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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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nach. »Ich habe gestern bis in die Nacht Gespräche mit Ihren Kollegen geführt. Der Hinweis auf Seppälä, den sie erhalten haben, könnte durchaus zutreffen. ›Krešatik‹ ist auf professionelle Auftragsmorde spezialisiert, und nach unseren Informationen werden die von Peter Seppälä organisiert, sein Rufname ist Drina.« Laut Demeter weise jedoch vorläufig noch nichts darauf hin, daß »Krešatik« an den Morden beteiligt war.
    Es stellte sich heraus, daß Seppälä im Morgengrauen zum Verhör in die Räume des NBH gebracht worden war. Demeter vermutete, daß sich Seppälä bei den Morden an den Kommissaren nicht selbst die Finger schmutzig gemacht hatte. Es war schwierig, einen Mann zu maskieren, dessen rechtes Ohr fehlte und dessen linke Hand stark verstümmelt war. Außerdem hatte Seppälä nach ihren Informationen Budapest wochenlang nicht verlassen. Dennoch würdeman ihm eine Blutprobe für den DNA-Test abnehmen. Sie mußten versuchen, im Verhör herauszufinden, ob Seppälä etwas von den Morden an den Kommissaren wußte. Das würde nicht einfach werden.
    Ratamo war schon bald überzeugt, daß es sich bei Demeter um einen Fachmann handelte. Während der einstündigen Besprechung brachte er seitenweise Notizen über die ungarischen Verbrecherligen, über »Krešatik« und Peter Seppälä zu Papier. Tamás Demeter war ein sympathischer Mann.
     
    Nach dieser ersten Besprechung bereiteten sich Demeter, Simmons und Ratamo auf das Verhör vor, jeder auf seine Weise: Demeter rauchte eine Pfeife, Ratamo kaute einen Priem, und Simmons sprach in ihr Handy. Als es soweit war, fuhren sie hinunter in die zweite Etage und wechselten vom neuen Teil des Gebäudes in das alte, dreistöckige Haus.
    Die Fenster des Verhörraumes hatten eiserne Gitter. Ratamo sah kurz die Laubbäume auf dem Innenhof, bevor Demeter die Verdunklungsvorhänge zuzog. Er überlegte, wie die Gedankenwelt eines finnischen Söldners aussehen mochte. Ihm fiel kein einziges Motiv ein, das ihn dazu brächte, auf den Balkan zu gehen und Menschen umzubringen, die er nicht kannte. Dennoch gab es viele solcher Abenteurer wie Seppälä. Tausende europäische Söldner, unter ihnen viele Finnen, hatten sich auf dem Balkan anwerben lassen. Niemand wußte genaue Zahlen: Auf dem Balkan hatten etliche Armeen und paramilitärische Gruppen Krieg geführt, und Söldner waren von überallher in die Region gekommen.
    Ratamo verglich den Verhörraum des NBH mit der Betonzelle der SUPO. Mobiliar gab es hier genausowenig: einen großen Tisch, Stühle und zwei kleinere Tische. Immerhin waren hier die Wände gestrichen, und an der Decke hing kein Meer von Lampen, die das Zimmer erhitzten.Durch die Fenster wirkte der Raum eine Spur freundlicher.
    Die Tür ging auf, und Seppälä wurde in Handschellen hereingeführt. Ratamo erschrak. Demeter hatte nicht erwähnt, daß der Mann so häßlich war wie ein Bärenarsch. Das zerfetzte Ohr, der mißgestaltete Handstumpf, die vor Fett glänzenden, zum Pferdeschwanz gebundenen Haare und die schmutzige Bomberjacke aus Leder bildeten ein Ganzes, das in seiner abstoßenden Wirkung perfekt war.
    Seppälä legte seine Springerstiefel auf den Tisch und fauchte Demeter in ungarisch an. Demeter lächelte ganz ruhig, ging gemächlich um den Tisch herum und schlug Seppälä mit der flachen Hand ins Gesicht, daß es klatschte.
    Ratamo blickte kurz zu Simmons, aber die Frau ließ sich nichts anmerken. Er fürchtete, daß sie daran gewöhnt war, Schlimmeres zu sehen.
    Demeter setzte sich neben Seppäläs Stiefeln auf den Tisch, zündete zwei Zigaretten an und steckte eine zwischen Seppäläs Lippen. Er sagte in englisch, das sei die einzige gemeinsame Sprache der vier Personen in diesem Raum, deswegen würden sie sich in englisch unterhalten. Dann ging er wieder um den Tisch herum und setzte sich. »Warum ermordet ›Krešatik‹ EU-Kommissare?«
    »Ich will einen Anwalt. Der kann für mich schweigen, dafür sind die Knechte ja da. Oder was meinst du, Tamás?« Seppälä grinste. Er spuckte auf den Fußboden und starrte Demeter gleichgültig an.
    Demeters herzliches Lächeln war wie weggeblasen. Diesmal wurde er jedoch nicht handgreiflich. »Du bist nicht als Verdächtiger hier. Noch nicht. Du unterhältst dich hier mit uns über Dinge, die Ungarns Beziehungen zum Ausland betreffen. Einen Anwalt bekommst du, wenn wir dich verhaften.«
    »Erzähle von Hannele Taskinen«, sagte Ratamo im Befehlston. Seppäläs Blick störte ihn: Er war vollkommen

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