Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)
hatte. Auch Riitta Kuurma hatte also beschlossen, Ratamo zu vertrauen. Das überraschte ihn nicht; die jungen Leute waren eindeutig ineinander verliebt. Ketonen bemerkte, dass er sich wünschte, sie würden es sich eingestehen. Ihm wurde regelrecht warm ums Herz, vielleicht könnte er sogar zur Entstehung einer neuen Familie beitragen. Wurde er jetzt alt und senil? Wollteer stillschweigend übergehen, dass Riitta Kuurma gegen seine Befehle verstoßen hatte, weil er sich wünschte, dass aus seinen beiden Mitarbeitern ein Paar wurde? Das ärgerte und amüsierte ihn zugleich.
Die Lage bei den Ermittlungen bot keinen Grund zur Freude. Sie steckten in der Sackgasse. Guoanbu nutzte Helfer von außerhalb, die der SUPO nicht bekannt waren und deswegen nicht überwacht werden konnten. Und auch die Gangster von Swerdlowsk kannten sie nicht. Doch nun besaß er die Vollmachten, die ihm die Präsidentin erteilt hatte. Die SUPO verfügte jetzt über alle Befugnisse für die Untersuchung des Falles und des Verschwindens von Anna-Kaisa Holm. Künftig würde er über den Stand der Ermittlungen direkt der Präsidentin berichten. Genau wie früher, als die SUPO die Polizei des Präsidenten war. Damals hatte auch der Abteilungsleiter für Polizei im Innenministerium gewusst, wer der SUPO Befehle erteilte. Dasselbe wäre immer noch möglich, das wusste er. Ihre Ausgaben wurden kontrolliert, aber die Alltagsarbeit überwachte niemand.
Die SUPO konnte den Fall Inferno nicht mit eigenen Kräften aufklären. Davon war Ketonen nach seinem Gespräch mit dem Leiter der Kommission für IT-Straftaten bei der Kriminalpolizei und dem Chef der Elektronik- und IT-Abteilung der Streitkräfte überzeugt.
Er hatte noch nie mit der NSA, der Nationalen Sicherheitsbehörde der Vereinigten Staaten, zusammengearbeitet, aber jetzt benötigte er die Hilfe der effizientesten Spionageorganisation der Welt.
Die elektronische Aufklärung der NSA konnte vielleicht ermitteln, wer der Verräter war und was Guoanbu und Swerdlowsk planten. Er hatte in den letzten Tagen alle im Hause vorliegenden Berichte über die NSA gelesen. Die Behörde war zueiner wesentlich wirkungsvolleren elektronischen Spionage fähig als FAPSI, FBI oder irgendein anderer Aufklärungsdienst. Sie war der weltweit größte Käufer von Computern und Arbeitgeber für Mathematiker. Man nahm an, dass sie ihren Konkurrenten gegenüber technisch einen Vorsprung von mehreren Jahren besaß.
Eckpfeiler der elektronischen Spionage der NSA war das Spionagenetzwerk Echelon, das aus Satellitenüberwachungsstationen überall in der Welt bestand. Mit Hilfe des Systems, das von den USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland genutzt wurde, konnten die Nachrichtendienste dieser Länder Telefonate abhören, Faxe und E-Mails abfangen, den Verkehr im Internet überwachen und Truppenbewegungen verfolgen. Das Echelon sammelte Informationen mit einhundertvierzig verschiedenen Programmen. Es war imstande, mit seinen Antennen innerhalb weniger Stunden die gleiche Menge an Informationen zu sammeln, wie sie in einer Universitätsbibliothek herumstand und verstaubte.
Das Echelon holte sich die Daten aus fast allen vorstellbaren Informationsquellen. Seine Satelliten saugten selbst aus den Kabeln für den Datenverkehr, die auf dem Meeresboden lagen, Informationen heraus. Man vermutete, dass die NSA auch in der Lage war, supersichere Lichtleiter abzuhören. Manche verdächtigten die NSA sogar, in strategisch bedeutungsvollen Computerprogrammen wie Windows Hintertüren versteckt zu haben. Und angeblich verfügte sie über einen unglaublich effizienten Quantencomputer, der jede beliebige Verschlüsselung knacken konnte.
Auch der Vorwurf der Industriespionage war der NSA nicht erspart geblieben. Man behauptete, sie habe sich in den letzten zehn Jahren systematisch darauf konzentriert, solche kommerziellen Informationen aufzuspüren, die im Ausland tätigeamerikanische Unternehmen interessierten. Verschiedene europäische Staaten hatten den Verdacht, dass mit Echelon gesammelte Informationen bei internationalen Ausschreibungen zum Vorteil amerikanischer Unternehmen verwendet wurden. Die Franzosen hatten sich beschwert, als Airbus einen umfangreichen Auftrag aus Saudi Arabien an das amerikanische Unternehmen Boeing verlor und Thomson-CSF eine Bestellung von Satelliten an die amerikanische Firma Raytheon. In beiden Fällen handelte es sich um ein Milliardengeschäft.
Ketonen wusste, dass die Echelon-Spionage
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