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Finnisches Quartett

Finnisches Quartett

Titel: Finnisches Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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direkt auf sie gerichtet war, die Entfernung betrug nur etwa zehn Meter. Sollte so alles zu Ende gehen? Dieses Arschloch würde sie umbringen?
    Mary schloß die Augen und holte das Bild von Fergushervor, im selben Augenblick waren am Kanalufer Rufe auf niederländisch zu hören. Einer der Ermittler des AIVD stand vor seinem Volvo und zeigte auf Pieter, und der andere sprach in sein Telefon. Von dem Grolsch-Laster war nichts mehr zu sehen.
    Pieter blickte zu den Ermittlern, dann zu Mary, fluchte, steckte die Waffe wieder unter seinen Mantel und rannte los.
    Mary zitterte und spürte eine Welle der Erleichterung, sie mußte fast lachen: Der holländische Nachrichtendienst hatte ihr das Leben gerettet. Sie paddelte, so schnell sie konnte, noch ein paar Meter, dann war sie hinter dem Kanalbus an der Haltestelle außer Sichtweite. Die Milchsäure ließ ihre Muskeln steif werden.
    Am Ufer kletterte Mary aus dem Boot auf die Straße, hielt schützend die Hand über die Augen und spähte zum anderen Ufer hinüber; sowohl der Volvo des AIVD als auch Pieters Transporter waren verschwunden. Der AIVD hatte ganz sicher schon Verstärkung geschickt, aber noch war niemand zu sehen.
    Der rote Pferdeschwanz hüpfte, als Mary losrannte; sie mußte verschwinden, bevor die Männer des AIVD über die nächstgelegene Brücke hier eintrafen. Gleich würde sie in den engen, verwinkelten Gassen des Zentrums sein, dort fand sie niemand. Sie schwenkte die Arme, um ihr Tempo zu erhöhen. Wenn es ihr gelänge, sowohl die Männer des AIVD als auch van der Waals Gorilla abzuschütteln, dann könnte sie es wagen, Ezraels Kirche einen Besuch abzustatten.

28
    Der Papillon auf Jaap van der Waals Schoß gab ein schrilles Bellen von sich, als sein Herrchen auf dem Stuhl in seinem Arbeitszimmer eine bequemere Haltung einnahm. DerChef von Dutch Oil streichelte Ladys Fell, das am Vormittag getrimmt worden war, und beschloß, einen seiner Untergebenen anzuweisen, den Hund auszuführen. Lady nahm in einem derartigen Tempo zu, daß sie bald nicht mehr laufen könnte. Wie war sie bloß so faul geworden?
    »Unglaublich. Diese Berger ist also immer noch frei, und jetzt hat auch Mary Cash dich an der Nase herumgeführt. Du bringst mehr Schaden als Nutzen«, sagte van der Waal zu Pieter, der gerade aus Amsterdam zurückgekehrt war. Seine Stimme klang liebenswürdig, dabei strich er aber so heftig über das große Ohr von Lady, daß der Hund aufheulte und auf den Boden sprang. Wie einem Kleinkind flüsterte er dem Tier Entschuldigungen zu.
    Pieter schien die Reaktionen seines Vorgesetzten zu fürchten. »Ich hatte verdammt viel Pech. Wenn ich kann …«
    »Mary Cash und ihr … Engel müssen eliminiert werden. Das ist absolut unumgänglich. Sie haben Beweise für meinen Anteil an der Liquidierung der Physiker. Verstehst du?«
    Pieter nickte mit ernster Miene und wollte schon gehen, als sich sein Arbeitgeber räusperte.
    »Was hast du für Männer als Ersatz für die Entlassenen gefunden?« Van der Waal war zornig: Gerade jetzt, wo es sein konnte, daß er in Gefahr geriet, mußte er neue Sicherheitsleute einstellen.
    »Die eine Hälfte sind erstklassige Leute und die andere abgewrackte, zumeist pensionierte Polizisten. Das größere Problem besteht jedoch darin, daß ich künftig alle … problematischen Dinge selbst machen muß. Die Lage ist katastrophal. Die Amerikaner orten zwar die Objekte und überwachen sie per Satellit, aber ich kann sie unmöglich alle allein erledigen: Mary Cash, den Engel des Zorns, Ulrike Berger …«
    Es stimmte, was Pieter sagte, die Situation war tatsächlich schwierig, stellte van der Waal besorgt fest. Mary Cashdrohte, ihn und das Konsortium zu denunzieren, falls sie ihr Honorar nicht erhielt, und wenn er Cash umbrachte, würde er sich den Engel des Zorns auf den Hals hetzen.
    »Ich besorge Hilfe für dich«, sagte Jaap van der Waal. Er lächelte Pieter ermutigend an und zeigte mit dem Finger auf die Tür. Er bereute es, daß er die Rolle als Leiter des Konsortiums übernommen hatte. Aber auch er war nicht perfekt: Er konnte bei keinem Spiel nein sagen. Und bei diesem Spiel ging es immerhin um die Zukunft der Energiewirtschaft in der Welt, ganz zu schweigen von den Dividenden für seine Aktien, die aus dem Jahresgewinn des Konzerns in Höhe von mehreren Milliarden Dollar gezahlt wurden.
    Van der Waal ging mühsam zu dem Panorama der Seeschlacht und lehnte schwer atmend sein ganzes Gewicht auf den Tisch, der dadurch so schwankte,

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