Finnisches Quartett
ein Klappmesser ganz aus Metall, mit dessen am Schaft befestigten Spezialklingen das Abziehen des Fells erleichtert wird … ein Universalmesser, in dessen Griff sich ein Minikompaß befindet … ein wasserabweisendes LA-Telefon … ein statisches Kletterseil …« Ketonen lachte leise, der Film war lustiger als viele Komödien.
»… der Satellitennavigator bestimmt die Position des Jägers mit einer Genauigkeit von wenigen Metern … der Gamefinder-Hitzemelder zeigt in einem Radius von einhundert Metern Elche an, die sich verstecken … Die Mikrofone des elektronischen Gehörschutzes verstärken das Gehör des Jägers, aber ein lautes Geräusch schließt die Mikrofone innerhalb von fünf Millisekunden … Laser-Entfernungsmesser … Schützenbrille … Radarband für den Hund … viele Ersatzbatterien …«
Ketonen lachte so laut und so heftig, daß sein Bauch wackelte und Mustis Interesse geweckt wurde. Sie lief zu ihrem Herrchen hin, setzte sich zu seinen Füßen auf den Boden und hob fragend die Pfote.
Der Höhepunkt des Werbevideos bahnte sich an, als der Sprecher mit Dramatik in der Stimme versicherte, daß ein Elch auch nach einem tödlichen Treffer noch bis zu einhundert Meter laufen könne.
»Na, das ist garantiert mehr, als auch nur ein einziger Jäger mit dieser Ausrüstung schafft«, sagte Ketonen zu Musti und hielt das Video an.
42
Ezrael saß im Acela-Express auf der Fahrt von Washington nach Baltimore, betrachtete die vorüberfliegende Industrielandschaft und dachte auch in dem fast leeren Wagendaran, daß er sich unter Sündern befand.
»Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen noch tritt auf den Weg der Sünder.«
Plötzlich dröhnte die tiefe Stimme des Soldaten genauso deutlich in seinen Ohren wie das Rattern der Räder auf den Schienenstößen, sie riß ihn um Jahrzehnte zurück in jene abgelegene Industriehalle in Dundalk, wo der Soldat ihn gezwungen hatte zuzuschauen, wie ein Loyalist beim Verhör mit Elektroschocks gequält wurde. Der Geruch der verbrannten Haut des Opfers und dessen angstgeweitete, um Gnade flehende Augen ließen es in Ezraels Schläfen rauschen. Eamons Erinnerungen wurden stärker und die von Ezrael schwächer, so geschah die VERÄNDERUNG. Er beschloß, sich selbst zu testen, und war erleichtert, daß er bei dem Gedanken an die Verräter, die er ins Land der Todesschatten geführt hatte, immer noch Stolz empfand.
Natürlich mußte er einen Platz in einem Wagen bekommen, in dem der fromme Prediger irgendeiner Sekte das Große Buch in den Händen hielt und mit einem verständnisvollen Lächeln auf den Lippen zum Fenster hinausschaute. Amerika war ein krasses Beispiel dafür, was geschah, wenn die Sünder die Macht bekamen: Die Kirche zerfiel in Hunderte kleine Gemeinden, und ihre wahre Botschaft ging verloren.
Bisher war alles planmäßig verlaufen: Der Flug nach Washington D. C., die Taxifahrt vom Dulles-Flughafen zur Metro-Station West Falls Church, das Umsteigen von einem Zug der orangefarbenen Linie in einen der roten Linie auf dem Bahnhof Metro Center und der Kauf der Fahrkarte auf dem Bahnhof Union Station für den Zug 15.08 Uhr nach Baltimore. Während des Flugs hatte er Lamm gegessen, so wie der Meister bei seiner letzten Mahlzeit.
Die Idee, nach Baltimore zu fahren, hatte der Engel der Offenbarung gehabt. In der dreißig Meilen von Washingtonentfernten Stadt mit zweieinhalb Millionen Einwohnern würde man ihn kaum suchen, selbst wenn die Behörden herausfänden, daß er sich in den USA aufhielt. Er würde in der Masse der Sünder untertauchen. Der Engel der Offenbarung verwirrte Ezrael immer mehr, er interessierte ihn auf andere Art als das Mädchen in der Shankill Road. Eamons Gefühle durchbrachen schon die von Ezrael errichteten Mauern; auch die Gestalt des rothaarigen kleinen Mädchens Mary und des Boten verschmolzen miteinander.
Ezrael strich über seinen Fingerstumpf, schloß die Augen und vertiefte sich in seinen Plan. Diese Rache würde völlig anders verlaufen als alle anderen, weil er diesmal vielleicht nicht das Überraschungsmoment auf seiner Seite hatte. Es konnte sogar sein, daß er kämpfen mußte, damit John Dexter ihm in die Hände fiel. Der Anschlag mußte besser geplant werden als jeder andere, schlauer. Wie sollte er die Sicherheitsleute ausschalten? Das größte Problem war jedoch die Beschaffung des Materials für den Sprengstoff: Brennstofftabletten bekam man in Amerika in den Geschäften für Wanderbedarf und Ammoniumnitrat
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