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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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schießen, um zu töten, falls es die Situation erforderte? Er gefährdete möglicherweise Menschenleben, wenn er diese Frage nicht für sich beantwortete, bevor es ernst wurde. Ihm wurde klar, daß er gerade darüber nachdachte, was er tun würde, wenner das nächste Mal in Lebensgefahr geriet. Er gestand sich also ein, daß er auch künftig Risiken eingehen wollte.
    An der Tür war ein Klappern zu hören. Ratamo schnellte hoch, nahm das Handtuch vom Hocker und wickelte es sich um die Lenden. Die Tür öffnete sich, und die stämmige Masseuse zeigte auf das Handtuch und dann auf die Pritsche. Die Flut der Anweisungen nahm an Heftigkeit zu, je verdutzter Ratamo dreinschaute.
    Also beschloß er, sich auf den Massagetisch zu legen, und zwar auf den Bauch. Er spürte eine Hand auf seinem Rücken, und dann zog die Frau mit einem Ruck das Handtuch weg. Ihr schallendes Gelächter hallte von den Fliesen wider, als sie ihm einen Klaps auf den Hintern gab.
     
    Ratamo studierte die Speisekarte im Restaurant Maharaja. In dem Lokal saß nur eine Handvoll Gäste; entweder aßen die Ungarn nach mitteleuropäischer Sitte abends warm, oder das Restaurant war nicht beliebt. Er hoffte, daß es an der Uhrzeit lag. Aus irgendeinem Grund wollte Demeter unbedingt in ein indisches Restaurant. Ratamo hätte lieber die traditionelle ungarische Küche probiert. Im Hintergrund erklang leise Sitar-Musik.
    Sie hatten das Auto vor dem Bad stehen lassen und waren über die Kettenbrücke, die älteste Brücke zwischen Buda und Pest, ins Zentrum von Pest gelaufen. Die hektische City quoll über von Fastfood-Lokalen, die bei der Jugend und den Touristen beliebt waren, Restaurants, Kneipen und Stripbars. Hier und da sah man auch Prostituierte und Drogensüchtige. Während des Kommunismus war hier alles verboten, was nicht unbedingt zugelassen werden mußte, jetzt war es genau umgekehrt. Es wird eine Weile dauern, bis ein goldener Mittelweg gefunden ist, dachte Ratamo. Vorläufig schienen die Budapester nach dem Motto zu leben: Mach es heute, morgen schon kann es wieder verboten sein.
    »Was bedeutet der Name Arto?« fragte Demeter und lächelte über das ganze Gesicht.
    Ratamo überlegte einen Augenblick und schüttelte dann den Kopf. »Ich weiß nicht.« Zunächst wunderte er sich über die Frage, aber dann fiel ihm ein, daß in katholischen Ländern der Vorname wichtig war: Die Kinder wurden oft nach irgendeinem Heiligen getauft. Auch Riitta wollte die Namenstage genauso hingebungsvoll feiern wie die Geburtstage. Nelli war das sehr recht.
    »Die Familie, der dieses Restaurant gehört, stammt aus dem Punjab. Die Speisen schmecken also garantiert indisch. Ich empfehle etwas, das maßvoll gewürzt ist«, sagte der ungarische Polizist belehrend zu seinem Kollegen.
    Das gefiel Ratamo gar nicht. Jetzt erst recht, dachte er. Immerhin hatte er als junger Mann zwei Jahre in Südostasien gelebt. Er suchte auf der englischsprachigen Speisekarte Gerichte mit dem Vermerk »very hot«, bis er schließlich fand, wonach er Ausschau gehalten hatte: »Chicken vindaloo, extremely hot.« Er traf seine Entscheidung und hoffte nur, daß die Speisen in den Budapester Restaurants mit etwas mehr Zurückhaltung gewürzt wurden als in den vietnamesischen.
    »Jó napot«,
sagte der Kellner mit einem freundlichen Lächeln und nahm ihre Bestellungen entgegen.
    Demeter unterbrach Ratamo sofort, als der ein Vindaloo-Huhn bestellen wollte. »Das ist sogar für mich zu scharf, obwohl ich scharfe Gewürze gewöhnt bin.« Demeter hielt einen Vortrag über die ungarische Paprikatradition und erzählte von Dutzenden verschiedenen Sorten. Der Kellner wartete höflich.
    Demeter hörte sich wie ein Professor an. Der Kordanzug und die etwas wirren Haare verstärkten den Eindruck noch. »Was ist Ihr schärfstes Gericht?« fragte Ratamo den Kellner. Am liebsten hätte er Demeter gesagt, daß im Vergleich zumfeurigsten vietnamesischen Gericht auch das pikanteste Paprikagulasch aus der Puszta wie Milchreis schmeckte.
    »Das ist genau das Chicken vindaloo«, antwortete der lächelnde Kellner, sein Englisch hatte einen starken Akzent.
    »Machen Sie es besonders feurig«, bat Ratamo.
    »Soll es mit indischem Tezpur sein? Das ist der schärfste Chilipfeffer der Welt?«
    Für einen Rückzieher war es zu spät. Ratamo nickte dem Kellner zu und lächelte genauso freundlich. Sicherheitshalber bestellte er ein Lassi-Joghurtgetränk und eine süße Mango-Chutney-Creme. Beide würden die brennende

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