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Finns Welt - 02 - Finn reloaded

Finns Welt - 02 - Finn reloaded

Titel: Finns Welt - 02 - Finn reloaded Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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Zentimeter vor der Tapete klebt und versucht, eine Mikrofliege ins Glas zu kratzen. Die Tapete ist Raufaser und hat somit lauter Hubbel. Man muss sich das Ganze mal aus der Sicht der Mikrofliege vorstellen. Für das winzige Tier ist die Wand der Boden, also ganz gerade und unter ihr. Die Hubbel sind richtige Hügel, fast Berge, mindestens so hoch wie die, auf denen Kinder im Winter mit dem Schlitten runterrutschen. Und die Postkarte, die nun langsam hinter einem dieser Berge auftaucht, ist für die Fliege nicht so dünn wie Papier, sondern so massiv, als schöbe sich auf uns ein zwei Meter dicker Holzboden zu, groß wie ein ganzer Fußballplatz. Die Postkarte kann die Mikrofliege ganz leicht an einem der Hubbel zerdrücken. Dirk weiß das und hat sich daher aus Flos Zimmer ein ganz dünnes Skalpell geholt, das Flo mal von Wolfgang aus dem Krankenhaus mitgebracht bekam. Wolfgang war dort Lagerchef. Robin versucht, die scharfe, hauchdünne Spitze unter die Beinchen der Fliege zu kriegen, doch die hüpft so schnell hinter den nächsten Hügel, als könnte sie teleportieren. Das Skalpell köpft einen Hubbel. »Scheiße!«, ruft Robin, »ich habe ein Loch in die Tapete geschnitten!«
    Unglaublich, wie ungeschickt die sich anstellen. Da denkt man, solche Kerle können Boote für die Beringsee bauen und dann bluten sie den Teppich voll, schneiden Löcher in die Wand und reißen Weberknechten die Beine ab. Flo bekommt langsam Panik in den Augen. Die Typen sollten doch nicht das Haus zerstören.
    »Das ist aber auch ein Scheiß!«, schimpft Dirk, nimmt den Weberknecht einfach mit Daumen und Zeigefinger an einem Bein und wirft ihn nach draußen. »Ich klopp die Dinger zu Hause immer platt.«
    »Das sind keine Dinger«, sagt Flo.
    »Aber die winzigen hier«, sagt Robin und zeigt auf das Loch in der Tapete, neben dem irgendwo die Mikrofliege sitzen muss, »die sieht man ja kaum. Das kann mir doch keiner erzählen, dass man die lebendig aus dem Haus kriegen kann.«
    Lukas bringt Elvar ein Küchentuch, das er um seine blutende Hand legt.
    »Vielleicht gehen wir zu den Strahlern über«, schlage ich vor und zeige an die Decke. »Einer hier, einer in der Küche und einer im Flur. Einmal abmontieren und wieder dranschrauben. Das könnt ihr doch sicher, oder?« Ich breite auf dem Wohnzimmertisch die erlaubten Hilfsmittel aus. Drei Schlitzschraubenzieher mit Stromschutz und je eine Zange zum Abknipsen und Zuschneiden der Stromkabel, falls es nötig sein sollte.
    Die Männer sind froh, dass sie von den Insekten lassen dürfen und stürzen sich auf das Werkzeug.
    »Endlich mal was Leichtes!«, gibt Robin an. Elvar tropft auf den Tisch. Das Telefon klingelt, aber keiner geht hin, um den Anruf anzunehmen.
     
    Ein paar Minuten später haben die Schwimmer alle Deckenstrahler abmontiert, sodass nur noch die losen Kabel aus der Decke schauen. Ihr Punktestand ist jämmerlich. Ich frage mich langsam, ob dieser Wettkampf wirklich eine gute Idee war. Sie müssten die Lampen schon absolut perfekt wieder dranmontieren, um überhaupt noch eine Chance auf Sophia zu bekommen. Im Vergleich miteinander führt Elvar knapp vor Dirk, weil er das Bettzeug am Anfang auf links gedreht hat.
    Der Deckenstrahler besteht aus einer Grundfassung, die zuerst an die Decke geschraubt wird und durch die man die Kabel durchnestelt. Dann steckt man sie in das Unterteil, das aus der silbernen Abdeckung und dem Strahler besteht.
    »So«, sagt Robin, nimmt die Grundfassung, steigt wieder auf die Leiter im Flur und dreht die erste Schraube rein. »Jetzt mache ich die entscheidenden Punkte!«
    »Oh nein!«, sage ich.
    »Wie, oh nein? Glaubst du nicht?«, fragt er von oben, aber mein »Oh nein!« bezog sich auf das, was ich vor dem Fenster sehe. Sophia ist eher von ihrer Freundin zurückgekommen. Sie muss gesehen haben, dass irgendwas Seltsames in ihrem Haus vorgeht, denn soeben stapft sie draußen durch den Vorgarten, mit meinem Vater und Stefan Lindner im Schlepptau. Lukas’ Vater hält eine alte Latte vom Gartenzaun in der Hand und mein Vater ein siebzig Zentimeter langes Lineal aus Stahl. Bevor ich noch was sagen kann, schließt Sophia die Tür auf und unsere Väter stürmen hindurch wie zwei wilde Schäferhunde.
    »Diese Einbrecher schrauben sogar meine Deckenstrahler ab!«, schreit Sophia und – bamm! – haut Stefan Lindner dem armen Robin die alte Latte in die Kniekehlen. Robin flucht und krallt sich instinktiv an der Fassung fest, die mit einer Schraube in der Decke

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