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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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verließ mit seinem Kollegen schweigend den Saal.
    Kuurma bot ihrem Lebensgefährten das letzte Stück Quarkplunder an.
    »Nein danke, so unmittelbar nach dem Mittagessen nicht. Ich kann einfach nicht im Sitzen schlafen, wenn ich zuviel gegessen habe«, witzelte Ratamo und strich sich über den Bauch. Er war gut gelaunt und kümmerte sich nicht darum, daß Riitta immer noch schmollte. Am Abend war er trotz Elinas Besuch beizeiten verschwunden und schlafen gegangen, nachdem er Nelli zugedeckt hatte. Es war viel verlockender gewesen, im ruhigen Bett zu liegen und zu schlafen, als sich die Zeit mit den Frauengeschichten, dem Gequassel Elinas, deren Stimme ratterte wie ein Maschinengewehr, und Riittas italienischen Schlagern zu vertreiben. Manchmal fragte er sich, ob Riitta die Platten von Toto Cotugno, Eros Ramazotti, Zucchero und den anderen italienischen Sängern nur dann hervorholte, wenn sie ihn loswerden wollte. Riitta konnte ihn besser lenken als jeder andere.
    In Wredes sommersprossigem Gesicht arbeitete es, doch gerade als er Ratamo mit einer giftigen Bemerkung antworten wollte, öffnete Ketonen den Mund: »Fangen wir an. Erik, berichte über Sevilla.«
    »Die Killer haben gepfuscht«, sagte Wrede energisch. »Allem Anschein nach wollten sie den Mord an Sundström als Unfall inszenieren, es sollte so aussehen, als wäre er überfahren worden. Zu unserem Glück ist das nicht gelungen. Es gibt in den Ermittlungen einen Durchbruch.«
    »Nach Aussage von Augenzeugen hat der als Pfarrer verkleidete Angreifer seine Fingerabdrücke auf der Waffe hinterlassen, die in der Gasse gefunden wurde«, berichtete Wrede. »Außerdem hat der ermordete CNI-Beamte einen der Angreifer gebissen und gekratzt. Unter seinen Fingernägeln oder in seinem Mund könnten sich Gewebe- oder Hautteile finden, anhand deren sich eine DNA-Probe des Angreifers ermitteln ließe.«
    Ketonen unterbrach den Schotten mit einer Handbewegung. Ihm war eingefallen, daß der früher unter dem NamenCESID bekannte spanische Nachrichtendienst im Verdacht stand, Verbindungen zur Terroristengruppe GAL zu unterhalten. CESID hatte man vor einem Jahr umstrukturiert, der neue Name lautete Centro National de Intelegencia. In Nachrichtenkreisen war der Ruf des CNI als unabhängiger Nachrichtendienst jedoch immer noch zweifelhaft. »Wie ist die Situation heute im CNI?«
    »Weiß ich nicht«, antwortete Wrede knapp und wechselte schnell das Thema. Der Tatort in Sevilla sei fachmännisch gewählt worden. In der uralten Gasse mit ihren dreistöckigen Privathäusern befänden sich keine Überwachungskameras, und der Transporter habe die Gasse blockiert und somit verhindert, daß die Restaurantgäste auf dem Platz die Hinrichtung des Kommissars sahen. Es gebe jedoch drei Augenzeugen für den Mord an Sundström: den Bürgermeister von Sevilla, die Fremdenführerin, und den Beamten der SÄPO. Die Zeugen hatten dem CNI geholfen, ein Phantombild des als Pfarrer verkleideten Angreifers zu erstellen. Außerdem gingen die Spanier die Aufzeichnungen der Überwachungskameras im Zentrum von Sevilla durch.
    »Am mysteriösesten ist jedoch dieses Wort ›Hinta‹. Warum hat das jemand in der Gasse an eine Hauswand geschrieben?«
    Die Stille senkte sich über den Raum wie die Nacht über den Äquator. Die Mitarbeiter der SUPO dachten nach.
    Als erster meldete sich Ratamo zu Wort. »Was zum Teufel sollten wir aus einem Wort ableiten können?«
    »Es bedeutet etwas. Die Mörder haben uns auch in Helsinki einen Hinweis hinterlassen.« Es klang so, als wäre sich Kuurma sicher.
    »Hast du schon mit …« Ketonen wurde unterbrochen, Loponen, ein junger Ermittler aus der Sicherheitsabteilung, stürmte mit so viel Schwung in den Informationssaal, daß seine Schritte von der Decke widerhallten.
    »Verdammt, Menschenskind! Türen sind dafür da, daß man anklopft«, schimpfte Ketonen. Der junge Mann erstarrte und reichte dem Chef dann unsicher ein Blatt Papier.
    Kuurma freute sich, daß Ketonen zornig wurde. Das alte Ego des Chefs gab ein Lebenszeichen von sich. Jetzt war er so, wie ihn alle kannten: ein strenger Vorgesetzter mit einer scharfen Zunge.
    Ketonen suchte seinen Holzbecher, dann fiel ihm ein, daß sie im Ständehaus saßen, und er goß den Kaffee in die Tasse aus gutem Porzellan. Er las seinen Kollegen vor, daß die Bewegung »Freies Europa« auch für das Attentat in Sevilla die Verantwortung übernahm. Forderungen wurden nicht übermittelt.
    »Wir kennen immer noch nicht das

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