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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Körper. Man könnte ihn auch für einunddreißighalten, dachte er stolz. Mit seinen einundfünfzig Jahren sah er immer noch prächtig aus und war in einer glänzenden Verfassung, allerdings nicht ganz in der Form wie 1973 auf dem Kriegszug in den Libanon unter der Führung von Saul Agron. Jetzt waren die Rollen anders verteilt, nun gab er Agron die Befehle. Goldstein holte aus dem eingebauten Kleiderschrank frische Sachen, in denen er so elegant wirkte wie immer, und kehrte ins Wohnzimmer zurück.
    Er setzte sich hin und wartete auf Shari. Seine Gedanken kreisten ständig um Genefab und den Plan, was auch zu erwarten war, denn man lebte wieder in der Zeit einer Krise, die Israels Existenz bedrohte.
    Goldstein wußte, daß Israel, das mit Krieg entstanden und größer geworden war, auch durch Krieg bestehenbleiben oder untergehen würde. Viele in Israel hatten genug davon, daß die israelischen Politiker angesichts des Terrors der Palästinenser und arabischer Organisationen mit Samthandschuhen vorgingen. Seit über fünfzig Jahren lebten die Israelis jeden einzelnen Tag in Angst. Tausende Menschen waren bei Bombenanschlägen, Terrorakten und in den Kriegen gestorben. Die Israelis erhielten Gasmasken und Impfungen gegen Nervengase und Biowaffen, während die Entscheidungsträger zur gleichen Zeit den Palästinensern noch mehr vom Gelobten Land überließen. Goldstein stand an der Spitze jener, die alles ändern wollten.
    Shari tauchte in ihrem dünnen Seidenbademantel so leise im Wohnzimmer auf, daß Goldstein zusammenfuhr, als sie plötzlich vor ihm stand. »Einen Drink?«
    »Wie immer«, antwortete Shari und setzte sich in einen schneeweißen Sessel, der als Barhocker diente. Goldstein ging in die Ecke des Wohnzimmers hinter einen flachen schwarzen Bartresen aus Marmor. Die Panoramafenster, die sich selbst reinigten, glänzten tadellos sauber und klar, unddie naturweiße Auslegware betonte das Licht, das durch die schleierartigen Gardinen gefiltert wurde.
    Goldstein reichte Shari einen Dubonnet mit Wasser. Er vermochte sich nicht zu entspannen, da ihm die Situation im Nahen Osten ständig durch den Kopf ging. »Warum zum Teufel glauben die Kriegsstrategen der alten Generation in Israel immer noch an die Abschreckung mit Kernwaffen?« fragte Goldstein, obgleich er wußte, was Shari darüber dachte.
    Das Thema brachte sie sofort auf die Palme. »Das ist lächerlich. Wird Israel dann auf eigenem Boden eine Kernwaffe zünden? Soll Israel etwa den Tempel und Jerusalem vernichten? Wohl kaum.«
    »Nur die Abschreckung mit Kernwaffen schützt Israel«, tönte Goldstein. »Und was geschieht, wenn der Iran in zwei, drei Jahren seine eigene Bombe fertig hat? Israels Abschreckung wird dann wertlos. Und Syrien entwickelt auch eine Kernwaffe. Nach den Demütigungen im Sechs-Tage-Krieg und im Jom-Kippur-Krieg ist das Land zu allem bereit. Syrien hat geschworen, die Juden im Nahen Osten zu vernichten.«
    Goldstein setzte sein Gedankenspiel fort: »Wenn der Iran und Syrien Kernwaffenstaaten werden, ist es für Israel zu spät, seine Strategie zu ändern. Und es ist nicht in der Lage, sich gegen das Raketenarsenal Syriens und einen massiven Bodenangriff der arabischen Länder zu verteidigen. Die Armeen der Nachbarstaaten Israels sind um ein Vielfaches größer. Der Weg nach Jerusalem wird für sie zu einem Spaziergang wie durch einen öffentlichen Park.«
    Shari nippte an ihrem Drink. »Das schlimmste ist, daß Präsident Bashar al-Assad vollständig am Gängelband seiner erfahrenen Generale liegt«, stellte sie fest. Ihr Bademantel hatte sich geöffnet, Shari bemerkte es am Blick ihres Geliebten.
    Goldstein antwortete nicht. Er kannte die Situation in Syrien nicht so genau, wie er es sich gewünscht hätte, denn die Aufklärungsberichte der höchsten Geheimhaltungsstufe bekam er vom Mossad nicht mehr. Allerdings wußte er, daß Syriens junger Präsident Israel als rassistische Gesellschaft charakterisiert hatte. Obwohl das syrische Volk hungerte, steckte Diktator Bashar al-Assad viel Geld in die Verteidigung, pro Jahr betrugen die Verteidigungsausgaben eine Milliarde Dollar. Goldstein wußte, warum. »Die Idealisten, die dem Frieden nachweinen, kapieren nicht, daß Israel nur überlebt, wenn es stärker ist als die arabischen Staaten zusammen«, verkündete er zum Schluß laut und entschlossen.
    Shari vertrat absolut die gleiche Meinung. Das durfte man auch erwarten, denn der lose Zusammenschluß von Dan Goldstein, Shari Jacobson

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