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Finns Welt - 01 - Finn released

Finns Welt - 01 - Finn released

Titel: Finns Welt - 01 - Finn released Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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ist sportlich und hat einen durchtrainierten Körper, ist aber nicht so hager wie Mädchen, die Marathon laufen oder Kalorien zählen. Ich beobachte ihre Lippen und den sanften, süßen Schwung ihrer Nase, als sie Lukas zujubelt. Als hätte ich eine Zeitlupe eingeschaltet. Ich glaube, ich sollte das lassen.
    »Warum lässt der Trainer Lukas wieder als Rechtsaußen und nicht zentral spielen?«, schimpft Lukas’ Vater hinter uns. Seine Frau klopft ihm auf die Schulter. »Reg dich nicht immer so auf, Stefan.«
    »Doch, ich rege mich auf!«, bellt Lukas’ Vater und zeigt mit der offenen Hand auf das Spielfeld: »Guck doch mal, Anja, wenn Mehmet auf rechts spielen würde und Lukas in der Mitte gestanden hätte, wäre das eben ein Tor gewesen. Lukas ist doch viel größer und ein besserer Kopfballer. Ich versteh das nicht.«
    »Vielleicht will der Trainer jeden Spieler mal auf jeder Position ausprobieren, Herr Lindner«, schaltet sich Flo ein. »Das ist bei Warcraft auch so, da merkt man erst durch Ausprobieren, dass ein Magier besser gepasst hätte als ein Krieger.«
    »Papperlapapp!«, sagt Lukas’ Vater. »Das ist doch keine Minikicker-Mannschaft mehr, wo man aus Gerechtigkeit jeden mal überall spielen lässt. Der Draxler in Schalke ist bloß ein paar Jahre älter und spielt schon Bundesliga. Man muss die Jungs jetzt da einsetzen, wo sie stark sind!«
    Lukas’ Vater ist sehr ehrgeizig. Wann immer er kann, geht er zu Lukas’ Trainingsstunden. Beim Sonntagsspiel fehlt er nie. Er hat früher selbst gespielt, bis rauf in die dritte Liga. Mit achtzehn durfte er ein Probetraining bei Borussia Mönchengladbach absolvieren, aber den Sprung zum Profi hat er nie geschafft. Sein Vater wollte damals, dass er seine Lehre fertig macht. Jetzt ist er Dachdecker und die Woche über meistens irgendwo auf einer Baustelle. Sein Dachdeckerteam treibt er an wie eine Fußballmannschaft. Einmal, hat er erzählt, haben sie ein Dach an einem Vormittag gedeckt.
    »Steh auf!«, brüllt er jetzt, da ein gegnerischer Spieler nach einem Rempler vor Lukas liegen bleibt und so tut, als wäre er schwer verletzt. »Da war gar nichts!«
    Der Schiedsrichter läuft herbei und schaut tadelnd zu ihm und zu dem Jungen, der auf dem Boden liegt und sich theatralisch windet.
    »Hey, du Salatmümmler«, ruft Lukas’ Vater, »spiel hier kein Theater!«
    »Mach doch den armen Jungen nicht so an«, sagt Anja. Sie ist nicht Lukas’ richtige Mutter. Die hat sich von seinem Vater scheiden lassen, als er acht war. Anja und sein Vater haben vor drei Jahren geheiratet. Alex und Venja sind Anjas Kinder, die gab’s als Geschwister quasi von selbst dazu wie Spielzeugfiguren beim Happy Meal.
    Die Mannschaft erobert wieder den Ball. Flo stemmt seinen kleinen Körper mit den Händen halb über die Bande und johlt: »Luuuuukaaaas Lindneeeeer, du bist der beste Mann!« Ich sehe, wie Lukas mitten im Zweikampf grinsen muss, weil er Flos Schlachtgesang hört.
    Lukas passt zu Mehmet und läuft dann weiter nach vorn in die Mitte. Der kleine Türke begreift, was Lukas vorhat, und hebt den Ball kunstvoll mit der Fußspitze nach oben. Lukas steigt hoch, überragt alle Abwehrspieler, die ihn verzweifelt aufhalten wollen, und macht das Ding rein.
    »Jaaaaa! Sag ich’s doch! Jaaaaa!«, brüllt sein Vater und rennt am Spielfeldrand hysterisch auf und ab wie Jürgen Klopp, wenn Dortmund gewinnt. Er macht die Faust, er tobt, seine Haare wirbeln wild in der Luft. Anja wird ein bisschen rot, klatscht aber ebenfalls und hält die Hände dabei über den Kopf. Lukas kommt herbeigelaufen, pflückt seine kleinen Geschwister hinter der Bande vom Boden, wirbelt sie kurz durch die Luft und klatscht uns ab. Er macht die Faust in Richtung seines Vaters. Dann gibt er Vivien über die Bande hinweg einen langen Kuss. Einen richtigen. Mit Zunge.
    Ich höre auf zu klatschen und knibble mir stattdessen mit der rechten Hand am linken kleinen Finger. Wieder Zeitlupe. Mein Herz pocht sehr laut. Lukas löst sich von Vivien und läuft aufs Feld zurück. Ich lasse meinen Finger los und brülle: »Lukas Lindner, hoi, hoi, hoi!« Flo schlägt dazu mit der flachen Hand rhythmisch auf das Blech der Bande. Und Lukas läuft zur Bestform auf.
     
    Lukas’ Team gewinnt die Partie 3:1. Nach dem Abpfiff steht er am Feldrand und sieht aus wie ein lebendes Spielplatzgerüst, denn Alex hängt ihm wie ein Koala am Hosenbund, sein Vater reißt seine Hand nach oben, Vivien saugt sich an seinem Mund fest und Venja schlägt

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