Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)
wurde, warum ihre Kollegen sie so verblüfft anstarrten. »Das ist Ratamos Spitzname für seinen Freund«, erklärte sie und berichtete dann, sie habe mit den Experten für Wirtschaftskriminalität der Kriminalpolizei über den Kaufvertrag zwischen SH-Secure und Aalto gesprochen. Man hatte ihn dabei übers Ohr gehauen. Für einen Spottpreis war SH-Secure so in den Besitz schon halb fertiger Programme gelangt, die man dann schnell zu Erfolgsprodukten weiterentwickeln und erfolgreich verkaufen konnte. Aalto hatte bei dem Geschäft nur eine geringe Summe bekommen und weniger Optionen als die Kodierer, die bei SH-Secure neu anfingen. Den verblüfften Experten war es unverständlich, warum Aalto seine Firma so billig verkauft hatte.
»Allmählich kommen wir ja voran. Aalto muss zum Verhör geholt werden«, sagte Ketonen und dachte einen Augenblick nach. Dann wandte er sich wieder an Wrede. »Gibt es vom FBI Neuigkeiten?«
Das FBI hatte von der SUPO die Zusammenfassungen zum Hintergrund und zu den Verhören aller drei Inferno-Verantwortlichen erhalten. Wrede sagte, er sei überrascht, weil das FBI keine zusätzlichen Verhöre oder Berichte anforderte. Er habe den Verdacht, dass die Yankees mehr wussten als sie. Wären Fingerabdrücke oder DNA von Finnen im Hotelzimmer Protaschenkos gefunden worden, hätte das FBI sicher eine Verhaftung verlangt. Seiner Ansicht nach wusste das FBI, wer Protaschenko ermordet hatte.
Plötzlich wurde Wredes Gesichtsausdruck sehr ernst, under zögerte einen Augenblick. »Ich habe noch mehr schlechte Nachrichten. Möglicherweise hat Anna-Kaisa für Swerdlowsk gearbeitet. Die Züricher Polizei hat herausgefunden, dass sie kurz vor dem Mordversuch in der Clariden-Bank war. Es wurde auch bestätigt, dass es sich bei der Droge um Fentanyl handelte. Es kann sein, dass Swerdlowsk einen Verräter bestraft hat.«
»Das würde auch den gefälschten Pass und die Lüge, sie sei zu Besuch in Lieksa, erklären«, sagte Riitta Kuurma leise.
Eine heiße Welle der Enttäuschung durchflutete Ketonen. Er hatte die Augen vor der Wahrheit verschlossen und sich eingeredet, Holm habe persönliche Probleme. Die junge Frau hatte ihre Seele verkauft, sonst hätte sie sich schon gemeldet. Ketonen fiel die vor Sorge zitternde Stimme ihrer Mutter ein. Die Frau würde zusammenbrechen, wenn sie erfuhr, dass ihre Tochter ein schweres Verbrechen begangen hatte. Ketonen fühlte so starkes Mitleid, dass er einen Schmerz in der Brust spürte.
Er wischte die grauen Haare aus der Stirn und überlegte einen Augenblick. »Wir müssen klären, wer der Verräter ist.« Ketonen wandte sich Riitta Kuurma zu, und der nachdenkliche Gesichtsausdruck verschwand: »Wir verhören Aalto und Laitakari noch einmal. Und diesmal ohne Seidenhandschuhe.«
Ketonen dankte Piirala für die gute Arbeit und bat ihn, Tommilas Hintergrund weiter zu untersuchen. Vielleicht sei er freiwillig verschwunden. Es könne gut sein, dass Guoanbu oder Swerdlowsk ihren Helfer in Sicherheit gebracht hatten, bevor ihn sich die konkurrierende Organisation schnappte oder die SUPO das ganze Knäuel entwirrte, sagte Ketonen.
Der Chef saß da und sah so aus, als sei die Besprechung damit beendet. Wredes Puls beschleunigte sich. Sollte er gehen oder fragen, was Ketonen von ihm erwartete? Der wollte ihn doch nicht etwa aufs Abstellgleis schieben?
Riitta Kuurma unterbrach das Schweigen: »Informiert irgendjemand Arto über diese Besprechung?« Sie hoffte von ganzem Herzen, dass Ketonen ihr erlaubte, mit Ratamo zu reden. Sie wollte nicht zur Front jener gehören, die Arto übergingen.
»Ich rede mit Ratamo, wenn ich es für erforderlich halte«, erwiderte Ketonen mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Er hatte beschlossen, dass Ratamo auf einem Nebengleis der Ermittlungen blieb, bis seine zweite Handschriftprobe analysiert war.
Wenn ich Chef wäre, würde Ratamo wie jeder andere Verdächtige verhört werden, empörte sich Wrede gerade innerlich, als Ketonen sich vor ihm aufbaute.
»Und für dich, Erik, wäre es das Beste, wenn du etwas zustande brächtest, sonst lasse ich dich in die Protokollabteilung des Außenministeriums versetzen, wo du Berichte schreiben darfst. Wenn Aalto oder Laitakari etwas zustößt, kannst du gleich nach Hause gehen. Die Flasche zum Samstag wird heute nicht gekauft. Und schlafen könnt ihr das nächste Mal, wenn man den Verräter verhaftet hat. Ist das klar?«, verkündete Ketonen in scharfem Ton und marschierte hinaus, ohne
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