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Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition)

Titel: Finnisches Inferno: Kriminalroman (Arto Ratamo ermittelt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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»Die Lampen an der Tür sind nicht zur Dekoration da«, sagte er und unterdrückte mühsam seinen Zorn.
    In Ratamos Kopf rastete etwas aus. »Du glaubst doch nicht etwa ernsthaft, dass ich ein Verbrecher bin, verdammt noch mal!«, brüllte er. Als er seine Wut herausgelassen hatte, fühlte er sich sofort erleichtert. Er wollte zeigen, dass man mit ihm nicht wie mit einem Rekruten umspringen konnte, auch wenn er seine Zukunft in Ketonens Hände gelegt hatte.
    »Versuch nicht, deinem Vater beizubringen, wie man pinkelt, mein Junge!« Ketonen zwang sich, ruhig zu bleiben. Diese Angelegenheit musste geklärt werden, indem man miteinander redete, sonst wären Ratamos Tage bei der SUPO gezählt. Er saß mit gefalteten Händen da, die Füße auf der Schreibtischkante. Musti legte in ihrem Korb die Ohren an und betrachtete Ratamo misstrauisch. Ketonen fragte sich in aller Ruhe, was er mit dem Mann machen sollte. Ehrlichkeit war ein kostbares Geschenk der Natur, das immer seltener wurde. Es erforderte Mut, in sein Zimmer hineinzustürmen und kein Blatt vor den Mund zu nehmen; das geschah nicht oft. Und das durfte es auch nicht, in der SUPO mussten bei Autorität und Befehlsgewalt klare Verhältnisse herrschen. Das war hier kein Kaffeekränzchen. Er stand auf und ging zu Ratamo hin.
    »Du hast als junger Mann in einem kommunistischen Staatin der Nähe der chinesischen Grenze anderthalb, vielleicht auch zwei Jahre verbracht. Du sprichst eine Sprache, die nur ein paar Finnen beherrschen und in der etwas auf Unterlagen geschrieben wurde, die man einem finnischen Unternehmen gestohlen hat. Dein bester Freund steht im Verdacht, die Unterlagen verkauft zu haben, und der Käufer ist das Chinesische Sicherheitsministerium«, sagte Ketonen in aller Ruhe.
    Ratamo erschrak. Die Fakten sprachen unbestreitbar gegen ihn. »Sind alle Menschen potentielle Verräter, bis das Gegenteil bewiesen ist?«, fragte er verdrossen.
    »Ja.«
    »Dann sag mir, wie ich beweisen kann, dass ich kein Krimineller bin. Ich will voll an den Ermittlungen beteiligt sein. Hast du schon mal das Wort ›Vertrauen‹ gehört?« Selbstsicher starrte er Ketonen an.
    Kampfgeist besaß er jedenfalls, dachte Ketonen. Wenn Ratamos Worte und sein Blick nicht echt waren, dann hatte er das Zeug zum Oscar-Gewinner. In der Regel spürte Ketonen instinktiv, wenn jemand log. Er war es jedoch nicht gewöhnt, die Sicherheit des Staates zu riskieren, weil er Menschen oder seinem Gespür mehr vertraute als Fakten.
    »Na gut. Dann wollen wir mal sehen, was man mit Vertrauen erreicht«, sagte er schließlich. Seine Entscheidung verstieß gegen etliche Dienstvorschriften der SUPO. Wenn die von Wrede beschaffte Schriftprobe verriet, dass Ratamo kriminell war, würde man ihn schneller ins Rentnerdasein befördern, als er Musti aus seinem Arbeitszimmer holen konnte.
    Ratamo war überrascht. Das Seelenleben des Chefs schien mehr Tiefgang zu haben, als er angenommen hatte. Vielleicht brachte das zunehmende Alter doch eine Sichtweise mit sich, die er selbst noch nicht hatte. Ein bisschen bereute er seinen Auftritt jetzt auch.
    Musti spürte, dass sich die Spannung entladen hatte und tapste zu Ratamo hin, um sich kraulen zu lassen.
    Ketonen legte die Füße wieder auf die Schreibtischkante. »Ich wollte gerade in dein Zimmer kommen und dir erklären, was Sache ist, da kommst du hier hereingepoltert«, sagte er vorwurfsvoll. »Hast du in diesen Unterlagen von Truong etwas Interessantes gefunden?«
    »Gar nichts, obwohl ich sie zweimal durchgelesen habe. Von Piirala habe ich mir noch bestätigen lassen, dass die technischen Aufzeichnungen nichts Wichtiges enthalten.«
    »Du bist von jetzt an vollberechtigtes Mitglied der Ermittlungsgruppe. Und gib mir keinen Anlass, diese Entscheidung zu bereuen«, sagte Ketonen mit ernster Miene.
    Ratamo war schon am Gehen, als ihm noch etwas einfiel: »Aalto und Laitakari werden doch wohl genauer überwacht als Tommila?«
    »Ich habe es doch schon mal gesagt. Das sind die Sorgen des Generals, also überlass es ihm, sich darum zu kümmern«, erwiderte Ketonen laut und schroff. »Mit Aalto redest du nicht. Und du erzählst auch niemandem etwas von der Entführung Tommilas.«
    Ratamo antwortete nicht. Vertrauen schuf man nicht mit Worten, überlegte er, dann streichelte er Musti und ging hinaus.
    Ketonen lächelte. Ratamo war ein zäher Bursche. Der Mann tat das, was er für richtig hielt. Er wusste, wer Ratamo von seinem Verdacht und Tommilas Schicksal erzählt

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