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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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ihr versteinerter Gesichtsausdruckund wurde zu einem Lächeln. »Dein Versuch ist zwecklos, lieber Konrad. Vor einem Monat hätte ich das möglicherweise geglaubt, nun aber nicht mehr. Du hast den Plan absichtlich scheitern lassen, damit Laura mein Erbe erhält. Hoffentlich hast du dein Blutgeld im voraus bekommen, denn Laura erbt von mir keinen Cent. Ich …« Annas schwache Stimme versagte. Die Physiotherapeutin gab ihr schnell Wasser zu trinken.
    Anna sammelte eine Weile Kraft. Sie wollte Konrad noch etwas sagen. »Ich habe dieses Testament nach Werners Tod für den Fall aufgesetzt, daß die Kinder meiner Schwester mir ihre Aktien nicht verkaufen.« Annas Lider schlossen sich. Sie saß einen Augenblick, der wie eine Ewigkeit schien, still da, der dünne Stoff ihres Kleides hob und senkte sich heftig über ihrer Brust. Als sie schließlich die Augen öffnete, strahlte ihr Blick Entschlossenheit aus.
    Anna drehte das am Rollstuhl befestigte Tablett vor sich hin und holte aus ihrer Handtasche eine Metalldose, in der sich eine Injektionsspritze und mehrere Ampullen befanden. »Die habe ich damals aufgehoben, als mir Werner noch Morphium gegen meine Schmerzen gab.« Anna schaute Konrad stolz an. Mit einem Schlag würde sie das Unrecht sühnen, das sie ihm und Dietmar Berninger angetan hatte. Sie war doch noch zu etwas imstande.
    Forster wollte losstürzen und Anna daran hindern, aber der Leibwächter würde seinen Versuch ohne Schwierigkeiten unterbinden. Und nichts von dem, was er sagen könnte, würde Anna umstimmen. Forster bemerkte, daß er zitterte, seine Augen wurden feucht, als sich der Druck entlud, der sich in den Jahren angestaut hatte. Er konnte Anna nicht retten. Nun war alles vorbei, zurück blieben nur die Erinnerungen und die Gefühle.
    Anna beeilte sich, soweit es ihre schwachen Kräfte erlaubten. Sie füllte die dicke Injektionsspritze mit Morphium,suchte an der Ellenbogenbeuge die Vene und stach die Nadel hinein. Es dauerte mehrere Sekunden, bis sie die Spritze geleert hatte.
    Die Anwesenden saßen starr da und warteten auf die Wirkung des Morphiums, aber die Kakadus flatterten unruhig durch das Zimmer. Der Leibwächter scheuchte Eos weg, die sich zu nahe herangewagt hatte. Annas Blick ruhte bis zuletzt auf Konrads Gesicht. Er wurde erst gläsern, als sie die Grenze überschritten hatte.
    Schließlich legte die Physiotherapeutin ihre Hand für einen Augenblick zunächst auf Annas Mund und dann auf die Halsschlagader. Sie wandte sich Dohrmann zu und nickte langsam. »Anna, Anna!« kreischte Eos.
    Dohrmann trat an die großen Fenster, zog die Gardinen auf und öffnete die gläsernen Türen weit. »Frau Halberstam hatte den Wunsch, daß die Vögel nach ihrem Ableben die Freiheit erhalten.« Es dauerte eine Weile, bis die Kakadus begriffen, daß ihr Vogelzimmer nun viel größer geworden war, und unsicher hinausflogen auf die Apfelbäume im Innenhof. »Jetzt sind alle Wünsche von Frau Halberstam erfüllt. Ich danke Ihnen allen«, sagte Dohrmann in offiziellem Ton.
    »Wie konnten Sie das zulassen?« Forster starrte ungläubig auf Annas Leiche.
    Dohrmann richtete sich auf. »Frau Halberstam hat sich das Morphium selbst gespritzt, wir haben nichts Ungesetzliches getan. Ich habe mich nur verpflichtet, das Testament zu vollstrecken, wenn sie von eigener Hand stirbt, und es zu vernichten, wenn sie auf andere Weise ums Leben käme. Im Testament wird von alldem nichts erwähnt. Es ist uneingeschränkt rechtsgültig«, erwiderte Dohrmann und breitete die Arme aus, ohne zu begreifen, daß er Forsters Frage überhaupt nicht beantwortet hatte.
    Forster konnte einfach nicht glauben, daß all das wirklichgeschehen war. Sabine würde gewinnen, wenn er nichts unternähme. Als die Physiotherapeutin den Krankenwagen bestellte und der Anwalt die Glastüren zum Innenhof schloß, erkannte er seine Chance. Der Leibwächter ging an ihm vorbei und blieb vor der Schiebetür stehen, in dem Moment griff Forster nach dem stinkenden Vogelschloß auf dem Beistelltisch, schmetterte dem Mann den schweren Tongegenstand auf den Kopf und stürzte zum Tisch.
    Der Leibwächter war zu Boden gegangen und versuchte fluchend sich wieder aufzurichten, als Forster mit dem Testament in der Hand an ihm vorbeiraste. Dohrmann brüllte die Physiotherapeutin an, die neben dem Telefon saß, sie solle die Polizei anrufen.
    Forster blieb in der Diele stehen. Was sollte er tun, zu Fuß käme er nicht weit. Die unsicheren Schritte, die aus der Richtung des

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