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Finnisches Quartett

Finnisches Quartett

Titel: Finnisches Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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daß einige Modelle umfielen.
    Er würde nun doch nicht ganz das gleiche tun wie der Kapitän der Middelburg, Justinus van Gennep, der gehorsam die Befehle befolgt und sein Schiff zerstört hatte und deswegen zum Helden erhoben wurde. Er wollte das Spiel gewinnen, ohne sein Schiff zu zerstören, obwohl das einen Angriff gegen einen übermächtigen Feind erforderte. Van der Waal war begeistert von dem Gedanken und watschelte zu der Wand, an der Dutzende große Fotos von den Dioramen hingen, die er früher von Seeschlachten hatte bauen lassen.
    Er betrachtete voller Enthusiasmus die Konstellation beim großen Sieg der Holländer in einer Seeschlacht während des Dreißigjährigen Krieges im Jahr 1639 und versetzte sich sofort in die Stimmung seiner Lieblingsschlacht hinein.
    Die kleine holländische Flotte von achtzehn Schiffen unter dem Befehl von Admiral Maarten Tromp stoppt diegewaltige, fünfundsiebzig Schiffe umfassende spanische Armada, die dreizehntausend Soldaten aus Spanien nach Flandern transportiert. Die Spanier sind nicht bereit, von ihrer Route abzuweichen, also greifen die Holländer die erdrückende Übermacht des Feindes an und zwingen die Spanier haltzumachen. Die beiden Flotten verharren in ihren Positionen, und Tromp holt im Laufe der nächsten zwei Tage Verstärkung heran. Dann greift die holländische Flotte erneut an und zwingt die Spanier zum Rückzug in die neutralen Gewässer Englands. – Van der Waal hatte die Augen geschlossen, und vor seinem geistigen Auge bewegten sich die Schiffe hin und her.
    Jetzt hat Tromp Zeit, sich richtig vorzubereiten. Einen Monat später wird die spanische Armada beim dritten Angriff der Holländer vernichtend geschlagen: Siebzig Schiffe versinken oder werden erobert. Durch die Schlacht werden die Reste der spanischen Seemacht zerstört, die Position des Landes in Flandern entscheidend geschwächt und den Holländern die unumstrittene Vormachtstellung auf den Weltmeeren beschert. Tromp wird 1642 geadelt.
    Van der Waal kämmte eine ölige Haarsträhne, die auf die Stirn gerutscht war, zurück, so daß sie wieder auf dem Scheitel klebte. Für den leidenschaftlichen Spieler gab es nur eine Alternative: Er mußte Tromps Beispiel folgen und angreifen, statt einen feigen Abwehrkampf gegen Mary Cash und gegen die Behörden zu führen.
    So eine folgenschwere Entscheidung hatte van der Waal noch nie getroffen, der Gedanke daran ließ das Adrenalin ins Blut schießen. Bisher hatte er trotz seiner Bitten aus den USA nur Hilfe in Form von elektronischem Aufklärungsmaterial erhalten: Daten zum Telekommunikationsverkehr von Mary Cash und den Final-Action-Mitgliedern und Angaben zu ihrer Ortung per Satellit. Das reichte nicht mehr, er brauchte greifbare Hilfe.
    Er würde damit drohen, den Initiator des Konsortiums, John Dexter, anzuzeigen, wenn man ihn, van der Waal, nicht rettete. Falls kein Sündenbock herbeigeschafft wurde, der die Verantwortung für das Konsortium, die Physikermorde und die Tötung von Jorge Oliveira übernahm, würde er Dexter verraten und ein Erdbeben lostreten, das sehr viele mächtige Männer unter sich begraben würde. Genau das würde er sagen.
     
    Cindy zuckte so heftig und lautstark in den ersten Wellen des Orgasmus, daß sich John Dexter an der Armlehne des schmalen Ledersofas festhalten und auf das Bild des Präsidenten schauen mußte, um nicht in Gelächter auszubrechen. Ihm war es schon vor einer Minute gekommen, aber das Sofa in seinem Arbeitszimmer knarrte immer noch. Der Nachteil des Sex unter Kollegen war, daß auch der Mann ausgenutzt wurde. Cindy verlangte mehr, als der zweiundfünfzigjährige, unter Prostata-Problemen leidende Beamte am Montagmorgen um neun geben konnte.
    Als sich Cindy endlich selig und stöhnend aufs Sofa fallen ließ, stand der magere, hakennasige Dexter auf, zog den Hosenstall zu und war froh, daß in dieser Beziehung nicht geküßt wurde. Cindy verschwand still und leise. Warum empfand er nach der Befriedigung immer Ekel? Sex war wie Luft, er erschien nur dann wichtig, wenn man ihn nicht bekam, überlegte Dexter und fuhr sich durch die grauen Haare, um seinen lockeren Haarschopf in Form zu bringen.
    Der Chef der Abteilung für fossile Energien setzte sich hin, drehte seinen Bürostuhl und schaute aus seinem Fenster im Energieministerium auf das prachtvolle Hauptgebäude des Smithsonian-Instituts, das sich auf der anderen Seite der Independence Avenue befand und das Athener Parthenon nachahmte. Noch näher am Zentrum

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