Finnisches Roulette
besten Kräften unterstützen werden.«
Oberst Agrons Selbstsicherheit füllte den Raum aus, und Ratamo überlegte, wie verrückt der Mann wohl sein mochte. Der Posten als Kommandeur einer Spezialeinheit der israelischen Armee, die blutigen Kommandounternehmen im Gebiet des Feindes und der Tod der Tochter bei einem Terroranschlag hätten bei jedem Menschen das psychische Gleichgewicht durcheinandergebracht. Ratamo klopfte auf das Mikrofon, das mit Klebeband auf seiner Brust befestigt war, er wollte sicherstellen, daß die deutschen Kollegen im Polizeipräsidium wach blieben.
Nachdem Oberst Agron einen Augenblick die erwartungsvollen Blicke seiner Gäste genossen hatte, kehrte er zum Thema zurück. »Ich schlage vor, daß wir formlosalle Dinge behandeln, die Aktienbesitzer vorbringen möchten. Ich beginne gleich selbst. Die Eigentumsverhältnisse bei H & S Pharma werden sich radikal verändern, weil Anna Halberstam ihr gesamtes Eigentum per Testament Sabine Halberstam vermacht hat. Die neuen Eigentumsverhältnisse werden auf einer offiziellen Hauptversammlung unverzüglich in Kraft gesetzt«, sagte der Oberst nachlässig, er klopfte der neben ihm sitzenden Schwiegertochter auf den Arm und blickte stolz zu seinem Sohn. Ehud, der ein orangefarbenes T-Shirt trug, wich dem Blick seines Vaters aus und wirkte angespannt.
Oberst Agron nahm an, daß niemand seinem Lagebericht etwas hinzufügen konnte. Sein Lächeln reichte bis zu den Ohren, denn es war ihm unmöglich, den Triumph über den Sieg an allen Fronten zu verheimlichen. Er schaute in die Überwachungskamera, als wollte er Goldstein grüßen.
Lauras Anwalt Julius Köninger meldete sich wie ein Schuljunge, und der Oberst gab ihm herablassend mit einer Handbewegung das Wort.
»Die Situation ist in erheblichem Maße anders, als Sie es sich vorstellen«, sagte Köninger in offiziellem Ton. »Das in Ihrem Besitz befindliche Testament ist eine Fälschung, die Konrad Forster gestern in meinem Büro angefertigt hat, natürlich haben wir den ganzen Vorgang gefilmt.«
Oberst Agrons Gesicht verfärbte sich rot, und seine Augen weiteten sich. »Was meinen Sie damit? Wieso Fälschung? Doktor Dohrmann hat doch die Echtheit des Testaments bestätigt. Oder?« Der Oberst schaute Anna Halberstams Anwalt an, sein Blick brannte wie Feuer.
Dohrmann strich sich betreten über das Kinn. »Ich habe das Testament, das sich im Besitz von Saul Agron befindet, mit äußerster Sorgfalt durchgelesen. Natürlich ist es echt. Um Himmels willen, ich habe es doch selbst ausgefertigt.«
Lauras Anwalt war sich seiner Sache jedoch sicher. »Wenn Sie es mit dem Wortlaut des Originaltestaments verglichen hätten, wäre Ihnen aufgefallen, daß sich in einigen Abschnitten die Silbentrennung unterscheidet. In jedem Falle sind die Unterschriften in dem Testament, das Oberst Agron erhalten hat, von Konrad Forster gefälscht worden«, entgegnete Köninger und fügte kurz und knapp hinzu: »Somit ist das Testament ohne jeden Zweifel ungültig.«
Es war kein Widerspruch mehr zu hören. Wenn Blicke töten könnten, dann hätte sich Oberst Agron des grausamen Mordes an Anwalt Dohrmann schuldig gemacht.
Köninger räusperte sich und fuhr fort: »Forster fertigte die Fälschung für den Fall an, daß man ihn finden und versuchen würde, ihm das echte Testament mit Gewalt abzunehmen. Und man hat ihn ja gefunden.« Köninger starrte Oberst Agron voller Verachtung an. »Das echte Testament hat Forster gestern meiner Mandantin Laura Rossi im Hotel ›Hessischer Hof‹ zukommen lassen.«
Ratamo glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Hatte Laura das echte Testament vernichtet? Dann würden Oberst Agron und Dan Goldstein ja doch nicht in den Besitz von H & S Pharma gelangen, und die Bedrohung wäre gestoppt. Laura hatte ihn wieder hinters Licht geführt, aber diesmal könnte sich herausstellen, daß es im Interesse aller lag.
Laura holte das Testament heraus und griff in ihre Hosentasche. Sie zündete ein Feuerzeug an, die Flamme, so groß wie ein Zeigefinger, tanzte vor aller Augen. »Wenn ich das Testament verbrenne, erbe ich Anna Halberstams Eigentum.«
Oberst Agron bedeckte sein Gesicht mit den Händen. Plötzlich stand alles auf dem Kopf, diese verrückte finnische Frau würde seinen ganzen Plan zunichte machen. Er hatte Goldstein zu früh nach Frankfurt gebeten und sich vor den Augen seines Sohnes zum Clown gemacht.
Der Oberst sprang auf und wollte losstürzen, um das Testament zu retten, da lachte Laura
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