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Finnisches Quartett

Finnisches Quartett

Titel: Finnisches Quartett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Teppich ausrollt!« Die Männer verließen den Aufzug im vierten Stock, man hörte ihre Schritte auf dem Linoleumfußboden des langen Flurs, bis sie schließlich den Raum der operativen Zentrale erreichten.
    Nach seinen Besuchen bei europäischen Sicherheits- und Nachrichtendiensten in den letzten Jahren war der Anblick für Ratamo vertraut: ein Beratungstisch, Computer, Drucker, Scanner, zwei, drei Fernseher, Videogeräte, ein Flip-Chart und Menschen mit ernsten Gesichtern.
    Timmerman forderte die anderen auf, bei der Beratung englisch zu sprechen, stellte Ratamo die sommersprossige Katje de Groot vor und zeigte auf einen gestreßt wirkenden Mann mit Glatze am Ende des Tisches.
    »Kriminalpsychologe Kris Bruijn.«
    Ratamo sah überrascht aus. »Entschuldigung … Ich dachte, Kris ist ein Frauenname«, stotterte er.
    Der Psychologe betrachtete den Finnen eine Weile verwundert, lachte dann aber. »Das ist die Abkürzung von Krispijn. Außerdem findet man in Amsterdam da und dort die Reklame eines Unternehmens namens Arto.« Bruijn versuchte zu lächeln, brachte aber nur ein Grinsen zustande und beschloß, zur Sache zu kommen. »Ich habe das … Tagebuch von Eamon O’Donnell zweimal gelesen und kann Ihnen nur eine erste Einschätzung zu dem Mann geben, denn in seinem Text gibt es enorm viel zu analysieren.«
    Ratamo goß sich Mineralwasser ein und nahm eine bequeme Sitzposition ein. Er war außergewöhnlich neugierig, zu hören, was für ein Wahnsinniger in der von Timmerman beschriebenen Höhle gehaust hatte.
    Bruijn stellte sich vor den Flip-Chart. »Ich verwende wie viele andere Kollegen für die Krankheit von Mördern wie O’Donnell die Bezeichnung ›Psychopathie‹. Ich spreche also nicht von ASPD, ›Antisozialer Persönlichkeitsstörung‹, wie in der Klassifikation DSM-IV der Amerikanischen Psychiatervereinigung. Die Mehrheit aller Kriminellen leidet unter ASPD, aber das macht sie noch nicht zu Psychopathen.«
    Timmerman warf einen Blick auf seine Uhr. »Wie würden Sie O’Donnell charakterisieren?« Er drängte darauf, daß der Psychologe zur Sache kam.
    »Der Ursprung der Traumata Eamon O’Donnells liegt offensichtlich in seinem gewalttätigen Vater, der den Sohn fortlaufend mißhandelt, sogar gefoltert hat. Beim Sohn eines an Psychopathie erkrankten Mannes besteht laut Statistik eine fünfmal größere Wahrscheinlichkeit als bei anderen Männern, gleichfalls an Psychopathie zu erkranken.« Bruijn schien sich zu entspannen, als er sich auf seinem eigenen Gebiet bewegte. Er setzte seine Brille ab und betrachtete die weiße Decke des Raumes wie einen Kinofilm.
    »Dieser Psychopath, der den Namen ›Engel des Zorns‹ verwendet, empfindet sogenannten klinischen Haß. Das ist ein völlig anormaler, ständig vorhandener Haß, den der Psychopath als etwas empfindet, das größer ist als er selbst, und den er niemals völlig verstehen kann. Der Haß entsteht in der Kindheit und wird mit zunehmendem Alter immer stärker. Nur Gewalt hält diesen Haß im Zaum, somit zwingt der Haß den Psychopathen gewissermaßen, immer wieder und wieder zu töten. O’Donnell bezeichnet seinen Haß als ›Bestie‹.«
    Timmerman erhob sich und zupfte an seiner Fliege, er schien von dem Vortrag in Psychologie genug zu haben. »Und wegen dieses Hasses tötet der Verrückte Wissenschaftler?«
    Bruijn ignorierte den angespannten Tonfall Timmermans und fuhr gelassen fort. »Der Mann hat offensichtlich sehr viel Mühe darauf verwendet, sich Mordarten auszudenken, die wie Unfälle aussehen, den Opfern aber große Schmerzen zufügen. Er will anderen genausoviel Schmerz zufügen, wie er selbst erleiden muß.«
    Der Kriminalpsychologe zog fragend die Augenbrauen hoch. »Merkwürdig ist jedoch, daß O’Donnell Wörtern, die er für wichtig hält, eine neue Bedeutung gegeben hat. Psychopathen fällt es in der Regel schwerer als dem Durchschnitt, tiefere Bedeutungen von Wörtern zu verstehen und zu verwenden.« Plötzlich wurde sein Gesichtsausdruck ernst. »Es ist natürlich unmöglich, nur auf der Grundlage eines Tagebuches für O’Donnell eine sichere Diagnose zu stellen, man muß ja bedenken, daß ich den Mann nicht einmal gesehen habe.«
    Katje de Groot schien Zweifel zu haben. »Wie kommt so ein verwirrter Mensch in der Stadt zurecht … also unter normalen Menschen?«
    »Die meisten Psychopathen sind glänzende Schauspieler«,erwiderte Bruijn und strich sich dabei über die Glatze, als würde er Haare suchen. »Sie suchen das

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