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Finnisches Requiem

Finnisches Requiem

Titel: Finnisches Requiem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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auf und blätterte in Dutzenden Artikeln über den finnischenEU-Aufnahmeantrag, über die Beitrittsverhandlungen und die negativen Auswirkungen eines Beitritts.
    Riitta bemerkte, daß ihre Handflächen schwitzten, als sie den dritten Ordner öffnete. Auf dem ersten Zeitungsausschnitt lächelte Akseli Saarnivaara mit entschlossenem Gesichtsausdruck. Die Bildunterschrift besagte, daß der siebenundzwanzigjährige Mann nach dem Tod seines Vaters im Jahre 1990 Direktor von »Finska Järn« geworden war.
    Im nächsten Artikel wurde berichtet, daß die Devaluation das expandierende Unternehmen »Finska Järn« schwer getroffen hatte. Seine Valuta-Kredite waren nicht geschützt gewesen. Riitta las nur die Schlagzeilen der nächsten Zeitungsartikel: … Verhandlungen mit den Gläubigern abgebrochen, »Finska Järn« erhält in der Bedrängnis keine Hilfe vom Staat, … Konkurs, 1700 Arbeitslose …, die Gemeinde Karjalohja in Schwierigkeiten: Einbruch bei den Steuereinnahmen …
    Für Riitta nahm Akseli Saarnivaaras Motiv Gestalt an. Sie erinnerte sich an den Bericht von Kate Harris. Diese Ermittlungen waren anscheinend mit unglaublichen Menschenschicksalen verbunden: Hannele Taskinen, Ismo Varis, Peter Seppälä und jetzt Akseli Saarnivaara.
    Vorsichtig griff sie nach dem vierten Ordner. Er unterschied sich von den anderen und war voll von Zahlungsaufforderungen, die mit Bleistifteintragungen bekritzelt waren, und karierten Zetteln mit Rechenoperationen. Wie, um alles in der Welt, konnten die Zinsen der Schulden achtzehn Prozent im Monat betragen? Die letzte Mahnung stammte vom Mai: »Schuldensumme = 3   000   000 Finnmark.« An den Rand war »505   000 Euro« geschmiert.
    Für die Interpretation dieser Unterlagen brauchte man keine Kate Harris und auch keine anderen Psychologen. Kuurma schob den Ordner wieder ins Regal, drehte sich um und wollte die Wohnung verlassen, doch irgend etwasveranlaßte sie, noch einmal einen Blick auf das Regal zu werfen. Auf dem Rücken der Ordner war zu lesen: »Pastor I«, »Pastor II«, »Pastor III« …

35
    Tamás Demeter, Carol Simmons und Arto Ratamo posierten für die Fotografin der Zeitung »Népszabadság« vor dem Vogel Turul im Foyer des NBH. Ihre Schulterhalfter mit den Waffen zeichneten sich deutlich ab; die Ungarn hatten Ratamo eine Pistole geliehen. Der Wettergott war ihnen wohlgesonnen. Die Wolken vom Vormittag hatten sich verzogen, und die fünfzehn Grad kamen Ratamo, der schon das kühle finnische Herbstwetter gewöhnt war, wie sommerliche Hitze vor. Er schwitzte in seinem Flanellhemd. Die Fotografin stieg auf einen Stuhl, um das eindrucksvolle Vogel-Logo mit auf dem Bild zu haben. Ihre Kamera surrte pausenlos.
    Demeter in seinem Kordanzug lächelte übers ganze Gesicht, wirkte aber irgendwie abwesend. Simmons schien verlegen zu sein, und Ratamo wunderte sich, daß Demeter so ein Spielchen mitmachte. Der Ermittler, der die Verbindungen Ungarns mit den Morden an den Kommissaren untersuchte, wurde für die größte Zeitung des Landes fotografiert. Ratamo hatte den Verdacht, daß die Arbeit von Demeter und Simmons bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität nicht unbedingt leichter würde, wenn alle ihr Gesicht kannten. So viel Öffentlichkeit würde Ketonen nie zulassen. Erstaunlich, daß auch Simmons nicht protestierte, im Gegenteil, die Frau hatte sich eine Viertelstunde lang für die Fotos geschminkt.
    Die Fotografin schoß wie eine Wahnsinnige ein Foto nach dem anderen. Dann betrachtete sie ihre Objekte abschätzend und schien eine Idee zu haben, die sich gut verkaufen ließ.
    »Schwenken Sie Ihre Waffen«, bat die Frau auf englisch.Ratamo blickte Demeter ungläubig an, die Männer brachen in Lachen aus und wackelten ein paarmal mit den Hüften wie Elvis-Imitatoren. Simmons wurde rot und schüttelte den Kopf. Das Spiel nahm jedoch ein schnelles Ende, als Demeter kurz etwas auf ungarisch sagte. Die Fotografin stieg von ihrem Stuhl herunter. Peter Seppäläs drittes Verhör hätte schon vor einer Viertelstunde beginnen müssen.
    Es war mittags halb eins, als Seppälä in den Verhörraum gebracht wurde. Der Mann wirkte genauso überheblich und wenig kooperativ wie bei den vorhergehenden Verhören. Ratamo bemerkte, daß Seppäläs Hosen herunterhingen. Der Wärter hatte ihm vermutlich den Gürtel abgenommen; auch auf seine Lederjacke mußte er verzichten. Seppäläs lange, fettige Haare hingen bis auf die Schultern und verdeckten das verstümmelte Ohr. Ratamo holte

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