projekt verantwortlich gewesen. Jetzt wusste Guoanbu, mit wem man um das Passwort kämpfte. Zu allem Überfluss war Anna-Kaisa Holm aus dem Krankenhaus geflohen, bevor seine Helfer sie besucht hatten. Die Frau könnte der SUPO über ihn berichten. Das würde die Operation noch weiter erschweren.
    Tommila ächzte und öffnete die Augen einen Spalt, wachte aber noch nicht auf. Aus seinem Mundwinkel floss ein dünnes Speichelrinnsal, und die blonden Barthaare glänzten feucht.
    Sterligow kannte die Unnachgiebigkeit der Chinesen und die Effizienz ihres Nachrichtendienstes, er wusste, dass man ihn früher oder später selbst in einem vereisten Erdloch in der sibirischen Taiga finden würde. Allerdings hatte er seine Spuren so gründlich beseitigt, wie das ein Agent mit zwanzig JahrenBerufserfahrung eben konnte. Die morsche Bude im abgelegenen Kulomäki in der Gemeinde Nurmijärvi gehörte einem Finnen im Dienste von Swerdlowsk, der aber nicht wusste, dass Sterligow die Hütte nutzte. Der Telefonanschluss und der Zugang zum Internet waren mit gefälschten Papieren besorgt worden, und die EDV-Spezialisten hatten ihm versichert, dass niemand den Standort des Computers lokalisieren könne. Er war allein mit Tommila in die Hütte gekommen, ohne dass ihnen jemand gefolgt wäre. Den Mietwagen und Tommila hatte er auf alle bekannten Geräte kontrolliert, mit denen man sie orten könnte. Sie waren im Keller der in allen Fugen knarrenden und wackligen Hütte vollkommen von der übrigen Welt abgeschnitten. Er hatte sogar den Akku aus seinem Telefon herausgenommen, damit er kein Signal an die Basisstation sendete und das Telefon nicht als Mikrofon aktiviert werden konnte.
    Tommila riss die Augen auf und schaute Sterligow angstvoll an. Er stammelte etwas Unverständliches und versuchte sich zu bewegen. Die Lederriemen gaben nur ein paar Millimeter nach. Durch den Schock und die Angst war sein jungenhaftes Gesicht zu einer grotesken Grimasse verzerrt.
    Sterligow stand auf, hielt dem jungen Mann seinen erhobenen Zeigefinger vors Gesicht und bewegte ihn erst nach rechts und dann nach links. Die Augen seines Gefangenen folgten dem Finger. Urplötzlich schlug er Tommila mit dem Handrücken ins Gesicht, dass es klatschte. Jetzt war der junge Mann völlig wach.
    Sterligow setzte sich hin und starrte seinen Gefangenen an wie ein Totem. »Willkommen, ›Hund‹. Man hat Sie entführt. Sie befinden sich hier, weil ich möchte, dass Sie auf dem Computer, den Sie dort in der Ecke sehen, das Passwort eingeben, mit dem die Hintertür von Charon aktiviert wird. Dieerforderlichen Kontendaten und Kundennummern befinden sich schon auf dem PC.«
    Tommila schaute den Mann an, der ein gerötetes Gesicht und blutunterlaufene Augen hatte. Im Tonfall seiner Stimme hörte man unterdrückte Wut. Die Haare seines Peinigers waren pechschwarz, die Wangen hohl und die Nase hakenartig und spitz. Der Mann erinnerte an einen Geier. In dem orangefarbenen Licht sah der Keller aus wie der Vorhof der Hölle. Für einen Augenblick hatte Tommila den Verdacht, verrückt geworden zu sein. In seinem Kopf rauschte es, und der ganze Körper schmerzte. Was sollte er dem Geier sagen? Sollte er auf Zeit spielen? Würde der Geier ihn auf jeden Fall umbringen? Angst durchfuhr ihn, und die Kälte des Kellers wich der Hitze der Panik. Gerade als er den Mund aufmachte, klatschte die Hand wieder in sein Gesicht. Tommila schrie auf.
    »Sie werden mir die Informationen geben, die ich will; auf welche Weise das geschieht, dürfen Sie wählen. Ich weiß, dass Sie der ›Hund‹ sind und dass es für Sie ein Kinderspiel ist, das Passwort zu schreiben«, sagte Sterligow.
    »Hund?« stammelte Tommila, obwohl er kaum bei Bewusstsein war. »Was für ein Passwort?«
    Sterligow antwortete nicht. Er glaubte nicht, dass Tommila der »Hund« war. Protaschenko hatte gemäß der Eintragung im Kalender kurz vor seinem Tod ein Treffen mit einer Frau gehabt. Aber Tommila könnte ihm das Passwort geben. Das hatte der »Hund« schon vor längerer Zeit in einer

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