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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Motiv«, sagte Kuurma schließlich.
    »Es kann noch mehr Tote geben«, fuhr Ketonen fort.
    Ratamo nickte. »Die Morde hängen sicher miteinander zusammen. Und man darf auch die Möglichkeit zusätzlicher Anschläge nicht außer acht lassen. Jetzt müssen alle Kommissare isoliert werden wie Leprakranke.« Er warf einen Blick zu Riitta, die blitzschnell wegschaute. Anscheinend würde sie sich erst versöhnlich zeigen, wenn er mit Himoaalto gesprochen hatte.
    Durch die großen Fenster zur Snellmaninkatu schien die Sonne herein und überflutete den Informationssaal mit ihrem Licht. Das Nebelhorn eines Schiffes dröhnte so laut, daß man es im ganzen Gebäude hörte. Bis zum Südhafen waren es nur etwa zweihundert Meter.
    Ketonen wandte sich Kuurma zu. »Erzähle uns etwas Neues über den Mord in Helsinki.«
    »Der ungarische Sicherheitsdienst NBH hat die Frau ermittelt, die gegenüber der Vertretung der EU-Kommission in Finnland bestätigt hatte, daß Imre Csermák und Alexander de Gadd bei ›Magyar Nemzet‹ arbeiten«, sagte Kuurma.»Die Nachrichtenchefin der Inlandsredaktion hat für ihre Lüge ein Honorar von fünftausend Dollar erhalten. Jetzt hat sie den Laufpaß bekommen. Sie behauptet, ihren Auftraggeber nie gesehen zu haben und nicht zu wissen, warum man die Lüge von ihr verlangte. Es scheint sicher zu sein, daß die Frau nichts von dem Mord weiß. Der NBH untersucht das natürlich noch weiter.«
    »Fünftausend Taler sind eine ziemlich geringe Entschädigung für eine Entlassung«, stellte Ratamo fest.
    »Für einen Ungarn ist das eine gewaltige Summe. Die Monatslöhne liegen dort bei etwa zweihundert Euro«, entgegnete Kuurma und würdigte ihren Lebensgefährten keines Blickes.
    Sie wechselte das Thema: »Wir bekommen Unterstützung von einem Spitzenprofi.« Da Europol fordere, bei den Ermittlungen den besten europäischen Kriminalpsychologen einzuschalten, habe sie sich mit der Engländerin Kate Harris unterhalten, die zu den renommiertesten Profilern der Welt zähle. Die Frau habe in der Londoner Metropolitan-Police gearbeitet, Kriminalpsychologie an der Londoner Universität gelehrt, das FBI und das russische Innenministerium beraten. Heute gehöre ihr zusammen mit zwei anderen Spitzenprofilern die Firma »PsyPro Limited«. Die Sachkenntnis von Harris sei bei der Aufklärung von über hundert Gewaltverbrechen in Anspruch genommen worden.
    Voller Eifer kam Kuurma zur Sache. »Nach Auffassung von Harris ist der Hinweis auf Alexander de Gadd, den der Mörder hinterlassen hat, äußerst interessant.« Höchstwahrscheinlich verfolge man damit den gleichen Zweck wie mit dem »Freien Europa«: Die Polizei sollte in die Irre geführt werden. Andererseits wirkte der Hinweis auf de Gadd so genau geplant, daß es für Harris keine Überraschung wäre, sollte einer der Mörder oder derjenigen, die den Mord organisiert hatten, ein Finne sein, der eine alte Rechnungoffen hatte und sich rächen wollte. »Mit dem Mord und der Botschaft«, präzisierte Kuurma. »Das würde auf eine psychisch gestörte Person hindeuten, die am Tatort ihre ›Unterschrift‹, ihre psychologische Visitenkarte, hinterlassen will. Harris hält das jedoch für unwahrscheinlich. In der Regel sind das Serienmörder, und die sind fast immer Sexualstraftäter.«
    Ketonen wirkte zufrieden. Er bat Kuurma zu klären, ob sich unter den Patienten der psychiatrischen Krankenhäuser und Polikliniken oder der privaten Psychiater und Psychotherapeuten jemand fand, der dem vorläufigen Profil von Harris entsprach.
    Wrede warf Kuurma einen wütenden Blick zu und räusperte sich abfällig: »Das ist doch alles auch ohne Psychologie klar. Schon die Verwendung des Namens Alexander de Gadd hat ja gezeigt, daß irgendein Finne mit diesen Morden in Verbindung steht. Jemand wollte mit dem Namen etwas sagen. Das Wort ›Hinta‹ bestätigt nur diesen Zusammenhang mit Finnland.«
    Kuurma ließ ihren Rosenkranz durch die Finger gleiten und zählte im stillen bis zehn. Allmählich hatte sie Wredes aggressives Verhalten ernsthaft satt, er führte sich auf wie ein kleiner Junge. Warum nahm es der Schotte nicht etwas lockerer. Er war doch schon Ketonens Stellvertreter und sein voraussichtlicher Nachfolger.
    Wrede wandte sich Ketonen zu. »Die Männer von der Technik haben alles mögliche gefunden: Jeansfasern auf dem Sattel eines Motorrads, einen Fußabdruck im Sand auf dem Hof von ›Bike World‹, das italienische Versandunternehmen, das die Luftpistole verkauft hat

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