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Finns Welt - 01 - Finn released

Finns Welt - 01 - Finn released

Titel: Finns Welt - 01 - Finn released Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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»Hallo!« ins Haus, bekomme keine Antwort und gehe die Treppe hinab. Beim Runtergehen ziehe ich mein schweißnasses T-Shirt aus, öffne die Tür der Waschküche, werfe es dort auf den Boden und schließe sie wieder. Ich gehe weiter in die Druckerei. Vor drei Jahren hat mein Vater sie von einem Geschäft in der Stadt hier in unseren privaten Keller verlagert, um die Miete für den Laden zu sparen. »Wer was gedruckt haben will, bringt es auch ins Wohngebiet«, hat er gesagt. Das ging auch gut, zwei Jahre lang. Aber mittlerweile kommen nicht mehr viele Kunden. Die Leute bestellen sich ihre Flugblätter oder Broschüren jetzt im Internet.
    »Papa?«
    »Moment!«, antwortet er.
    Ich sehe, dass er Regale und Schubladen ausräumt. Es ist offensichtlich: Er sortiert Sachen aus, um sie zu verscherbeln.
    »Was ist los?«, fragt er. »Kenne ich ab heute Frau Merkel? Was für eine Geschichte hast du nun schon wieder in Umlauf gebracht?«
    »Was? Nein, nein.« Ich krame in meiner Hosentasche, denn ich habe nie ein Portemonnaie dabei. Ich hole den zerknitterten Zwanziger heraus und lege ihn auf den Tisch. Er starrt auf den Schein.
    »Da kommen noch 2,15 Euro dazu«, sage ich, »ich muss nur noch das Leergut eintauschen.«
    »Wo kommt das her?«, fragt er.
    »Ich hab heute jemandem ein paar Welpen verkauft und behauptet, sie seien von Franz Beckenbauers Hofhündin.«
    Vater lacht nicht.
    »Hab was vertickt. Jetzt nimm schon.« Die Stille ist mir unangenehm.
    »Nein.« Mein Vater schüttelt vehement den Kopf. »Da gönnst du dir was von, wenn du das Geld schon selbst verdient hast.«
    »Ich brauch nix«, entgegne ich.
    »Du bist viel zu genügsam für einen Teenager. Du willst kein Moped, du willst keinen teuren Computer, du …«
    »Weißt du, was ich will?«, frage ich.
    Er schüttelt den Kopf und kaut auf seiner Zunge herum.
    »Ich will, dass du die Maschinen anschmeißt und für 20 Euro Werbezettel druckst. Für unsere Druckerei. Oder du bezahlst einen, der rumgeht und fragt, wer bald fünfzig wird. Und dann rufst du da an und sagst, du machst die Karten. Zu einem unschlagbaren Preis.«
    »Aber …«
    »Das ist eine Quest!«, sage ich.
    »Bitte was?«
    »Ein Spiel. Rette die Druckerei. Und tu nicht so, als ginge es uns gut. Also spiel das Spiel, Papa! Wenn du es nicht spielst, kannst du es nur verlieren.«
    Oh.
    Jetzt bin ich tatsächlich laut geworden.
    Ich renne aus dem Keller. Kurz bevor ich aus der Tür hechte, drehe ich mich noch mal um und sehe, wie mein Vater die Hand hebt. Er wollte wohl noch was sagen, aber er atmet nur ein und klappt den Mund zu. Dann steckt er schnell verschämt den Schein in die Tasche.

DIE BEWEGUNGSSPIELE
    Es macht mir zwar Spaß, spontan Leute zu beeinflussen, die ich fünf Minuten vorher noch nicht kannte, aber ich mag es auch, wenn ich genau weiß, was an einem Tag passiert. So wie heute. Heute ist der Terrassentisch bis an den Rand gedeckt. Selbst wenn wir tatsächlich schon pleite wären, würden meine Eltern das große Sonntagsfrühstück beibehalten. Ich höre in meinem Bett, wie in der Küche die Pfanne zischt, weil meine Mutter Rührei mit Speck macht. Ich habe jetzt schon den Geschmack von Old Amsterdam auf der Zunge, diesem uralten, würzigen Käse, den es nur sonntags gibt, weil eine Scheibe dieser Sorte so viel kostet wie eine ganze Packung Gouda. Ein frisches, knackiges Brötchen, dick Butter drauf und eine Scheibe Old Amsterdam, dazu Rührei mit Speck und eiskalter, frisch gepresster Orangensaft: besser geht’s nicht. Und während man das morgens mampft, weiß man schon, dass es mittags zum Fußballplatz geht, um Lukas bei einem Ligaspiel anzufeuern. Alle sind dann da, der Platz hinter der Bande ist voller Eltern, Nachbarn und Freunde und man kann sich sicher sein, die nächsten neunzig Minuten in jedem Fall gut unterhalten zu werden. Schwungvoll springe ich aus dem Bett. Mein Magen knurrt.
     
    Meine Mutter schneidet ihr Brötchen auf und Krümel fliegen über den Holztisch auf die Terrasse. Die Vögel zwitschern. Die Sonne wärmt meinen Rücken. Sie gießt Kaffee in die Tasse meines Vaters, der noch im Haus ist und den Ahornsirup holt, den er gern isst. Meine Mutter lächelt, greift in ihre Hosentasche und sagt: »Eigentlich sollte ein Vater ja seinen Sohn motivieren und nicht umgekehrt, aber ich danke dir trotzdem.«
    Ich schaue sie an. Sie schiebt mir einen Zettel zu, gelbes Signalpapier im A5-Format. Darauf abgedruckt ist Werbung für unsere Druckerei.
    »Bis vor Kurzem hat

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