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Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Titel: Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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E-Mail bestätigt.
    »Sie haben zwei Stunden Zeit, sich daran zu erinnern.«
    Die ruhige Stimme des Geiers, sein starrer, psychotischer Blick und die manischen Gesten ließen Tommila zu der Überzeugung gelangen, dass der Mann verrückt war. »Ich kann Ihre Bitte nicht erfüllen«, erwiderte Tommila mit undeutlicher Stimme. Zitternd erwartete er einen neuen Schlag, aber derGeier seufzte, räusperte sich und setzte sich auf den Hocker. Wer war dieser Wahnsinnige? Aus irgendeinem Grund hielt Tommila ihn nicht für einen Finnen, obwohl er ein akzentfreies Finnisch sprach. Der Geier hatte die Haltung eines Soldaten. War er ein Russe? Verwirrt überlegte Tommila, ob der Geier beim Töten von Zivilisten in Tschetschenien oder Afghanistan den Verstand verloren hatte. Stammte diese hässliche Narbe in seinem Gesicht aus dem Krieg? Plötzlich schoss ihm etwas durch den Kopf, was überhaupt nichts mit all dem zu tun hatte: Soldaten legten beim Grüßen deswegen die Hand an den Mützenschirm, weil die Ritter im Mittelalter das Visier ihres Helmes öffneten, wenn sie am König vorbeiritten.
    »Natürlich können Sie das. Ich helfe Ihnen dabei. Beispielsweise kann ich Ihnen Holzstöckchen unter die Zehennägel schieben, ihre Nägel herausreißen, Strom in der Leistengegend anlegen und Ihnen die Haut an der Wade abwickeln. Wenn Sie zusätzliche Hilfe benötigen, könnte ich Ihren Adamsapfel spalten. Das ist ein altes chinesisches Überredungsmittel, man sagt, dass es auf besonders schmerzhafte Weise zum Tode führt. Aus dem Adamsapfel fließt nicht viel Blut heraus, so dass sie noch mehrere Tage am Leben bleiben. In der Zeit leiden Sie unter höllischen Schmerzen, wenn Sie essen, trinken, schlucken oder atmen. Ich mag diese Methode jedoch nicht, sie ist zu zeitaufwendig. Bevorzugen würde ich ein anderes Verfahren: Ich setze Ihnen eine Ratte auf den Bauch und stülpe einen gusseisernen Topf darüber. Wenn ich den Topf mit dem Schneidbrenner erhitze, wird das Nagetier entweder gebraten oder kratzt sich einen Weg aus dem Backofen hinaus. Raten Sie mal, wie es unter dem Topf herauskommt.« Sterligow betrachtete mit ausdrucksloser Miene Tommilas Gesicht.
    Die Stille wurde durchbrochen, als ein Tropfen fiel. Kurz danach floss ein Rinnsal von dem Folterstuhl auf den Fußboden.Tommilas Unterhosen waren nass, und er zitterte. Hatte irgendwann jemand so eine Folter durchmachen müssen? Passierte ihm das wirklich? Er hatte nicht einmal gewusst, dass es eine solche Angst gab. Keinen Augenblick zweifelte er daran, dass dieser Wahnsinnige tun würde, was er ankündigte. Tommila hätte alles nur Erdenkliche unternommen, um zu Vater und Mutter nach Käpylä zu kommen. Er war gezwungen, auf Zeit zu spielen; zu etwas anderem sah er sich nicht imstande. Sein Gehirn war wie erstarrt. »Ich mache, was Sie wollen, aber zwei Stunden reichen vielleicht nicht«, erwiderte er mit schriller Stimme.
    »Doch, das reicht. Ich habe Sie gerade motiviert, eine Höchstleistung zu vollbringen. Unterschätzen Sie mich nicht. Wenn Sie ein falsches Passwort schreiben, führt das nur zu einer noch strengeren Bestrafung. Meine Assistenten überprüfen und testen Ihr Ergebnis, sobald sie es bekommen. Der Computer ist an das Internet angeschlossen, und seine Sicherheitssysteme sind besser als Inferno.«
    Der Anfang war ungefähr so verlaufen, wie es Sterligow erwartet hatte. Er wollte Tommila eigentlich nicht mit Gewalt erpressen, weil er aus Erfahrung wusste, dass sich dabei nur langsam Ergebnisse einstellten. Chemikalien waren viel wirkungsvoller, aber die durfte er jetzt nicht einsetzen: Tommila musste bei vollem Verstand sein, um das Passwort schreiben zu können.
    Sterligow war überzeugt, dass Tommila in zwei Stunden nicht fertig sein würde. Finnen versuchten immer, einen aufs Kreuz zu legen. Er glaubte jedoch, dass ein paar Foltertricks reichen würden, um den Widerstand des Burschen zu brechen. Im Grunde waren die Finnen feige. Der hier dürfte ein besonders großer Feigling sein.
    Es war 13.12 Uhr am Sonnabend.

32
     
    Das rote Lämpchen an Ketonens Tür brannte auch nach dem zweiten Knopfdruck. Ratamo fühlte sich wie ein Dampfkessel, der jeden Augenblick platzen konnte. Das »Besetzt«-Schild leuchtete wieder aufreizend, als er zum dritten Mal auf den Knopf des Summers drückte. Jetzt war das Maß voll. Er riss die Tür auf und marschierte zum Schreibtisch seines Vorgesetzten.
    »Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin.« Ketonen beendete das Telefongespräch.

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